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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

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wie in seinen jungen Tagen. Danach giengen die beiden zu dem jüngsten, verspotteten ihn, und sagten 'du hast das Wasser des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt, und wir den Lohn; du hättest die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen, wie du auf dem Meere eingeschlafen warst. Uebers Jahr da holt sich einer von uns die schöne Königstochter; aber hüte dich daß du nichts davon verräthst, der Vater glaubt dir doch nicht, und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt seyn.'

Der alte König aber war zornig über seinen jüngsten Sohn, und glaubte er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln, und das Urtheil über ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt, und nichts Böses vermuthete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm 'lieber Jäger, was fehlt dir?' Der Jäger sprach 'ich kanns nicht sagen, und soll es doch.' Da sprach der Prinz 'sage nur heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.' 'Ach,' sagte der Jäger, 'ich soll euch todtschießen, der König hat mirs befohlen.' Da erschrack der Prinz, und sprach 'lieber Jäger, laß mich leben, da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes.' Der Jäger sagte 'das will ich gerne thun, ich hätte doch nicht nach euch schießen können.' Da nahm der Jäger des

wie in seinen jungen Tagen. Danach giengen die beiden zu dem juͤngsten, verspotteten ihn, und sagten ‘du hast das Wasser des Lebens gefunden, aber du hast die Muͤhe gehabt, und wir den Lohn; du haͤttest die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen, wie du auf dem Meere eingeschlafen warst. Uebers Jahr da holt sich einer von uns die schoͤne Koͤnigstochter; aber huͤte dich daß du nichts davon verraͤthst, der Vater glaubt dir doch nicht, und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt seyn.’

Der alte Koͤnig aber war zornig uͤber seinen juͤngsten Sohn, und glaubte er haͤtte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln, und das Urtheil uͤber ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt, und nichts Boͤses vermuthete, mußte des Koͤnigs Jaͤger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jaͤger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm ‘lieber Jaͤger, was fehlt dir?’ Der Jaͤger sprach ‘ich kanns nicht sagen, und soll es doch.’ Da sprach der Prinz ‘sage nur heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.’ ‘Ach,’ sagte der Jaͤger, ‘ich soll euch todtschießen, der Koͤnig hat mirs befohlen.’ Da erschrack der Prinz, und sprach ‘lieber Jaͤger, laß mich leben, da geb ich dir mein koͤnigliches Kleid, gib mir dafuͤr dein schlechtes.’ Der Jaͤger sagte ‘das will ich gerne thun, ich haͤtte doch nicht nach euch schießen koͤnnen.’ Da nahm der Jaͤger des

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[78/0094] wie in seinen jungen Tagen. Danach giengen die beiden zu dem juͤngsten, verspotteten ihn, und sagten ‘du hast das Wasser des Lebens gefunden, aber du hast die Muͤhe gehabt, und wir den Lohn; du haͤttest die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen, wie du auf dem Meere eingeschlafen warst. Uebers Jahr da holt sich einer von uns die schoͤne Koͤnigstochter; aber huͤte dich daß du nichts davon verraͤthst, der Vater glaubt dir doch nicht, und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt seyn.’ Der alte Koͤnig aber war zornig uͤber seinen juͤngsten Sohn, und glaubte er haͤtte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln, und das Urtheil uͤber ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt, und nichts Boͤses vermuthete, mußte des Koͤnigs Jaͤger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jaͤger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm ‘lieber Jaͤger, was fehlt dir?’ Der Jaͤger sprach ‘ich kanns nicht sagen, und soll es doch.’ Da sprach der Prinz ‘sage nur heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.’ ‘Ach,’ sagte der Jaͤger, ‘ich soll euch todtschießen, der Koͤnig hat mirs befohlen.’ Da erschrack der Prinz, und sprach ‘lieber Jaͤger, laß mich leben, da geb ich dir mein koͤnigliches Kleid, gib mir dafuͤr dein schlechtes.’ Der Jaͤger sagte ‘das will ich gerne thun, ich haͤtte doch nicht nach euch schießen koͤnnen.’ Da nahm der Jaͤger des

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/94>, abgerufen am 17.05.2024.