Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840.Meinte er diesmal hätte er etwas, so schiens ihm hernach doch viel zu wenig und zu gering. Da kam ihm so in die Gedanken was es doch seine Frau jetzt gut habe, sie sitze daheim in einer kühlen Stube, und lasse sichs wohl schmecken. Das ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß ers wußte, sprach er so hin 'ich wollte die säße daheim auf dem Sattel, und könnte nicht herunter, statt daß ich ihn da mit mir auf dem Rücken schleppe.' Und wie das letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem Rücken verschwunden, und er merkte daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, und er fieng an zu laufen, und wollte sich daheim ganz einsam hinsetzen, und auf was Großes für den letzten Wunsch nachdenken. Wie er aber ankommt, und seine Stubenthür aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrein auf dem Sattel, und kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er 'gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen.' Sie antwortete aber 'was helfen mir alle Reichthümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.' Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom Sattel ledig wäre, und heruntersteigen könnte; und der Wunsch ward auch erfüllt. Also hatte er nichts davon als Aerger, Mühe und ein verlornes Pferd: die Armen aber lebten vergnügt still und fromm bis an ihr seliges Ende. Meinte er diesmal hätte er etwas, so schiens ihm hernach doch viel zu wenig und zu gering. Da kam ihm so in die Gedanken was es doch seine Frau jetzt gut habe, sie sitze daheim in einer kühlen Stube, und lasse sichs wohl schmecken. Das ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß ers wußte, sprach er so hin ‘ich wollte die säße daheim auf dem Sattel, und könnte nicht herunter, statt daß ich ihn da mit mir auf dem Rücken schleppe.’ Und wie das letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem Rücken verschwunden, und er merkte daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, und er fieng an zu laufen, und wollte sich daheim ganz einsam hinsetzen, und auf was Großes für den letzten Wunsch nachdenken. Wie er aber ankommt, und seine Stubenthür aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrein auf dem Sattel, und kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er ‘gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen.’ Sie antwortete aber ‘was helfen mir alle Reichthümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.’ Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom Sattel ledig wäre, und heruntersteigen könnte; und der Wunsch ward auch erfüllt. Also hatte er nichts davon als Aerger, Mühe und ein verlornes Pferd: die Armen aber lebten vergnügt still und fromm bis an ihr seliges Ende. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="6"/> Meinte er diesmal hätte er etwas, so schiens ihm hernach doch viel zu wenig und zu gering. Da kam ihm so in die Gedanken was es doch seine Frau jetzt gut habe, sie sitze daheim in einer kühlen Stube, und lasse sichs wohl schmecken. Das ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß ers wußte, sprach er so hin ‘ich wollte die säße daheim auf dem Sattel, und könnte nicht herunter, statt daß ich ihn da mit mir auf dem Rücken schleppe.’ Und wie das letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem Rücken verschwunden, und er merkte daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, und er fieng an zu laufen, und wollte sich daheim ganz einsam hinsetzen, und auf was Großes für den letzten Wunsch nachdenken. Wie er aber ankommt, und seine Stubenthür aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrein auf dem Sattel, und kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er ‘gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen.’ Sie antwortete aber ‘was helfen mir alle Reichthümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.’ Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom Sattel ledig wäre, und heruntersteigen könnte; und der Wunsch ward auch erfüllt. Also hatte er nichts davon als Aerger, Mühe und ein verlornes Pferd: die Armen aber lebten vergnügt still und fromm bis an ihr seliges Ende.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [6/0027]
Meinte er diesmal hätte er etwas, so schiens ihm hernach doch viel zu wenig und zu gering. Da kam ihm so in die Gedanken was es doch seine Frau jetzt gut habe, sie sitze daheim in einer kühlen Stube, und lasse sichs wohl schmecken. Das ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß ers wußte, sprach er so hin ‘ich wollte die säße daheim auf dem Sattel, und könnte nicht herunter, statt daß ich ihn da mit mir auf dem Rücken schleppe.’ Und wie das letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem Rücken verschwunden, und er merkte daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, und er fieng an zu laufen, und wollte sich daheim ganz einsam hinsetzen, und auf was Großes für den letzten Wunsch nachdenken. Wie er aber ankommt, und seine Stubenthür aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrein auf dem Sattel, und kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er ‘gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichthümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen.’ Sie antwortete aber ‘was helfen mir alle Reichthümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.’ Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom Sattel ledig wäre, und heruntersteigen könnte; und der Wunsch ward auch erfüllt. Also hatte er nichts davon als Aerger, Mühe und ein verlornes Pferd: die Armen aber lebten vergnügt still und fromm bis an ihr seliges Ende.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-27T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |