Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1840.Braut ab zu holen. Wie Reginer mit der Botschaft an kam, freute sich seine Schwester, allein die Schwarze war eifersüchtig über das Glück ihrer Schwester, ärgerte sich über alle Maßen, und sprach zu ihrer Mutter 'was helfen nun all eure Künste, da ihr mir kein solches Glück verschaffen könnt.' Da sagte die Alte 'sei still, ich will dirs schon zuwenden;' und durch ihre Hexenkünste trübte sie dem Kutscher die Augen, daß er halb blind war, und der Weißen verstopfte sie die Ohren, daß sie halb taub war. Darauf stiegen sie in den Wagen, erst die Braut in den herrlichen königlichen Kleidern, dann die Stiefmutter mit ihrer Tochter, und Reginer saß auf dem Bock, um zu fahren. Wie sie eine Weile gereist waren, unterwegs, rief der Kutscher 'deck dich zu, mein Schwesterlein, daß Regen dich nicht näßt, daß Wind dich nicht bestäubt, daß du fein schön zum König kommst.' Die Braut fragte 'was sagt mein lieber Bruder?' 'Ach,' sprach die Alte, 'er hat gesagt du solltest dein gülden Kleid aus ziehen, und es deiner Schwester geben.' Da zog sies aus, und thats der Schwarzen an, die gab ihr dafür einen schlechten grauen Kittel. So fuhren sie weiter; über ein Weilchen rief der Bruder abermals 'deck dich zu, mein Schwesterlein, daß Regen dich nicht näßt, daß Wind dich nicht bestäubt, und du fein schön zum König kommst.' Die Braut fragte 'was sagt mein lieber Bruder?' 'Ach,' sprach die Braut ab zu holen. Wie Reginer mit der Botschaft an kam, freute sich seine Schwester, allein die Schwarze war eifersüchtig über das Glück ihrer Schwester, ärgerte sich über alle Maßen, und sprach zu ihrer Mutter ‘was helfen nun all eure Künste, da ihr mir kein solches Glück verschaffen könnt.’ Da sagte die Alte ‘sei still, ich will dirs schon zuwenden;’ und durch ihre Hexenkünste trübte sie dem Kutscher die Augen, daß er halb blind war, und der Weißen verstopfte sie die Ohren, daß sie halb taub war. Darauf stiegen sie in den Wagen, erst die Braut in den herrlichen königlichen Kleidern, dann die Stiefmutter mit ihrer Tochter, und Reginer saß auf dem Bock, um zu fahren. Wie sie eine Weile gereist waren, unterwegs, rief der Kutscher ‘deck dich zu, mein Schwesterlein, daß Regen dich nicht näßt, daß Wind dich nicht bestäubt, daß du fein schön zum König kommst.’ Die Braut fragte ‘was sagt mein lieber Bruder?’ ‘Ach,’ sprach die Alte, ‘er hat gesagt du solltest dein gülden Kleid aus ziehen, und es deiner Schwester geben.’ Da zog sies aus, und thats der Schwarzen an, die gab ihr dafür einen schlechten grauen Kittel. So fuhren sie weiter; über ein Weilchen rief der Bruder abermals ‘deck dich zu, mein Schwesterlein, daß Regen dich nicht näßt, daß Wind dich nicht bestäubt, und du fein schön zum König kommst.’ Die Braut fragte ‘was sagt mein lieber Bruder?’ ‘Ach,’ sprach die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0287" n="266"/> Braut ab zu holen. Wie Reginer mit der Botschaft an kam, freute sich seine Schwester, allein die Schwarze war eifersüchtig über das Glück ihrer Schwester, ärgerte sich über alle Maßen, und sprach zu ihrer Mutter ‘was helfen nun all eure Künste, da ihr mir kein solches Glück verschaffen könnt.’ Da sagte die Alte ‘sei still, ich will dirs schon zuwenden;’ und durch ihre Hexenkünste trübte sie dem Kutscher die Augen, daß er halb blind war, und der Weißen verstopfte sie die Ohren, daß sie halb taub war. Darauf stiegen sie in den Wagen, erst die Braut in den herrlichen königlichen Kleidern, dann die Stiefmutter mit ihrer Tochter, und Reginer saß auf dem Bock, um zu fahren. Wie sie eine Weile gereist waren, unterwegs, rief der Kutscher</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘deck dich zu, mein Schwesterlein,</l><lb/> <l>daß Regen dich nicht näßt,</l><lb/> <l>daß Wind dich nicht bestäubt,</l><lb/> <l>daß du fein schön zum König kommst.’</l><lb/> </lg> <p>Die Braut fragte ‘was sagt mein lieber Bruder?’ ‘Ach,’ sprach die Alte, ‘er hat gesagt du solltest dein gülden Kleid aus ziehen, und es deiner Schwester geben.’ Da zog sies aus, und thats der Schwarzen an, die gab ihr dafür einen schlechten grauen Kittel. So fuhren sie weiter; über ein Weilchen rief der Bruder abermals</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘deck dich zu, mein Schwesterlein,</l><lb/> <l>daß Regen dich nicht näßt,</l><lb/> <l>daß Wind dich nicht bestäubt,</l><lb/> <l>und du fein schön zum König kommst.’</l><lb/> </lg> <p>Die Braut fragte ‘was sagt mein lieber Bruder?’ ‘Ach,’ sprach die </p> </div> </body> </text> </TEI> [266/0287]
Braut ab zu holen. Wie Reginer mit der Botschaft an kam, freute sich seine Schwester, allein die Schwarze war eifersüchtig über das Glück ihrer Schwester, ärgerte sich über alle Maßen, und sprach zu ihrer Mutter ‘was helfen nun all eure Künste, da ihr mir kein solches Glück verschaffen könnt.’ Da sagte die Alte ‘sei still, ich will dirs schon zuwenden;’ und durch ihre Hexenkünste trübte sie dem Kutscher die Augen, daß er halb blind war, und der Weißen verstopfte sie die Ohren, daß sie halb taub war. Darauf stiegen sie in den Wagen, erst die Braut in den herrlichen königlichen Kleidern, dann die Stiefmutter mit ihrer Tochter, und Reginer saß auf dem Bock, um zu fahren. Wie sie eine Weile gereist waren, unterwegs, rief der Kutscher
‘deck dich zu, mein Schwesterlein,
daß Regen dich nicht näßt,
daß Wind dich nicht bestäubt,
daß du fein schön zum König kommst.’
Die Braut fragte ‘was sagt mein lieber Bruder?’ ‘Ach,’ sprach die Alte, ‘er hat gesagt du solltest dein gülden Kleid aus ziehen, und es deiner Schwester geben.’ Da zog sies aus, und thats der Schwarzen an, die gab ihr dafür einen schlechten grauen Kittel. So fuhren sie weiter; über ein Weilchen rief der Bruder abermals
‘deck dich zu, mein Schwesterlein,
daß Regen dich nicht näßt,
daß Wind dich nicht bestäubt,
und du fein schön zum König kommst.’
Die Braut fragte ‘was sagt mein lieber Bruder?’ ‘Ach,’ sprach die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-27T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |