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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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doch gehts jeden Tag besser.' Endlich bestellte ihn der König zu seinem Hofschneider.

Aber wies in der Welt geht. An demselben Tag war sein ehemaliger Camerad, der Schuster, auch Hofschuster geworden. Als dieser den Schneider erblickte, und sah daß er wieder zwei gesunde Augen hatte, so peinigte ihn das Gewissen. 'Ehe er Rache an mir nimmt,' dachte er bei sich selbst, 'muß ich ihm eine Grube graben.' Wer aber andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Abends, als er Feierabend gemacht hatte, und es dämmerig geworden war, schlich er sich zu dem König, und sagte 'Herr König, der Schneider ist ein übermüthiger Mensch, und hat sich vermessen er wollte die goldene Krone wieder herbei schaffen, die vor alten Zeiten ist verloren gegangen.' 'Das sollte mir lieb sein' sprach der König, ließ den Schneider am andern Morgen vor sich fordern, und befahl ihm die Krone wieder herbeizuschaffen, oder für immer die Stadt zu verlassen. 'Oho,' dachte der Schneider, 'ein Schelm giebt mehr als er hat. Wenn der murrköpfige König von mir verlangt was kein Mensch leisten kann, so will ich nicht warten bis morgen, sondern gleich heute wieder zur Stadt hinaus wandern.' Er schnürte also sein Bündel, als er aber aus dem Thor heraus war, so that es ihm doch leid daß er sein Glück aufgeben und die Stadt, in der es ihm so wohl gegangen war, mit dem Rücken ansehen sollte. Er kam zu dem Teich, wo er mit den Enten Bekanntschaft gemacht hatte, da saß gerade die Alte, der er ihre Jungen gelassen hatte, am Ufer, und putzte sich mit dem Schnabel. Sie erkannte ihn gleich, und fragte warum er den Kopf so hängen lasse? 'Du

doch gehts jeden Tag besser.’ Endlich bestellte ihn der König zu seinem Hofschneider.

Aber wies in der Welt geht. An demselben Tag war sein ehemaliger Camerad, der Schuster, auch Hofschuster geworden. Als dieser den Schneider erblickte, und sah daß er wieder zwei gesunde Augen hatte, so peinigte ihn das Gewissen. ‘Ehe er Rache an mir nimmt,’ dachte er bei sich selbst, ‘muß ich ihm eine Grube graben.’ Wer aber andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Abends, als er Feierabend gemacht hatte, und es dämmerig geworden war, schlich er sich zu dem König, und sagte ‘Herr König, der Schneider ist ein übermüthiger Mensch, und hat sich vermessen er wollte die goldene Krone wieder herbei schaffen, die vor alten Zeiten ist verloren gegangen.’ ‘Das sollte mir lieb sein’ sprach der König, ließ den Schneider am andern Morgen vor sich fordern, und befahl ihm die Krone wieder herbeizuschaffen, oder für immer die Stadt zu verlassen. ‘Oho,’ dachte der Schneider, ‘ein Schelm giebt mehr als er hat. Wenn der murrköpfige König von mir verlangt was kein Mensch leisten kann, so will ich nicht warten bis morgen, sondern gleich heute wieder zur Stadt hinaus wandern.’ Er schnürte also sein Bündel, als er aber aus dem Thor heraus war, so that es ihm doch leid daß er sein Glück aufgeben und die Stadt, in der es ihm so wohl gegangen war, mit dem Rücken ansehen sollte. Er kam zu dem Teich, wo er mit den Enten Bekanntschaft gemacht hatte, da saß gerade die Alte, der er ihre Jungen gelassen hatte, am Ufer, und putzte sich mit dem Schnabel. Sie erkannte ihn gleich, und fragte warum er den Kopf so hängen lasse? ‘Du

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[126/0136] doch gehts jeden Tag besser.’ Endlich bestellte ihn der König zu seinem Hofschneider. Aber wies in der Welt geht. An demselben Tag war sein ehemaliger Camerad, der Schuster, auch Hofschuster geworden. Als dieser den Schneider erblickte, und sah daß er wieder zwei gesunde Augen hatte, so peinigte ihn das Gewissen. ‘Ehe er Rache an mir nimmt,’ dachte er bei sich selbst, ‘muß ich ihm eine Grube graben.’ Wer aber andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Abends, als er Feierabend gemacht hatte, und es dämmerig geworden war, schlich er sich zu dem König, und sagte ‘Herr König, der Schneider ist ein übermüthiger Mensch, und hat sich vermessen er wollte die goldene Krone wieder herbei schaffen, die vor alten Zeiten ist verloren gegangen.’ ‘Das sollte mir lieb sein’ sprach der König, ließ den Schneider am andern Morgen vor sich fordern, und befahl ihm die Krone wieder herbeizuschaffen, oder für immer die Stadt zu verlassen. ‘Oho,’ dachte der Schneider, ‘ein Schelm giebt mehr als er hat. Wenn der murrköpfige König von mir verlangt was kein Mensch leisten kann, so will ich nicht warten bis morgen, sondern gleich heute wieder zur Stadt hinaus wandern.’ Er schnürte also sein Bündel, als er aber aus dem Thor heraus war, so that es ihm doch leid daß er sein Glück aufgeben und die Stadt, in der es ihm so wohl gegangen war, mit dem Rücken ansehen sollte. Er kam zu dem Teich, wo er mit den Enten Bekanntschaft gemacht hatte, da saß gerade die Alte, der er ihre Jungen gelassen hatte, am Ufer, und putzte sich mit dem Schnabel. Sie erkannte ihn gleich, und fragte warum er den Kopf so hängen lasse? ‘Du

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/136>, abgerufen am 22.12.2024.