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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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Da stand mitten inne der Baum des Lebens, und die rothen Äpfel leuchteten an den Ästen. Er kletterte an dem Stamm in die Höhe, und wie er nach einem Apfel reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er konnte ohne Mühe seine Hand durchstecken, und den Apfel brechen. Der Ring aber blieb an seinem Arme fest hängen, und der Königssohn fühlte auf einmal eine solche Kraft in seinen Gliedern, daß er merkte er würde jetzt alles bändigen können. Als er von dem Baum herabgestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern er faßte das große Thor, schüttelte einmal daran, und es sprang mit Krachen vor ihm auf. Da gieng er hinaus, und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden, und sprang ihm nach, aber nicht in Wuth und Wildheit, sondern er folgte ihm demüthig als seinem Herrn, gehorchte ihm, und wollte seine Spur nicht wieder verlassen.

Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel. 'Siehst du,' sprach er, 'ich habe ihn ohne Mühe geholt.' Der Riese war froh daß sein Wunsch so bald erfüllt war, eilte zu seiner Braut, und gab ihr den Apfel den sie verlangt hatte. Es war eine schöne und kluge Jungfrau, und da sie den Ring nicht an seinem Arm sah, sprach sie 'ich glaube nicht eher daß du den Apfel geholt hast, als bis ich den Ring an deinem Arm erblicke.' 'O,' sagte der Riese, 'ich will heim gehen, und ihn holen,' und meinte es wäre ein leichtes dem schwachen Menschen ihn abzunehmen, wenn er ihn nicht gutwillig geben wollte. Da gieng er zurück, und forderte den Ring von dem Königssohn; der aber wollte ihn nicht geben. 'Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,' sprach der

Da stand mitten inne der Baum des Lebens, und die rothen Äpfel leuchteten an den Ästen. Er kletterte an dem Stamm in die Höhe, und wie er nach einem Apfel reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er konnte ohne Mühe seine Hand durchstecken, und den Apfel brechen. Der Ring aber blieb an seinem Arme fest hängen, und der Königssohn fühlte auf einmal eine solche Kraft in seinen Gliedern, daß er merkte er würde jetzt alles bändigen können. Als er von dem Baum herabgestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern er faßte das große Thor, schüttelte einmal daran, und es sprang mit Krachen vor ihm auf. Da gieng er hinaus, und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden, und sprang ihm nach, aber nicht in Wuth und Wildheit, sondern er folgte ihm demüthig als seinem Herrn, gehorchte ihm, und wollte seine Spur nicht wieder verlassen.

Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel. ‘Siehst du,’ sprach er, ‘ich habe ihn ohne Mühe geholt.’ Der Riese war froh daß sein Wunsch so bald erfüllt war, eilte zu seiner Braut, und gab ihr den Apfel den sie verlangt hatte. Es war eine schöne und kluge Jungfrau, und da sie den Ring nicht an seinem Arm sah, sprach sie ‘ich glaube nicht eher daß du den Apfel geholt hast, als bis ich den Ring an deinem Arm erblicke.’ ‘O,’ sagte der Riese, ‘ich will heim gehen, und ihn holen,’ und meinte es wäre ein leichtes dem schwachen Menschen ihn abzunehmen, wenn er ihn nicht gutwillig geben wollte. Da gieng er zurück, und forderte den Ring von dem Königssohn; der aber wollte ihn nicht geben. ‘Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,’ sprach der

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[195/0205] Da stand mitten inne der Baum des Lebens, und die rothen Äpfel leuchteten an den Ästen. Er kletterte an dem Stamm in die Höhe, und wie er nach einem Apfel reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er konnte ohne Mühe seine Hand durchstecken, und den Apfel brechen. Der Ring aber blieb an seinem Arme fest hängen, und der Königssohn fühlte auf einmal eine solche Kraft in seinen Gliedern, daß er merkte er würde jetzt alles bändigen können. Als er von dem Baum herabgestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern er faßte das große Thor, schüttelte einmal daran, und es sprang mit Krachen vor ihm auf. Da gieng er hinaus, und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden, und sprang ihm nach, aber nicht in Wuth und Wildheit, sondern er folgte ihm demüthig als seinem Herrn, gehorchte ihm, und wollte seine Spur nicht wieder verlassen. Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel. ‘Siehst du,’ sprach er, ‘ich habe ihn ohne Mühe geholt.’ Der Riese war froh daß sein Wunsch so bald erfüllt war, eilte zu seiner Braut, und gab ihr den Apfel den sie verlangt hatte. Es war eine schöne und kluge Jungfrau, und da sie den Ring nicht an seinem Arm sah, sprach sie ‘ich glaube nicht eher daß du den Apfel geholt hast, als bis ich den Ring an deinem Arm erblicke.’ ‘O,’ sagte der Riese, ‘ich will heim gehen, und ihn holen,’ und meinte es wäre ein leichtes dem schwachen Menschen ihn abzunehmen, wenn er ihn nicht gutwillig geben wollte. Da gieng er zurück, und forderte den Ring von dem Königssohn; der aber wollte ihn nicht geben. ‘Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,’ sprach der

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/205>, abgerufen am 22.12.2024.