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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

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reichen. Sprach es 'nun, mein Liebster, trink mir zu.' Da nahm er den Becher, und wie er den Trank geschluckt hatte, brach er das Herz des Vogels aus dem Leibe. Das Mädchen mußte es heimlich fortschaffen, und dann selbst verschlucken, denn die Alte wollte es haben. Von nun an fand er kein Gold mehr unter seinem Kopfkissen, sondern es lag unter dem Kissen des Mädchens, wo es die Alte jeden Morgen holte; aber er war so verliebt und vernarrt, daß er an nichts anders dachte, als sich mit dem Mädchen die Zeit zu vertreiben.

Da sprach die alte Hexe 'das Vogelherz haben wir, aber den Wunschmantel müssen wir ihm auch abnehmen.' Antwortete das Mädchen 'den wollen wir ihm lassen, er hat ja doch seinen Reichthum verloren.' Da ward die Alte bös, und sprach 'so ein Mantel ist ein wunderbares Ding, das selten auf der Welt gefunden wird, den soll und muß ich haben.' Und gab dem Mädchen Anschläge, und sagte wenn es ihr nicht gehorchte, sollte es ihm schlimm ergehen. Da that es nach dem Geheiß der Alten, und stellte sich einmal ans Fenster, und schaute in die weite Gegend, als wär es ganz traurig. Fragte der Jäger 'was stehst du so traurig da?' 'Ach, mein Schatz,' gab es zur Antwort, 'da gegenüber liegt der Granatenberg, wo die köstlichen Edelsteine wachsen. Danach trag ich so groß Verlangen, daß wenn ich daran denke, ich ganz traurig bin; aber wer kann sie holen! nur die Vögel, die fliegen können, kommen hin, ein Mensch nimmermehr.' 'Hast du weiter nichts zu klagen,' sagte der Jäger, 'den Kummer will ich dir bald vom Herzen nehmen.' Damit faßte er sie unter seinen Mantel, und wünschte sich hinüber auf den Granatenberg,

reichen. Sprach es ‘nun, mein Liebster, trink mir zu.’ Da nahm er den Becher, und wie er den Trank geschluckt hatte, brach er das Herz des Vogels aus dem Leibe. Das Mädchen mußte es heimlich fortschaffen, und dann selbst verschlucken, denn die Alte wollte es haben. Von nun an fand er kein Gold mehr unter seinem Kopfkissen, sondern es lag unter dem Kissen des Mädchens, wo es die Alte jeden Morgen holte; aber er war so verliebt und vernarrt, daß er an nichts anders dachte, als sich mit dem Mädchen die Zeit zu vertreiben.

Da sprach die alte Hexe ‘das Vogelherz haben wir, aber den Wunschmantel müssen wir ihm auch abnehmen.’ Antwortete das Mädchen ‘den wollen wir ihm lassen, er hat ja doch seinen Reichthum verloren.’ Da ward die Alte bös, und sprach ‘so ein Mantel ist ein wunderbares Ding, das selten auf der Welt gefunden wird, den soll und muß ich haben.’ Und gab dem Mädchen Anschläge, und sagte wenn es ihr nicht gehorchte, sollte es ihm schlimm ergehen. Da that es nach dem Geheiß der Alten, und stellte sich einmal ans Fenster, und schaute in die weite Gegend, als wär es ganz traurig. Fragte der Jäger ‘was stehst du so traurig da?’ ‘Ach, mein Schatz,’ gab es zur Antwort, ‘da gegenüber liegt der Granatenberg, wo die köstlichen Edelsteine wachsen. Danach trag ich so groß Verlangen, daß wenn ich daran denke, ich ganz traurig bin; aber wer kann sie holen! nur die Vögel, die fliegen können, kommen hin, ein Mensch nimmermehr.’ ‘Hast du weiter nichts zu klagen,’ sagte der Jäger, ‘den Kummer will ich dir bald vom Herzen nehmen.’ Damit faßte er sie unter seinen Mantel, und wünschte sich hinüber auf den Granatenberg,

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[204/0214] reichen. Sprach es ‘nun, mein Liebster, trink mir zu.’ Da nahm er den Becher, und wie er den Trank geschluckt hatte, brach er das Herz des Vogels aus dem Leibe. Das Mädchen mußte es heimlich fortschaffen, und dann selbst verschlucken, denn die Alte wollte es haben. Von nun an fand er kein Gold mehr unter seinem Kopfkissen, sondern es lag unter dem Kissen des Mädchens, wo es die Alte jeden Morgen holte; aber er war so verliebt und vernarrt, daß er an nichts anders dachte, als sich mit dem Mädchen die Zeit zu vertreiben. Da sprach die alte Hexe ‘das Vogelherz haben wir, aber den Wunschmantel müssen wir ihm auch abnehmen.’ Antwortete das Mädchen ‘den wollen wir ihm lassen, er hat ja doch seinen Reichthum verloren.’ Da ward die Alte bös, und sprach ‘so ein Mantel ist ein wunderbares Ding, das selten auf der Welt gefunden wird, den soll und muß ich haben.’ Und gab dem Mädchen Anschläge, und sagte wenn es ihr nicht gehorchte, sollte es ihm schlimm ergehen. Da that es nach dem Geheiß der Alten, und stellte sich einmal ans Fenster, und schaute in die weite Gegend, als wär es ganz traurig. Fragte der Jäger ‘was stehst du so traurig da?’ ‘Ach, mein Schatz,’ gab es zur Antwort, ‘da gegenüber liegt der Granatenberg, wo die köstlichen Edelsteine wachsen. Danach trag ich so groß Verlangen, daß wenn ich daran denke, ich ganz traurig bin; aber wer kann sie holen! nur die Vögel, die fliegen können, kommen hin, ein Mensch nimmermehr.’ ‘Hast du weiter nichts zu klagen,’ sagte der Jäger, ‘den Kummer will ich dir bald vom Herzen nehmen.’ Damit faßte er sie unter seinen Mantel, und wünschte sich hinüber auf den Granatenberg,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/214>, abgerufen am 22.12.2024.