Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.Es trug sich zu, als er über eine Heide zu reiten kam, daß er von weitem auf der Erde etwas liegen sah wie einen großen Heuhaufen, und wie er sich näherte, konnte er unterscheiden daß es der Bauch eines Menschen war, der sich dahingestreckt hatte; der Bauch aber sah aus wie ein kleiner Berg. Der Dicke, wie er den Reisenden erblickte, richtete sich in die Höhe und sprach 'wenn ihr jemand braucht, so nehmt mich in eure Dienste.' Der Königssohn antwortete 'was soll ich mit einem so ungefügen Mann anfangen?' 'O,' sprach der Dicke, 'das will nichts sagen, wenn ich mich recht aus einander thue, bin ich noch dreitausendmal so dick.' 'Wenn das ist,' sagte der Königssohn, 'so kann ich dich brauchen, komm mit mir.' Da gieng der Dicke hinter dem Königssohn her, und über eine Weile fanden sie einen andern, der lag da auf der Erde und hatte das Ohr auf den Rasen gelegt. Fragte der Königssohn 'was machst du da?' 'Jch horche,' antwortete der Mann. 'Wonach horchst du so aufmerksam?' 'Jch horche nach dem was eben in der Welt sich zuträgt, denn meinen Ohren entgeht nichts, das Gras sogar hör ich wachsen.' Fragte der Königssohn 'sage mir, was hörst du am Hofe der alten Königin, welche die schöne Tochter hat?' Da antwortete er 'ich höre das Schwert sausen, das einem Freier den Kopf abschlägt.' Der Königssohn sprach 'ich kann dich brauchen, komm mit mir.' Da zogen sie weiter und sahen einmal ein paar Füße da liegen und auch etwas von den Beinen, aber das Ende konnten sie nicht sehen. Als sie eine gute Strecke fortgegangen waren, kamen sie zu dem Leib und endlich auch zu dem Kopf. 'Ei,' sprach der Königssohn, 'was bist du für ein langer Es trug sich zu, als er über eine Heide zu reiten kam, daß er von weitem auf der Erde etwas liegen sah wie einen großen Heuhaufen, und wie er sich näherte, konnte er unterscheiden daß es der Bauch eines Menschen war, der sich dahingestreckt hatte; der Bauch aber sah aus wie ein kleiner Berg. Der Dicke, wie er den Reisenden erblickte, richtete sich in die Höhe und sprach ‘wenn ihr jemand braucht, so nehmt mich in eure Dienste.’ Der Königssohn antwortete ‘was soll ich mit einem so ungefügen Mann anfangen?’ ‘O,’ sprach der Dicke, ‘das will nichts sagen, wenn ich mich recht aus einander thue, bin ich noch dreitausendmal so dick.’ ‘Wenn das ist,’ sagte der Königssohn, ‘so kann ich dich brauchen, komm mit mir.’ Da gieng der Dicke hinter dem Königssohn her, und über eine Weile fanden sie einen andern, der lag da auf der Erde und hatte das Ohr auf den Rasen gelegt. Fragte der Königssohn ‘was machst du da?’ ‘Jch horche,’ antwortete der Mann. ‘Wonach horchst du so aufmerksam?’ ‘Jch horche nach dem was eben in der Welt sich zuträgt, denn meinen Ohren entgeht nichts, das Gras sogar hör ich wachsen.’ Fragte der Königssohn ‘sage mir, was hörst du am Hofe der alten Königin, welche die schöne Tochter hat?’ Da antwortete er ‘ich höre das Schwert sausen, das einem Freier den Kopf abschlägt.’ Der Königssohn sprach ‘ich kann dich brauchen, komm mit mir.’ Da zogen sie weiter und sahen einmal ein paar Füße da liegen und auch etwas von den Beinen, aber das Ende konnten sie nicht sehen. Als sie eine gute Strecke fortgegangen waren, kamen sie zu dem Leib und endlich auch zu dem Kopf. ‘Ei,’ sprach der Königssohn, ‘was bist du für ein langer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0279" n="267"/> <p> Es trug sich zu, als er über eine Heide zu reiten kam, daß er von weitem auf der Erde etwas liegen sah wie einen großen Heuhaufen, und wie er sich näherte, konnte er unterscheiden daß es der Bauch eines Menschen war, der sich dahingestreckt hatte; der Bauch aber sah aus wie ein kleiner Berg. Der Dicke, wie er den Reisenden erblickte, richtete sich in die Höhe und sprach ‘wenn ihr jemand braucht, so nehmt mich in eure Dienste.’ Der Königssohn antwortete ‘was soll ich mit einem so ungefügen Mann anfangen?’ ‘O,’ sprach der Dicke, ‘das will nichts sagen, wenn ich mich recht aus einander thue, bin ich noch dreitausendmal so dick.’ ‘Wenn das ist,’ sagte der Königssohn, ‘so kann ich dich brauchen, komm mit mir.’ Da gieng der Dicke hinter dem Königssohn her, und über eine Weile fanden sie einen andern, der lag da auf der Erde und hatte das Ohr auf den Rasen gelegt. Fragte der Königssohn ‘was machst du da?’ ‘Jch horche,’ antwortete der Mann. ‘Wonach horchst du so aufmerksam?’ ‘Jch horche nach dem was eben in der Welt sich zuträgt, denn meinen Ohren entgeht nichts, das Gras sogar hör ich wachsen.’ Fragte der Königssohn ‘sage mir, was hörst du am Hofe der alten Königin, welche die schöne Tochter hat?’ Da antwortete er ‘ich höre das Schwert sausen, das einem Freier den Kopf abschlägt.’ Der Königssohn sprach ‘ich kann dich brauchen, komm mit mir.’ Da zogen sie weiter und sahen einmal ein paar Füße da liegen und auch etwas von den Beinen, aber das Ende konnten sie nicht sehen. Als sie eine gute Strecke fortgegangen waren, kamen sie zu dem Leib und endlich auch zu dem Kopf. ‘Ei,’ sprach der Königssohn, ‘was bist du für ein langer </p> </div> </body> </text> </TEI> [267/0279]
Es trug sich zu, als er über eine Heide zu reiten kam, daß er von weitem auf der Erde etwas liegen sah wie einen großen Heuhaufen, und wie er sich näherte, konnte er unterscheiden daß es der Bauch eines Menschen war, der sich dahingestreckt hatte; der Bauch aber sah aus wie ein kleiner Berg. Der Dicke, wie er den Reisenden erblickte, richtete sich in die Höhe und sprach ‘wenn ihr jemand braucht, so nehmt mich in eure Dienste.’ Der Königssohn antwortete ‘was soll ich mit einem so ungefügen Mann anfangen?’ ‘O,’ sprach der Dicke, ‘das will nichts sagen, wenn ich mich recht aus einander thue, bin ich noch dreitausendmal so dick.’ ‘Wenn das ist,’ sagte der Königssohn, ‘so kann ich dich brauchen, komm mit mir.’ Da gieng der Dicke hinter dem Königssohn her, und über eine Weile fanden sie einen andern, der lag da auf der Erde und hatte das Ohr auf den Rasen gelegt. Fragte der Königssohn ‘was machst du da?’ ‘Jch horche,’ antwortete der Mann. ‘Wonach horchst du so aufmerksam?’ ‘Jch horche nach dem was eben in der Welt sich zuträgt, denn meinen Ohren entgeht nichts, das Gras sogar hör ich wachsen.’ Fragte der Königssohn ‘sage mir, was hörst du am Hofe der alten Königin, welche die schöne Tochter hat?’ Da antwortete er ‘ich höre das Schwert sausen, das einem Freier den Kopf abschlägt.’ Der Königssohn sprach ‘ich kann dich brauchen, komm mit mir.’ Da zogen sie weiter und sahen einmal ein paar Füße da liegen und auch etwas von den Beinen, aber das Ende konnten sie nicht sehen. Als sie eine gute Strecke fortgegangen waren, kamen sie zu dem Leib und endlich auch zu dem Kopf. ‘Ei,’ sprach der Königssohn, ‘was bist du für ein langer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |