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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

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einen stärkenden Trank ein und wartete bis er wieder zu Kräften kam. 'Weißt du auch,' fragte der Fremde, indem er sich aufrichtete, 'wer ich bin, und wem du wieder auf die Beine geholfen hast?' 'Nein,' antwortete der Jüngling, 'ich kenne dich nicht.' 'Jch bin der Tod,' sprach er, 'ich verschone niemand und kann auch mit dir keine Ausnahme machen. Damit du aber siehst daß ich dankbar bin, so verspreche ich dir daß ich dich nicht unversehens überfallen sondern dir erst meine Boten senden will, bevor ich komme und dich abhole.' 'Wohlan,' sprach der Jüngling, 'immer ein Gewinn, daß ich weiß wann du kommst und so lange wenigstens sicher vor dir bin.' Dann zog er weiter, war lustig und guter Dinge und lebte in den Tag hinein. Allein Jugend und Gesundheit hielten nicht lange aus, bald kamen Krankheiten und Schmerzen, die ihn bei Tag plagten und ihm Nachts die Ruhe wegnahmen. 'Sterben werde ich nicht,' sprach er zu sich selbst, 'denn der Tod sendet erst seine Boten, ich wollte nur die bösen Tage der Krankheit wären erst vorüber.' Sobald er sich gesund fühlte, fieng er wieder an in Freuden zu leben. Da klopfte ihn eines Tags jemand auf die Schulter: er blickte sich um, und der Tod stand hinter ihm und sprach 'folge mir, die Stunde deines Abschieds von der Welt ist gekommen.' 'Wie,' antwortete der Mensch, 'willst du dein Wort brechen? hast du mir nicht versprochen daß du mir, bevor du selbst kämest, deine Boten senden wolltest? ich habe keinen gesehen.' 'Schweig,' erwiederte der Tod, 'habe ich dir nicht einen Boten über den andern geschickt? kam nicht das Fieber, stieß dich an, rüttelte dich und warf dich nieder? hat der Schwindel dir nicht den

einen stärkenden Trank ein und wartete bis er wieder zu Kräften kam. ‘Weißt du auch,’ fragte der Fremde, indem er sich aufrichtete, ‘wer ich bin, und wem du wieder auf die Beine geholfen hast?’ ‘Nein,’ antwortete der Jüngling, ‘ich kenne dich nicht.’ ‘Jch bin der Tod,’ sprach er, ‘ich verschone niemand und kann auch mit dir keine Ausnahme machen. Damit du aber siehst daß ich dankbar bin, so verspreche ich dir daß ich dich nicht unversehens überfallen sondern dir erst meine Boten senden will, bevor ich komme und dich abhole.’ ‘Wohlan,’ sprach der Jüngling, ‘immer ein Gewinn, daß ich weiß wann du kommst und so lange wenigstens sicher vor dir bin.’ Dann zog er weiter, war lustig und guter Dinge und lebte in den Tag hinein. Allein Jugend und Gesundheit hielten nicht lange aus, bald kamen Krankheiten und Schmerzen, die ihn bei Tag plagten und ihm Nachts die Ruhe wegnahmen. ‘Sterben werde ich nicht,’ sprach er zu sich selbst, ‘denn der Tod sendet erst seine Boten, ich wollte nur die bösen Tage der Krankheit wären erst vorüber.’ Sobald er sich gesund fühlte, fieng er wieder an in Freuden zu leben. Da klopfte ihn eines Tags jemand auf die Schulter: er blickte sich um, und der Tod stand hinter ihm und sprach ‘folge mir, die Stunde deines Abschieds von der Welt ist gekommen.’ ‘Wie,’ antwortete der Mensch, ‘willst du dein Wort brechen? hast du mir nicht versprochen daß du mir, bevor du selbst kämest, deine Boten senden wolltest? ich habe keinen gesehen.’ ‘Schweig,’ erwiederte der Tod, ‘habe ich dir nicht einen Boten über den andern geschickt? kam nicht das Fieber, stieß dich an, rüttelte dich und warf dich nieder? hat der Schwindel dir nicht den

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[412/0424] einen stärkenden Trank ein und wartete bis er wieder zu Kräften kam. ‘Weißt du auch,’ fragte der Fremde, indem er sich aufrichtete, ‘wer ich bin, und wem du wieder auf die Beine geholfen hast?’ ‘Nein,’ antwortete der Jüngling, ‘ich kenne dich nicht.’ ‘Jch bin der Tod,’ sprach er, ‘ich verschone niemand und kann auch mit dir keine Ausnahme machen. Damit du aber siehst daß ich dankbar bin, so verspreche ich dir daß ich dich nicht unversehens überfallen sondern dir erst meine Boten senden will, bevor ich komme und dich abhole.’ ‘Wohlan,’ sprach der Jüngling, ‘immer ein Gewinn, daß ich weiß wann du kommst und so lange wenigstens sicher vor dir bin.’ Dann zog er weiter, war lustig und guter Dinge und lebte in den Tag hinein. Allein Jugend und Gesundheit hielten nicht lange aus, bald kamen Krankheiten und Schmerzen, die ihn bei Tag plagten und ihm Nachts die Ruhe wegnahmen. ‘Sterben werde ich nicht,’ sprach er zu sich selbst, ‘denn der Tod sendet erst seine Boten, ich wollte nur die bösen Tage der Krankheit wären erst vorüber.’ Sobald er sich gesund fühlte, fieng er wieder an in Freuden zu leben. Da klopfte ihn eines Tags jemand auf die Schulter: er blickte sich um, und der Tod stand hinter ihm und sprach ‘folge mir, die Stunde deines Abschieds von der Welt ist gekommen.’ ‘Wie,’ antwortete der Mensch, ‘willst du dein Wort brechen? hast du mir nicht versprochen daß du mir, bevor du selbst kämest, deine Boten senden wolltest? ich habe keinen gesehen.’ ‘Schweig,’ erwiederte der Tod, ‘habe ich dir nicht einen Boten über den andern geschickt? kam nicht das Fieber, stieß dich an, rüttelte dich und warf dich nieder? hat der Schwindel dir nicht den

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/424>, abgerufen am 21.11.2024.