Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.Pferde vor. 'Ganz gut,' meinte Pfriem, 'aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.' Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. 'Talpatsch,' brach er los, 'was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.' Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von 4 Flügelpferden in die Höhe gehoben ward. Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. 'Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,' sprach er zu sich selbst, 'und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber das hatte ich nicht bemerkt. Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.' Pferde vor. ‘Ganz gut,’ meinte Pfriem, ‘aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.’ Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. ‘Talpatsch,’ brach er los, ‘was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.’ Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von 4 Flügelpferden in die Höhe gehoben ward. Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. ‘Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,’ sprach er zu sich selbst, ‘und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber das hatte ich nicht bemerkt. Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0430" n="418"/> Pferde vor. ‘Ganz gut,’ meinte Pfriem, ‘aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.’ Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. ‘Talpatsch,’ brach er los, ‘was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.’ Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von 4 Flügelpferden in die Höhe gehoben ward.</p><lb/> <p>Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. ‘Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,’ sprach er zu sich selbst, ‘und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber das hatte ich nicht bemerkt. Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.’</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [418/0430]
Pferde vor. ‘Ganz gut,’ meinte Pfriem, ‘aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.’ Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. ‘Talpatsch,’ brach er los, ‘was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.’ Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von 4 Flügelpferden in die Höhe gehoben ward.
Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. ‘Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,’ sprach er zu sich selbst, ‘und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber das hatte ich nicht bemerkt. Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.’
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |