Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen während du auf dem Meere eingeschlafen warst, und übers Jahr da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich daß du nichts davon verräthst, der Vater glaubt dir doch nicht; und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt sein.'

Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln und das Urtheil über ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermuthete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm 'lieber Jäger, was fehlt dir?' Der Jäger sprach 'ich kanns nicht sagen und soll es doch.' Da sprach der Prinz 'sage heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.' 'Ach,' sagte der Jäger, 'ich soll euch todtschießen, der König hat mirs befohlen.' Da erschrack der Prinz, und sprach 'lieber Jäger, laß mich leben, da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes.' Der Jäger sagte 'das will ich gerne thun, ich hätte doch nicht nach euch schießen können.' Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger gieng heim, der Prinz aber gieng weiter in den Wald hinein.

Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn: sie waren aber

des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen während du auf dem Meere eingeschlafen warst, und übers Jahr da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich daß du nichts davon verräthst, der Vater glaubt dir doch nicht; und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt sein.’

Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln und das Urtheil über ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermuthete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm ‘lieber Jäger, was fehlt dir?’ Der Jäger sprach ‘ich kanns nicht sagen und soll es doch.’ Da sprach der Prinz ‘sage heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.’ ‘Ach,’ sagte der Jäger, ‘ich soll euch todtschießen, der König hat mirs befohlen.’ Da erschrack der Prinz, und sprach ‘lieber Jäger, laß mich leben, da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes.’ Der Jäger sagte ‘das will ich gerne thun, ich hätte doch nicht nach euch schießen können.’ Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger gieng heim, der Prinz aber gieng weiter in den Wald hinein.

Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn: sie waren aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0088" n="76"/>
des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen während du auf dem Meere eingeschlafen warst, und übers Jahr da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich daß du nichts davon verräthst, der Vater glaubt dir doch nicht; und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt sein.&#x2019;</p><lb/>
        <p>Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln und das Urtheil über ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermuthete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm &#x2018;lieber Jäger, was fehlt dir?&#x2019; Der Jäger sprach &#x2018;ich kanns nicht sagen und soll es doch.&#x2019; Da sprach der Prinz &#x2018;sage heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.&#x2019; &#x2018;Ach,&#x2019; sagte der Jäger, &#x2018;ich soll euch todtschießen, der König hat mirs befohlen.&#x2019; Da erschrack der Prinz, und sprach &#x2018;lieber Jäger, laß mich leben, da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes.&#x2019; Der Jäger sagte &#x2018;das will ich gerne thun, ich hätte doch nicht nach euch schießen können.&#x2019; Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger gieng heim, der Prinz aber gieng weiter in den Wald hinein.</p><lb/>
        <p>Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn: sie waren aber
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0088] des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen während du auf dem Meere eingeschlafen warst, und übers Jahr da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich daß du nichts davon verräthst, der Vater glaubt dir doch nicht; und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt sein.’ Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln und das Urtheil über ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermuthete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm ‘lieber Jäger, was fehlt dir?’ Der Jäger sprach ‘ich kanns nicht sagen und soll es doch.’ Da sprach der Prinz ‘sage heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.’ ‘Ach,’ sagte der Jäger, ‘ich soll euch todtschießen, der König hat mirs befohlen.’ Da erschrack der Prinz, und sprach ‘lieber Jäger, laß mich leben, da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes.’ Der Jäger sagte ‘das will ich gerne thun, ich hätte doch nicht nach euch schießen können.’ Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger gieng heim, der Prinz aber gieng weiter in den Wald hinein. Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn: sie waren aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/88
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/88>, abgerufen am 24.11.2024.