Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.könntest du mich erlösen aus dem bösen Zauber, der über mich geworfen ist.' 'Was soll ich thun?' sprach der Königssohn. Die Jungfrau antwortete 'drei Nächte mußt du in dem großen Saal des verwünschten Schlosses zubringen, aber es darf keine Furcht in dein Herz kommen. Wenn sie dich auf das ärgste quälen und du hältst es aus ohne einen Laut von dir zu geben, so bin ich erlöst; das Leben dürfen sie dir nicht nehmen.' Da sprach der Königssohn 'ich fürchte mich nicht, ich wills mit Gottes Hülfe versuchen.' Also gieng er fröhlich in das Schloß, und als es dunkel ward, setzte er sich in den großen Saal und wartete. Es war aber still bis Mitternacht, da fieng plötzlich ein großer Lärm an, und aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie thaten als ob sie ihn nicht sähen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fiengen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er 'es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehört, der ist Schuld, daß ich verliere.' 'Wart ich komme, du hinter dem Ofen,' sagte ein anderer. Das Schreien ward immer größer, so daß es niemand ohne Schrecken hätte anhören können. Der Königssohn blieb ganz ruhig sitzen und hatte keine Furcht: doch endlich sprangen die Teufel von der Erde auf und fielen über ihn her, und es waren so viele, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie zerrten ihn auf dem Boden herum, zwickten, stachen, schlugen und quälten ihn, aber er gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte: als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn, und alsbald fühlte er wie alle Schmerzen verschwanden und frische Kraft in seine Adern drang. Sie sprach 'eine Nacht hast du glücklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor.' Da gieng sie wieder weg, und im Weggehen könntest du mich erlösen aus dem bösen Zauber, der über mich geworfen ist.’ ‘Was soll ich thun?’ sprach der Königssohn. Die Jungfrau antwortete ‘drei Nächte mußt du in dem großen Saal des verwünschten Schlosses zubringen, aber es darf keine Furcht in dein Herz kommen. Wenn sie dich auf das ärgste quälen und du hältst es aus ohne einen Laut von dir zu geben, so bin ich erlöst; das Leben dürfen sie dir nicht nehmen.’ Da sprach der Königssohn ‘ich fürchte mich nicht, ich wills mit Gottes Hülfe versuchen.’ Also gieng er fröhlich in das Schloß, und als es dunkel ward, setzte er sich in den großen Saal und wartete. Es war aber still bis Mitternacht, da fieng plötzlich ein großer Lärm an, und aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie thaten als ob sie ihn nicht sähen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fiengen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er ‘es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehört, der ist Schuld, daß ich verliere.’ ‘Wart ich komme, du hinter dem Ofen,’ sagte ein anderer. Das Schreien ward immer größer, so daß es niemand ohne Schrecken hätte anhören können. Der Königssohn blieb ganz ruhig sitzen und hatte keine Furcht: doch endlich sprangen die Teufel von der Erde auf und fielen über ihn her, und es waren so viele, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie zerrten ihn auf dem Boden herum, zwickten, stachen, schlugen und quälten ihn, aber er gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte: als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn, und alsbald fühlte er wie alle Schmerzen verschwanden und frische Kraft in seine Adern drang. Sie sprach ‘eine Nacht hast du glücklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor.’ Da gieng sie wieder weg, und im Weggehen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0183" n="171"/> könntest du mich erlösen aus dem bösen Zauber, der über mich geworfen ist.’ ‘Was soll ich thun?’ sprach der Königssohn. Die Jungfrau antwortete ‘drei Nächte mußt du in dem großen Saal des verwünschten Schlosses zubringen, aber es darf keine Furcht in dein Herz kommen. Wenn sie dich auf das ärgste quälen und du hältst es aus ohne einen Laut von dir zu geben, so bin ich erlöst; das Leben dürfen sie dir nicht nehmen.’ Da sprach der Königssohn ‘ich fürchte mich nicht, ich wills mit Gottes Hülfe versuchen.’ Also gieng er fröhlich in das Schloß, und als es dunkel ward, setzte er sich in den großen Saal und wartete. Es war aber still bis Mitternacht, da fieng plötzlich ein großer Lärm an, und aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie thaten als ob sie ihn nicht sähen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fiengen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er ‘es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehört, der ist Schuld, daß ich verliere.’ ‘Wart ich komme, du hinter dem Ofen,’ sagte ein anderer. Das Schreien ward immer größer, so daß es niemand ohne Schrecken hätte anhören können. Der Königssohn blieb ganz ruhig sitzen und hatte keine Furcht: doch endlich sprangen die Teufel von der Erde auf und fielen über ihn her, und es waren so viele, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie zerrten ihn auf dem Boden herum, zwickten, stachen, schlugen und quälten ihn, aber er gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte: als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn, und alsbald fühlte er wie alle Schmerzen verschwanden und frische Kraft in seine Adern drang. Sie sprach ‘eine Nacht hast du glücklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor.’ Da gieng sie wieder weg, und im Weggehen </p> </div> </body> </text> </TEI> [171/0183]
könntest du mich erlösen aus dem bösen Zauber, der über mich geworfen ist.’ ‘Was soll ich thun?’ sprach der Königssohn. Die Jungfrau antwortete ‘drei Nächte mußt du in dem großen Saal des verwünschten Schlosses zubringen, aber es darf keine Furcht in dein Herz kommen. Wenn sie dich auf das ärgste quälen und du hältst es aus ohne einen Laut von dir zu geben, so bin ich erlöst; das Leben dürfen sie dir nicht nehmen.’ Da sprach der Königssohn ‘ich fürchte mich nicht, ich wills mit Gottes Hülfe versuchen.’ Also gieng er fröhlich in das Schloß, und als es dunkel ward, setzte er sich in den großen Saal und wartete. Es war aber still bis Mitternacht, da fieng plötzlich ein großer Lärm an, und aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie thaten als ob sie ihn nicht sähen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fiengen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er ‘es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehört, der ist Schuld, daß ich verliere.’ ‘Wart ich komme, du hinter dem Ofen,’ sagte ein anderer. Das Schreien ward immer größer, so daß es niemand ohne Schrecken hätte anhören können. Der Königssohn blieb ganz ruhig sitzen und hatte keine Furcht: doch endlich sprangen die Teufel von der Erde auf und fielen über ihn her, und es waren so viele, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie zerrten ihn auf dem Boden herum, zwickten, stachen, schlugen und quälten ihn, aber er gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte: als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn, und alsbald fühlte er wie alle Schmerzen verschwanden und frische Kraft in seine Adern drang. Sie sprach ‘eine Nacht hast du glücklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor.’ Da gieng sie wieder weg, und im Weggehen
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