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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

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ward die Mutter ungeduldig und stieg selbst hinauf, konnte aber so wenig wie Einäuglein und Dreiäuglein die Frucht fassen und griff immer in die leere Luft. Da sprach Zweiäuglein 'ich will mich einmal hinaufmachen, vielleicht gelingt mirs eher.' Die Schwestern riefen zwar 'du, mit deinen zwei Augen, was willst du wohl!' Aber Zweiäuglein stieg hinauf, und die goldenen Äpfel zogen sich nicht vor ihm zurück, sondern ließen sich von selbst in seine Hand herab, also daß es einen nach dem andern abpflücken konnte und ein ganzes Schürzchen voll mit herunter brachte. Die Mutter nahm sie ihm ab, und statt daß sie, Einäuglein und Dreiäuglein dafür das arme Zweiäuglein hätten besser behandeln sollen, so wurden sie nur neidisch daß es allein die Früchte holen konnte und giengen noch härter mit ihm um.

Es trug sich zu, als sie einmal beisammen an dem Baum standen, daß ein junger Ritter daher kam. 'Geschwind, Zweiäuglein,' riefen die zwei Schwestern, 'kriech unter, daß wir uns deiner nicht schämen müssen' und stürzten über das arme Zweiäuglein in aller Eil ein leeres Faß, das gerade neben dem Baume stand, und schoben die goldenen Äpfel, die es abgebrochen hatte, auch darunter. Als nun der Ritter näher kam, war es ein schöner Herr, der hielt still, bewunderte den prächtigen Baum von Gold und Silber und sprach zu den beiden Schwestern 'wem gehört dieser schöne Baum? wer mir einen Zweig davon gäbe, könnte dafür verlangen was er wollte.' Da antworteten Einäuglein und Dreiäuglein der Baum gehörte ihnen zu, und sie wollten ihm einen Zweig wohl abbrechen. Sie gaben sich auch beide große Mühe, aber sie waren es nicht im Stande, denn die Zweige und Früchte wichen jedesmal vor ihnen zurück. Da sprach der Ritter 'das ist ja wunderlich, daß der Baum euch zugehört und ihr doch nicht Macht habt etwas davon abzubrechen.' Sie blieben dabei, der Baum wäre ihr Eigenthum. Jndem sie aber so sprachen,

ward die Mutter ungeduldig und stieg selbst hinauf, konnte aber so wenig wie Einäuglein und Dreiäuglein die Frucht fassen und griff immer in die leere Luft. Da sprach Zweiäuglein ‘ich will mich einmal hinaufmachen, vielleicht gelingt mirs eher.’ Die Schwestern riefen zwar ‘du, mit deinen zwei Augen, was willst du wohl!’ Aber Zweiäuglein stieg hinauf, und die goldenen Äpfel zogen sich nicht vor ihm zurück, sondern ließen sich von selbst in seine Hand herab, also daß es einen nach dem andern abpflücken konnte und ein ganzes Schürzchen voll mit herunter brachte. Die Mutter nahm sie ihm ab, und statt daß sie, Einäuglein und Dreiäuglein dafür das arme Zweiäuglein hätten besser behandeln sollen, so wurden sie nur neidisch daß es allein die Früchte holen konnte und giengen noch härter mit ihm um.

Es trug sich zu, als sie einmal beisammen an dem Baum standen, daß ein junger Ritter daher kam. ‘Geschwind, Zweiäuglein,’ riefen die zwei Schwestern, ‘kriech unter, daß wir uns deiner nicht schämen müssen’ und stürzten über das arme Zweiäuglein in aller Eil ein leeres Faß, das gerade neben dem Baume stand, und schoben die goldenen Äpfel, die es abgebrochen hatte, auch darunter. Als nun der Ritter näher kam, war es ein schöner Herr, der hielt still, bewunderte den prächtigen Baum von Gold und Silber und sprach zu den beiden Schwestern ‘wem gehört dieser schöne Baum? wer mir einen Zweig davon gäbe, könnte dafür verlangen was er wollte.’ Da antworteten Einäuglein und Dreiäuglein der Baum gehörte ihnen zu, und sie wollten ihm einen Zweig wohl abbrechen. Sie gaben sich auch beide große Mühe, aber sie waren es nicht im Stande, denn die Zweige und Früchte wichen jedesmal vor ihnen zurück. Da sprach der Ritter ‘das ist ja wunderlich, daß der Baum euch zugehört und ihr doch nicht Macht habt etwas davon abzubrechen.’ Sie blieben dabei, der Baum wäre ihr Eigenthum. Jndem sie aber so sprachen,

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[217/0229] ward die Mutter ungeduldig und stieg selbst hinauf, konnte aber so wenig wie Einäuglein und Dreiäuglein die Frucht fassen und griff immer in die leere Luft. Da sprach Zweiäuglein ‘ich will mich einmal hinaufmachen, vielleicht gelingt mirs eher.’ Die Schwestern riefen zwar ‘du, mit deinen zwei Augen, was willst du wohl!’ Aber Zweiäuglein stieg hinauf, und die goldenen Äpfel zogen sich nicht vor ihm zurück, sondern ließen sich von selbst in seine Hand herab, also daß es einen nach dem andern abpflücken konnte und ein ganzes Schürzchen voll mit herunter brachte. Die Mutter nahm sie ihm ab, und statt daß sie, Einäuglein und Dreiäuglein dafür das arme Zweiäuglein hätten besser behandeln sollen, so wurden sie nur neidisch daß es allein die Früchte holen konnte und giengen noch härter mit ihm um. Es trug sich zu, als sie einmal beisammen an dem Baum standen, daß ein junger Ritter daher kam. ‘Geschwind, Zweiäuglein,’ riefen die zwei Schwestern, ‘kriech unter, daß wir uns deiner nicht schämen müssen’ und stürzten über das arme Zweiäuglein in aller Eil ein leeres Faß, das gerade neben dem Baume stand, und schoben die goldenen Äpfel, die es abgebrochen hatte, auch darunter. Als nun der Ritter näher kam, war es ein schöner Herr, der hielt still, bewunderte den prächtigen Baum von Gold und Silber und sprach zu den beiden Schwestern ‘wem gehört dieser schöne Baum? wer mir einen Zweig davon gäbe, könnte dafür verlangen was er wollte.’ Da antworteten Einäuglein und Dreiäuglein der Baum gehörte ihnen zu, und sie wollten ihm einen Zweig wohl abbrechen. Sie gaben sich auch beide große Mühe, aber sie waren es nicht im Stande, denn die Zweige und Früchte wichen jedesmal vor ihnen zurück. Da sprach der Ritter ‘das ist ja wunderlich, daß der Baum euch zugehört und ihr doch nicht Macht habt etwas davon abzubrechen.’ Sie blieben dabei, der Baum wäre ihr Eigenthum. Jndem sie aber so sprachen,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/229>, abgerufen am 21.11.2024.