Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.'o du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz thät ihr zerspringen.' Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese und fieng an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief und wollte danach greifen, da sprach sie schnell 'weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen, und laß'n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.' Da wehte der Wind und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, daß Kürdchen nachlaufen mußte; und als es wieder kam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen; und so hüteten sie die Gänse bis es Abend ward. Abends aber, nachdem sie heim gekommen waren, gieng Kürdchen vor den alten König und sagte 'mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten.' 'Warum denn?' fragte der alte König. 'Ei, das ärgert mich den ganzen Tag.' Da befahl ihm der alte König zu erzählen wies ihm denn mit ihr gienge. Da sagte Kürdchen 'Morgens, wenn wir unter dem finstern Thor mit der Heerde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie 'Falada, da du hangest,' da antwortet der Kopf 'o du Königsjungfer, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz thät ihr zerspringen.' Und so erzählte Kürdchen weiter was auf der Gänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müßte. Der alte König befahl ihm den nächsten Tag wieder hinaus zu ‘o du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz thät ihr zerspringen.’ Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese und fieng an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief und wollte danach greifen, da sprach sie schnell ‘weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen, und laß’n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.’ Da wehte der Wind und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, daß Kürdchen nachlaufen mußte; und als es wieder kam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen; und so hüteten sie die Gänse bis es Abend ward. Abends aber, nachdem sie heim gekommen waren, gieng Kürdchen vor den alten König und sagte ‘mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten.’ ‘Warum denn?’ fragte der alte König. ‘Ei, das ärgert mich den ganzen Tag.’ Da befahl ihm der alte König zu erzählen wies ihm denn mit ihr gienge. Da sagte Kürdchen ‘Morgens, wenn wir unter dem finstern Thor mit der Heerde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie ‘Falada, da du hangest,’ da antwortet der Kopf ‘o du Königsjungfer, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz thät ihr zerspringen.’ Und so erzählte Kürdchen weiter was auf der Gänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müßte. Der alte König befahl ihm den nächsten Tag wieder hinaus zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0029" n="17"/> <lg type="poem"> <l>‘o du Jungfer Königin, da du gangest,</l><lb/> <l>wenn das deine Mutter wüßte,</l><lb/> <l>das Herz thät ihr zerspringen.’</l><lb/> </lg> <p>Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese und fieng an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief und wollte danach greifen, da sprach sie schnell</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘weh, weh, Windchen,</l><lb/> <l>nimm Kürdchen sein Hütchen,</l><lb/> <l>und laß’n sich mit jagen,</l><lb/> <l>bis ich mich geflochten und geschnatzt,</l><lb/> <l>und wieder aufgesatzt.’</l><lb/> </lg> <p>Da wehte der Wind und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, daß Kürdchen nachlaufen mußte; und als es wieder kam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen; und so hüteten sie die Gänse bis es Abend ward.</p><lb/> <p>Abends aber, nachdem sie heim gekommen waren, gieng Kürdchen vor den alten König und sagte ‘mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten.’ ‘Warum denn?’ fragte der alte König. ‘Ei, das ärgert mich den ganzen Tag.’ Da befahl ihm der alte König zu erzählen wies ihm denn mit ihr gienge. Da sagte Kürdchen ‘Morgens, wenn wir unter dem finstern Thor mit der Heerde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘Falada, da du hangest,’</l><lb/> </lg> <p>da antwortet der Kopf</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘o du Königsjungfer, da du gangest,</l><lb/> <l>wenn das deine Mutter wüßte,</l><lb/> <l>das Herz thät ihr zerspringen.’</l><lb/> </lg> <p>Und so erzählte Kürdchen weiter was auf der Gänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müßte.</p><lb/> <p>Der alte König befahl ihm den nächsten Tag wieder hinaus zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0029]
‘o du Jungfer Königin, da du gangest,
wenn das deine Mutter wüßte,
das Herz thät ihr zerspringen.’
Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese und fieng an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief und wollte danach greifen, da sprach sie schnell
‘weh, weh, Windchen,
nimm Kürdchen sein Hütchen,
und laß’n sich mit jagen,
bis ich mich geflochten und geschnatzt,
und wieder aufgesatzt.’
Da wehte der Wind und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, daß Kürdchen nachlaufen mußte; und als es wieder kam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen; und so hüteten sie die Gänse bis es Abend ward.
Abends aber, nachdem sie heim gekommen waren, gieng Kürdchen vor den alten König und sagte ‘mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten.’ ‘Warum denn?’ fragte der alte König. ‘Ei, das ärgert mich den ganzen Tag.’ Da befahl ihm der alte König zu erzählen wies ihm denn mit ihr gienge. Da sagte Kürdchen ‘Morgens, wenn wir unter dem finstern Thor mit der Heerde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie
‘Falada, da du hangest,’
da antwortet der Kopf
‘o du Königsjungfer, da du gangest,
wenn das deine Mutter wüßte,
das Herz thät ihr zerspringen.’
Und so erzählte Kürdchen weiter was auf der Gänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müßte.
Der alte König befahl ihm den nächsten Tag wieder hinaus zu
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (Harvard University): Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-08T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |