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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

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Da baute der Vater ein prächtiges Schloß, von Gärten, Wäldern und Wiesen umgeben, als wenn ein Fürst darin wohnen sollte. Und als es fertig war, sagte die Mutter 'ich habe ein Mädchen für dich ausgesucht, in drei Tagen soll die Hochzeit sein.' Der Sohn war mit allem zufrieden, was die Eltern wollten.

Die arme Königstochter hatte lange vor der Stadt gestanden und auf die Rückkehr des Jünglings gewartet. Als es Abend ward, sprach sie 'gewis hat er seine Eltern auf die rechte Wange geküßt, und hat mich vergessen.' Jhr Herz war voll Trauer, sie wünschte sich in ein einsames Waldhäuschen und wollte nicht wieder an den Hof ihres Vaters zurück. Jeden Abend gieng sie in die Stadt, und gieng an seinem Haus vorüber: er sah sie manchmal, aber er kannte sie nicht mehr. Endlich hörte sie wie die Leute sagten 'morgen wird seine Hochzeit gefeiert.' Da sprach sie 'ich will versuchen ob ich sein Herz wieder gewinne.' Als der erste Hochzeitstag gefeiert ward, da drehte sie ihren Wunschring und sprach 'ein Kleid so glänzend wie die Sonne.' Alsbald lag das Kleid vor ihr und war so glänzend, als wenn es aus lauter Sonnenstrahlen gewebt wäre. Als alle Gäste sich versammelt hatten, so trat sie in den Saal. Jedermann wunderte sich über das schöne Kleid, am meisten die Braut, und da schöne Kleider ihre größte Lust waren, so gieng sie zu der Fremden und fragte ob sie es ihr verkaufen wollte. 'Für Geld nicht,' antwortete sie, 'aber wenn ich die erste Nacht vor der Thüre verweilen darf, wo der Bräutigam schläft, so will ich es hingeben.' Die Braut konnte ihr Verlangen nicht bezwingen und willigte ein, aber sie mischte dem Bräutigam einen Schlaftrunk in seinen Nachtwein, wovon er in tiefen Schlaf verfiel. Als nun alles still geworden war, so kauerte sich die Königstochter vor die Thüre der Schlafkammer, öffnete sie ein wenig und rief hinein

'Trommler, Trommler, hör mich an,
hast du mich denn ganz vergessen?

Da baute der Vater ein prächtiges Schloß, von Gärten, Wäldern und Wiesen umgeben, als wenn ein Fürst darin wohnen sollte. Und als es fertig war, sagte die Mutter ‘ich habe ein Mädchen für dich ausgesucht, in drei Tagen soll die Hochzeit sein.’ Der Sohn war mit allem zufrieden, was die Eltern wollten.

Die arme Königstochter hatte lange vor der Stadt gestanden und auf die Rückkehr des Jünglings gewartet. Als es Abend ward, sprach sie ‘gewis hat er seine Eltern auf die rechte Wange geküßt, und hat mich vergessen.’ Jhr Herz war voll Trauer, sie wünschte sich in ein einsames Waldhäuschen und wollte nicht wieder an den Hof ihres Vaters zurück. Jeden Abend gieng sie in die Stadt, und gieng an seinem Haus vorüber: er sah sie manchmal, aber er kannte sie nicht mehr. Endlich hörte sie wie die Leute sagten ‘morgen wird seine Hochzeit gefeiert.’ Da sprach sie ‘ich will versuchen ob ich sein Herz wieder gewinne.’ Als der erste Hochzeitstag gefeiert ward, da drehte sie ihren Wunschring und sprach ‘ein Kleid so glänzend wie die Sonne.’ Alsbald lag das Kleid vor ihr und war so glänzend, als wenn es aus lauter Sonnenstrahlen gewebt wäre. Als alle Gäste sich versammelt hatten, so trat sie in den Saal. Jedermann wunderte sich über das schöne Kleid, am meisten die Braut, und da schöne Kleider ihre größte Lust waren, so gieng sie zu der Fremden und fragte ob sie es ihr verkaufen wollte. ‘Für Geld nicht,’ antwortete sie, ‘aber wenn ich die erste Nacht vor der Thüre verweilen darf, wo der Bräutigam schläft, so will ich es hingeben.’ Die Braut konnte ihr Verlangen nicht bezwingen und willigte ein, aber sie mischte dem Bräutigam einen Schlaftrunk in seinen Nachtwein, wovon er in tiefen Schlaf verfiel. Als nun alles still geworden war, so kauerte sich die Königstochter vor die Thüre der Schlafkammer, öffnete sie ein wenig und rief hinein

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[435/0447] Da baute der Vater ein prächtiges Schloß, von Gärten, Wäldern und Wiesen umgeben, als wenn ein Fürst darin wohnen sollte. Und als es fertig war, sagte die Mutter ‘ich habe ein Mädchen für dich ausgesucht, in drei Tagen soll die Hochzeit sein.’ Der Sohn war mit allem zufrieden, was die Eltern wollten. Die arme Königstochter hatte lange vor der Stadt gestanden und auf die Rückkehr des Jünglings gewartet. Als es Abend ward, sprach sie ‘gewis hat er seine Eltern auf die rechte Wange geküßt, und hat mich vergessen.’ Jhr Herz war voll Trauer, sie wünschte sich in ein einsames Waldhäuschen und wollte nicht wieder an den Hof ihres Vaters zurück. Jeden Abend gieng sie in die Stadt, und gieng an seinem Haus vorüber: er sah sie manchmal, aber er kannte sie nicht mehr. Endlich hörte sie wie die Leute sagten ‘morgen wird seine Hochzeit gefeiert.’ Da sprach sie ‘ich will versuchen ob ich sein Herz wieder gewinne.’ Als der erste Hochzeitstag gefeiert ward, da drehte sie ihren Wunschring und sprach ‘ein Kleid so glänzend wie die Sonne.’ Alsbald lag das Kleid vor ihr und war so glänzend, als wenn es aus lauter Sonnenstrahlen gewebt wäre. Als alle Gäste sich versammelt hatten, so trat sie in den Saal. Jedermann wunderte sich über das schöne Kleid, am meisten die Braut, und da schöne Kleider ihre größte Lust waren, so gieng sie zu der Fremden und fragte ob sie es ihr verkaufen wollte. ‘Für Geld nicht,’ antwortete sie, ‘aber wenn ich die erste Nacht vor der Thüre verweilen darf, wo der Bräutigam schläft, so will ich es hingeben.’ Die Braut konnte ihr Verlangen nicht bezwingen und willigte ein, aber sie mischte dem Bräutigam einen Schlaftrunk in seinen Nachtwein, wovon er in tiefen Schlaf verfiel. Als nun alles still geworden war, so kauerte sich die Königstochter vor die Thüre der Schlafkammer, öffnete sie ein wenig und rief hinein ‘Trommler, Trommler, hör mich an, hast du mich denn ganz vergessen?

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/447>, abgerufen am 23.11.2024.