Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

zu genießen. Wie ein paar Wochen herum waren, merkten die Leute daß das Bild zunahm, dick und stark ward, und wunderten sich sehr. Der Pfarrer konnt es auch nicht begreifen, blieb in der Kirche und gieng dem Kleinen nach, da sah er wie der Knabe sein Brot mit der Mutter Gottes theilte und diese es auch annahm.

Nach einiger Zeit wurde der Knabe krank und kam acht Tage lang nicht aus dem Bett; wie er aber wieder aufstehen konnte, war sein erstes daß er seine Speise der Mutter Gottes brachte. Der Pfarrer gieng ihm nach und hörte wie er sprach 'lieber Gott, nimms nicht übel, daß ich dir so lange nichts gebracht habe: ich war aber krank und konnte nicht aufstehen.' Da antwortete ihm das Bild und sprach 'ich habe deinen guten Willen gesehen, das ist mir genug; nächsten Sonntag sollst du mit mir auf die Hochzeit kommen.' Der Knabe freute sich darüber und sagte es dem Pfarrer, der bat ihn hinzugehen und das Bild zu fragen ob er auch dürfte mitkommen. 'Nein,' antwortete das Bild, 'du allein.' Der Pfarrer wollte ihn erst vorbereiten und ihm das Abendmahl geben, das war der Knabe zufrieden; und nächsten Sonntag, wie das Abendmahl an ihn kam, fiel er um, und war todt und war zur ewigen Hochzeit.



zu genießen. Wie ein paar Wochen herum waren, merkten die Leute daß das Bild zunahm, dick und stark ward, und wunderten sich sehr. Der Pfarrer konnt es auch nicht begreifen, blieb in der Kirche und gieng dem Kleinen nach, da sah er wie der Knabe sein Brot mit der Mutter Gottes theilte und diese es auch annahm.

Nach einiger Zeit wurde der Knabe krank und kam acht Tage lang nicht aus dem Bett; wie er aber wieder aufstehen konnte, war sein erstes daß er seine Speise der Mutter Gottes brachte. Der Pfarrer gieng ihm nach und hörte wie er sprach ‘lieber Gott, nimms nicht übel, daß ich dir so lange nichts gebracht habe: ich war aber krank und konnte nicht aufstehen.’ Da antwortete ihm das Bild und sprach ‘ich habe deinen guten Willen gesehen, das ist mir genug; nächsten Sonntag sollst du mit mir auf die Hochzeit kommen.’ Der Knabe freute sich darüber und sagte es dem Pfarrer, der bat ihn hinzugehen und das Bild zu fragen ob er auch dürfte mitkommen. ‘Nein,’ antwortete das Bild, ‘du allein.’ Der Pfarrer wollte ihn erst vorbereiten und ihm das Abendmahl geben, das war der Knabe zufrieden; und nächsten Sonntag, wie das Abendmahl an ihn kam, fiel er um, und war todt und war zur ewigen Hochzeit.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0494" n="482"/>
zu genießen. Wie ein paar Wochen herum waren, merkten die Leute daß das Bild zunahm, dick und stark ward, und wunderten sich sehr. Der Pfarrer konnt es auch nicht begreifen, blieb in der Kirche und gieng dem Kleinen nach, da sah er wie der Knabe sein Brot mit der Mutter Gottes theilte und diese es auch annahm.</p><lb/>
          <p>Nach einiger Zeit wurde der Knabe krank und kam acht Tage lang nicht aus dem Bett; wie er aber wieder aufstehen konnte, war sein erstes daß er seine Speise der Mutter Gottes brachte. Der Pfarrer gieng ihm nach und hörte wie er sprach &#x2018;lieber Gott, nimms nicht übel, daß ich dir so lange nichts gebracht habe: ich war aber krank und konnte nicht aufstehen.&#x2019; Da antwortete ihm das Bild und sprach &#x2018;ich habe deinen guten Willen gesehen, das ist mir genug; nächsten Sonntag sollst du mit mir auf die Hochzeit kommen.&#x2019; Der Knabe freute sich darüber und sagte es dem Pfarrer, der bat ihn hinzugehen und das Bild zu fragen ob er auch dürfte mitkommen. &#x2018;Nein,&#x2019; antwortete das Bild, &#x2018;du allein.&#x2019; Der Pfarrer wollte ihn erst vorbereiten und ihm das Abendmahl geben, das war der Knabe zufrieden; und nächsten Sonntag, wie das Abendmahl an ihn kam, fiel er um, und war todt und war zur ewigen Hochzeit.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[482/0494] zu genießen. Wie ein paar Wochen herum waren, merkten die Leute daß das Bild zunahm, dick und stark ward, und wunderten sich sehr. Der Pfarrer konnt es auch nicht begreifen, blieb in der Kirche und gieng dem Kleinen nach, da sah er wie der Knabe sein Brot mit der Mutter Gottes theilte und diese es auch annahm. Nach einiger Zeit wurde der Knabe krank und kam acht Tage lang nicht aus dem Bett; wie er aber wieder aufstehen konnte, war sein erstes daß er seine Speise der Mutter Gottes brachte. Der Pfarrer gieng ihm nach und hörte wie er sprach ‘lieber Gott, nimms nicht übel, daß ich dir so lange nichts gebracht habe: ich war aber krank und konnte nicht aufstehen.’ Da antwortete ihm das Bild und sprach ‘ich habe deinen guten Willen gesehen, das ist mir genug; nächsten Sonntag sollst du mit mir auf die Hochzeit kommen.’ Der Knabe freute sich darüber und sagte es dem Pfarrer, der bat ihn hinzugehen und das Bild zu fragen ob er auch dürfte mitkommen. ‘Nein,’ antwortete das Bild, ‘du allein.’ Der Pfarrer wollte ihn erst vorbereiten und ihm das Abendmahl geben, das war der Knabe zufrieden; und nächsten Sonntag, wie das Abendmahl an ihn kam, fiel er um, und war todt und war zur ewigen Hochzeit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (Harvard University): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-08T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/494
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/494>, abgerufen am 27.11.2024.