Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

zu Theil. 'Nimm dich in Acht,' sagte die älteste, 'wenn du ihm die Hand reichst, so schlägt er dir mit der Tatze darauf.' 'Hüte dich,' sagte die zweite, 'die Bären lieben die Süßigkeit, und wenn du ihm gefällst, so frißt er dich auf.' 'Du mußt nur immer seinen Willen thun,' hub die älteste wieder an, 'sonst fängt er an zu brummen.' Und die zweite fuhr fort 'aber die Hochzeit wird lustig sein, Bären die tanzen gut.' Die Braut schwieg still und ließ sich nicht irre machen. Der Bärenhäuter aber zog in der Welt herum, von einem Ort zum andern, that Gutes, wo er konnte und gab den Armen reichlich, damit sie für ihn beteten. Endlich als der letzte Tag von den sieben Jahren anbrach, gieng er wieder hinaus auf die Heide, und setzte sich unter den Ring von Bäumen. Nicht lange, so sauste der Wind, und der Teufel stand vor ihm und blickte ihn verdrießlich an; dann warf er ihm den alten Rock hin und verlangte seinen grünen zurück. 'So weit sind wir noch nicht,' antwortete der Bärenhäuter, 'erst sollst du mich reinigen.' Der Teufel mochte wollen oder nicht, er mußte Wasser holen, den Bärenhäuter abwaschen, ihm die Haare kämmen, und die Nägel schneiden. Hierauf sah er wie ein tapferer Kriegsmann aus, und war viel schöner als je vorher.

Als der Teufel glücklich abgezogen war, so war es dem Bärenhäuter ganz leicht ums Herz. Er gieng in die Stadt, that einen prächtigen Sammetrock an, setzte sich in einen Wagen mit vier Schimmeln bespannt und fuhr zu dem Haus seiner Braut. Niemand erkannte ihn, der Vater hielt ihn für einen vornehmen Feldobrist und führte ihn in das Zimmer, wo seine Töchter saßen. Er mußte sich zwischen den beiden ältesten niederlassen: sie schenkten ihm Wein ein, legten ihm die besten Bissen vor und meinten sie hätten keinen schönern Mann auf der Welt gesehen. Die Braut aber saß in schwarzem Kleide ihm gegenüber, schlug die Augen nicht auf und sprach kein Wort. Als er endlich den Vater fragte,

zu Theil. ‘Nimm dich in Acht,’ sagte die älteste, ‘wenn du ihm die Hand reichst, so schlägt er dir mit der Tatze darauf.’ ‘Hüte dich,’ sagte die zweite, ‘die Bären lieben die Süßigkeit, und wenn du ihm gefällst, so frißt er dich auf.’ ‘Du mußt nur immer seinen Willen thun,’ hub die älteste wieder an, ‘sonst fängt er an zu brummen.’ Und die zweite fuhr fort ‘aber die Hochzeit wird lustig sein, Bären die tanzen gut.’ Die Braut schwieg still und ließ sich nicht irre machen. Der Bärenhäuter aber zog in der Welt herum, von einem Ort zum andern, that Gutes, wo er konnte und gab den Armen reichlich, damit sie für ihn beteten. Endlich als der letzte Tag von den sieben Jahren anbrach, gieng er wieder hinaus auf die Heide, und setzte sich unter den Ring von Bäumen. Nicht lange, so sauste der Wind, und der Teufel stand vor ihm und blickte ihn verdrießlich an; dann warf er ihm den alten Rock hin und verlangte seinen grünen zurück. ‘So weit sind wir noch nicht,’ antwortete der Bärenhäuter, ‘erst sollst du mich reinigen.’ Der Teufel mochte wollen oder nicht, er mußte Wasser holen, den Bärenhäuter abwaschen, ihm die Haare kämmen, und die Nägel schneiden. Hierauf sah er wie ein tapferer Kriegsmann aus, und war viel schöner als je vorher.

Als der Teufel glücklich abgezogen war, so war es dem Bärenhäuter ganz leicht ums Herz. Er gieng in die Stadt, that einen prächtigen Sammetrock an, setzte sich in einen Wagen mit vier Schimmeln bespannt und fuhr zu dem Haus seiner Braut. Niemand erkannte ihn, der Vater hielt ihn für einen vornehmen Feldobrist und führte ihn in das Zimmer, wo seine Töchter saßen. Er mußte sich zwischen den beiden ältesten niederlassen: sie schenkten ihm Wein ein, legten ihm die besten Bissen vor und meinten sie hätten keinen schönern Mann auf der Welt gesehen. Die Braut aber saß in schwarzem Kleide ihm gegenüber, schlug die Augen nicht auf und sprach kein Wort. Als er endlich den Vater fragte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0097" n="85"/>
zu Theil. &#x2018;Nimm dich in Acht,&#x2019; sagte die älteste, &#x2018;wenn du ihm die Hand reichst, so schlägt er dir mit der Tatze darauf.&#x2019; &#x2018;Hüte dich,&#x2019; sagte die zweite, &#x2018;die Bären lieben die Süßigkeit, und wenn du ihm gefällst, so frißt er dich auf.&#x2019; &#x2018;Du mußt nur immer seinen Willen thun,&#x2019; hub die älteste wieder an, &#x2018;sonst fängt er an zu brummen.&#x2019; Und die zweite fuhr fort &#x2018;aber die Hochzeit wird lustig sein, Bären die tanzen gut.&#x2019; Die Braut schwieg still und ließ sich nicht irre machen. Der Bärenhäuter aber zog in der Welt herum, von einem Ort zum andern, that Gutes, wo er konnte und gab den Armen reichlich, damit sie für ihn beteten. Endlich als der letzte Tag von den sieben Jahren anbrach, gieng er wieder hinaus auf die Heide, und setzte sich unter den Ring von Bäumen. Nicht lange, so sauste der Wind, und der Teufel stand vor ihm und blickte ihn verdrießlich an; dann warf er ihm den alten Rock hin und verlangte seinen grünen zurück. &#x2018;So weit sind wir noch nicht,&#x2019; antwortete der Bärenhäuter, &#x2018;erst sollst du mich reinigen.&#x2019; Der Teufel mochte wollen oder nicht, er mußte Wasser holen, den Bärenhäuter abwaschen, ihm die Haare kämmen, und die Nägel schneiden. Hierauf sah er wie ein tapferer Kriegsmann aus, und war viel schöner als je vorher.</p><lb/>
        <p>Als der Teufel glücklich abgezogen war, so war es dem Bärenhäuter ganz leicht ums Herz. Er gieng in die Stadt, that einen prächtigen Sammetrock an, setzte sich in einen Wagen mit vier Schimmeln bespannt und fuhr zu dem Haus seiner Braut. Niemand erkannte ihn, der Vater hielt ihn für einen vornehmen Feldobrist und führte ihn in das Zimmer, wo seine Töchter saßen. Er mußte sich zwischen den beiden ältesten niederlassen: sie schenkten ihm Wein ein, legten ihm die besten Bissen vor und meinten sie hätten keinen schönern Mann auf der Welt gesehen. Die Braut aber saß in schwarzem Kleide ihm gegenüber, schlug die Augen nicht auf und sprach kein Wort. Als er endlich den Vater fragte,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0097] zu Theil. ‘Nimm dich in Acht,’ sagte die älteste, ‘wenn du ihm die Hand reichst, so schlägt er dir mit der Tatze darauf.’ ‘Hüte dich,’ sagte die zweite, ‘die Bären lieben die Süßigkeit, und wenn du ihm gefällst, so frißt er dich auf.’ ‘Du mußt nur immer seinen Willen thun,’ hub die älteste wieder an, ‘sonst fängt er an zu brummen.’ Und die zweite fuhr fort ‘aber die Hochzeit wird lustig sein, Bären die tanzen gut.’ Die Braut schwieg still und ließ sich nicht irre machen. Der Bärenhäuter aber zog in der Welt herum, von einem Ort zum andern, that Gutes, wo er konnte und gab den Armen reichlich, damit sie für ihn beteten. Endlich als der letzte Tag von den sieben Jahren anbrach, gieng er wieder hinaus auf die Heide, und setzte sich unter den Ring von Bäumen. Nicht lange, so sauste der Wind, und der Teufel stand vor ihm und blickte ihn verdrießlich an; dann warf er ihm den alten Rock hin und verlangte seinen grünen zurück. ‘So weit sind wir noch nicht,’ antwortete der Bärenhäuter, ‘erst sollst du mich reinigen.’ Der Teufel mochte wollen oder nicht, er mußte Wasser holen, den Bärenhäuter abwaschen, ihm die Haare kämmen, und die Nägel schneiden. Hierauf sah er wie ein tapferer Kriegsmann aus, und war viel schöner als je vorher. Als der Teufel glücklich abgezogen war, so war es dem Bärenhäuter ganz leicht ums Herz. Er gieng in die Stadt, that einen prächtigen Sammetrock an, setzte sich in einen Wagen mit vier Schimmeln bespannt und fuhr zu dem Haus seiner Braut. Niemand erkannte ihn, der Vater hielt ihn für einen vornehmen Feldobrist und führte ihn in das Zimmer, wo seine Töchter saßen. Er mußte sich zwischen den beiden ältesten niederlassen: sie schenkten ihm Wein ein, legten ihm die besten Bissen vor und meinten sie hätten keinen schönern Mann auf der Welt gesehen. Die Braut aber saß in schwarzem Kleide ihm gegenüber, schlug die Augen nicht auf und sprach kein Wort. Als er endlich den Vater fragte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google Books (Harvard University): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-08T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/97
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/97>, abgerufen am 23.11.2024.