Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.steht, allein noch nicht singt oder selbst dichtet. Eine andere 14. An die späteren Gebräuche mahnen nun auch eine Menge Hier muß ich vor allen des Worts Merken und Mer- 79) Ich hatte das selber am ersten berichtigt, (Docens Aufsatz
S. 469. Not. 49.) und habe in dem mir citirten oberlinischen W. B. gar nichts Neues gesunden. ſteht, allein noch nicht ſingt oder ſelbſt dichtet. Eine andere 14. An die ſpaͤteren Gebraͤuche mahnen nun auch eine Menge Hier muß ich vor allen des Worts Merken und Mer- 79) Ich hatte das ſelber am erſten berichtigt, (Docens Aufſatz
S. 469. Not. 49.) und habe in dem mir citirten oberliniſchen W. B. gar nichts Neues geſunden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0103" n="93"/> ſteht, allein noch nicht ſingt oder ſelbſt dichtet. Eine andere<lb/> hierher gehoͤrende Stelle Frauenlobs (2. 218.) interpretirt <hi rendition="#g">Do-<lb/> ren</hi> nicht ganz richtig. Der Dichter ſagt: „Viel Saͤnger be-<lb/> ruͤhmen ſich jetzt ihrer Kunſt und haben doch wenig gute Sa-<lb/> chen hervorgebracht. Der muß in Wahrheit wohl begabt<lb/> ſeyn, der die fehlerloſen Toͤne der alten Meiſter recht ſingen<lb/> kann.“ Alſo wieder ein deutliches Erkennen des fruͤheren M. S.<lb/><hi rendition="#g">Docen</hi> aber S. 459. verſteht das: „laſſen“ in der Original,<lb/> ſtelle nicht durch <hi rendition="#aq">relinquunt,</hi> ſondern bezieht es auf: „krum-<lb/> bes bar“, und mittelſt einer gezwungenen Verwandlung in:<lb/> „laſſen wuͤrden“, bringt er dann den Sinn heraus: der muß<lb/> wohl berichtet ſeyn, der die Toͤne ſchlichtet, welche die alten<lb/> Meiſter ungetadelt laſſen wuͤrden. Krumm heißt aber nie Ta-<lb/> del, ſondern bezeichnet das: was tadelnswuͤrdig, das ſchlechte.<lb/> Frauenlob will hier offenbar nicht gewiſſe Toͤne, ſondern die<lb/> alten Meiſter loben, vor denen die jetzigen zuruͤcktreten muͤß-<lb/> ten. An ein Provociren auf ſolche oder auf lebendige iſt uͤber-<lb/> haupt keine Veranlaſſung. — Die Stelle ſelbſt war uͤberhaupt<lb/> faſt nicht zu uͤberſehen, dagegen bin ich Herrn D. fuͤr die<lb/> Mittheilung einiger anderen aus Handſchriften verpflichtet.</p><lb/> <p>14. An die ſpaͤteren Gebraͤuche mahnen nun auch eine Menge<lb/> einzelner Redensarten und Woͤrter, indem ſie ſich entweder<lb/> gar erhalten haben, oder doch in demſelben Geiſt eingefuͤhrt ſind.</p><lb/> <p>Hier muß ich vor allen des Worts <hi rendition="#g">Merken</hi> und <hi rendition="#g">Mer-<lb/> ker</hi> gedenken, deren fruͤhe im Meiſtergeſang beſtimmte Bedeu-<lb/> tung man mir gleich abgewieſen hat, weil einige der von mir<lb/> in der Schnelle angegebenen Beiſpiele beſſer allgemein verſtan-<lb/> den werden muͤſſen <note place="foot" n="79)">Ich hatte das ſelber am erſten berichtigt, (<hi rendition="#g">Docens</hi> Aufſatz<lb/> S. 469. Not. 49.) und habe in dem mir citirten oberliniſchen<lb/> W. B. gar nichts Neues geſunden.</note>. <hi rendition="#g">Merken</hi> heißt bekanntlich in Acht<lb/> behalten, und wurde im 13ten Jahrhundert faſt mit <hi rendition="#g">Melden</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
ſteht, allein noch nicht ſingt oder ſelbſt dichtet. Eine andere
hierher gehoͤrende Stelle Frauenlobs (2. 218.) interpretirt Do-
ren nicht ganz richtig. Der Dichter ſagt: „Viel Saͤnger be-
ruͤhmen ſich jetzt ihrer Kunſt und haben doch wenig gute Sa-
chen hervorgebracht. Der muß in Wahrheit wohl begabt
ſeyn, der die fehlerloſen Toͤne der alten Meiſter recht ſingen
kann.“ Alſo wieder ein deutliches Erkennen des fruͤheren M. S.
Docen aber S. 459. verſteht das: „laſſen“ in der Original,
ſtelle nicht durch relinquunt, ſondern bezieht es auf: „krum-
bes bar“, und mittelſt einer gezwungenen Verwandlung in:
„laſſen wuͤrden“, bringt er dann den Sinn heraus: der muß
wohl berichtet ſeyn, der die Toͤne ſchlichtet, welche die alten
Meiſter ungetadelt laſſen wuͤrden. Krumm heißt aber nie Ta-
del, ſondern bezeichnet das: was tadelnswuͤrdig, das ſchlechte.
Frauenlob will hier offenbar nicht gewiſſe Toͤne, ſondern die
alten Meiſter loben, vor denen die jetzigen zuruͤcktreten muͤß-
ten. An ein Provociren auf ſolche oder auf lebendige iſt uͤber-
haupt keine Veranlaſſung. — Die Stelle ſelbſt war uͤberhaupt
faſt nicht zu uͤberſehen, dagegen bin ich Herrn D. fuͤr die
Mittheilung einiger anderen aus Handſchriften verpflichtet.
14. An die ſpaͤteren Gebraͤuche mahnen nun auch eine Menge
einzelner Redensarten und Woͤrter, indem ſie ſich entweder
gar erhalten haben, oder doch in demſelben Geiſt eingefuͤhrt ſind.
Hier muß ich vor allen des Worts Merken und Mer-
ker gedenken, deren fruͤhe im Meiſtergeſang beſtimmte Bedeu-
tung man mir gleich abgewieſen hat, weil einige der von mir
in der Schnelle angegebenen Beiſpiele beſſer allgemein verſtan-
den werden muͤſſen 79). Merken heißt bekanntlich in Acht
behalten, und wurde im 13ten Jahrhundert faſt mit Melden
79) Ich hatte das ſelber am erſten berichtigt, (Docens Aufſatz
S. 469. Not. 49.) und habe in dem mir citirten oberliniſchen
W. B. gar nichts Neues geſunden.
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