Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.bei unfehlbar von allen Seiten erörtert und dadurch daß ich Zweierlei wünsche ich, möge überall deutlich bleiben, wie Den wahren Sinn meiner Ansicht kurz und eigenst aus- bei unfehlbar von allen Seiten eroͤrtert und dadurch daß ich Zweierlei wuͤnſche ich, moͤge uͤberall deutlich bleiben, wie Den wahren Sinn meiner Anſicht kurz und eigenſt aus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0035" n="25"/> bei unfehlbar von allen Seiten eroͤrtert und dadurch daß ich<lb/> die Gruͤnde fuͤr den alten Meiſtergeſang auch bei ſeinen vorbe-<lb/> haltenen Minnedichtern eben ſo gut, als bei ſeinen Meiſterſin-<lb/> gern entdecke, im Einzelnen beſtritten werden. Denn darin<lb/> liegt der von <hi rendition="#g">Docen</hi> begehrte Veweis, der Unzertrennlichkeit<lb/> der Minnelieder und alten Meiſtergeſaͤnge, daß in beiden die<lb/> naͤmliche innere Geſtalt und an den Verfaſſern beider die naͤm-<lb/> liche Sitte dargethan werde.</p><lb/> <p>Zweierlei wuͤnſche ich, moͤge uͤberall deutlich bleiben, wie<lb/> um dieſe zwei Puncte dreht ſich meine ganze Meinung, in ih-<lb/> rer Einigung und Durchgreifung liegt mir die ganze Hiſtorie<lb/> des Meiſtergeſangs. Einmal, daß das Lebendige und Gute<lb/> als das Urſpruͤngliche aufgewieſen und erkannt werde, ſelbſt<lb/> noch aus der ſpaͤteſten Entartung; zweitens daß dieſe, oder<lb/> das Toͤdtende als nicht urſpruͤnglich entwickelt, jedoch keimend<lb/> erſcheine. Keines kann in Trennung des Alten vom Neuen<lb/> vollbracht werden. Ich halte es fuͤr den Hauptmangel meiner<lb/> fruͤheren Aufſaͤtze, daß in ihnen das foͤrmliche Princip des<lb/> Meiſtergeſangs, obgleich durch Beiſpiele bewieſen, nicht klar<lb/> ausgeſprochen worden iſt, es fehlte mir dazumal an Zeit zu<lb/> der muͤhſamen Unterſuchung, ohne welche zwar Vorausſetzung<lb/> aber keine Darlegung des Rechten moͤglich war und deren Re-<lb/> ſultat ich gegenwaͤrtig der Pruͤfung des Publicums unterwerfe.</p><lb/> <p>Den wahren Sinn meiner Anſicht kurz und eigenſt aus-<lb/> zudruͤcken, bietet mir der philoſophiſche Sprachgebrauch ein<lb/> Mittel dar, wenn er dem Leſer uͤberall gangbar oder gegenwaͤr-<lb/> tig vorauszuſetzen waͤre: die Identitaͤt des Minne- und Mei-<lb/> ſtergeſangs will ich ausfuͤhren, ihre Einerleiheit leugnen. Daß<lb/> ich fruͤherhin, dieſer Terminologie uneingedenk, den letzten Aus-<lb/> druck einigemal fehlerhaft gebraucht habe, darf mir natuͤrlich<lb/> keinen Schaden thun, uͤberhaupt aber, wen die Worte nichts<lb/> angehen, der halte ſich an die Sache.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [25/0035]
bei unfehlbar von allen Seiten eroͤrtert und dadurch daß ich
die Gruͤnde fuͤr den alten Meiſtergeſang auch bei ſeinen vorbe-
haltenen Minnedichtern eben ſo gut, als bei ſeinen Meiſterſin-
gern entdecke, im Einzelnen beſtritten werden. Denn darin
liegt der von Docen begehrte Veweis, der Unzertrennlichkeit
der Minnelieder und alten Meiſtergeſaͤnge, daß in beiden die
naͤmliche innere Geſtalt und an den Verfaſſern beider die naͤm-
liche Sitte dargethan werde.
Zweierlei wuͤnſche ich, moͤge uͤberall deutlich bleiben, wie
um dieſe zwei Puncte dreht ſich meine ganze Meinung, in ih-
rer Einigung und Durchgreifung liegt mir die ganze Hiſtorie
des Meiſtergeſangs. Einmal, daß das Lebendige und Gute
als das Urſpruͤngliche aufgewieſen und erkannt werde, ſelbſt
noch aus der ſpaͤteſten Entartung; zweitens daß dieſe, oder
das Toͤdtende als nicht urſpruͤnglich entwickelt, jedoch keimend
erſcheine. Keines kann in Trennung des Alten vom Neuen
vollbracht werden. Ich halte es fuͤr den Hauptmangel meiner
fruͤheren Aufſaͤtze, daß in ihnen das foͤrmliche Princip des
Meiſtergeſangs, obgleich durch Beiſpiele bewieſen, nicht klar
ausgeſprochen worden iſt, es fehlte mir dazumal an Zeit zu
der muͤhſamen Unterſuchung, ohne welche zwar Vorausſetzung
aber keine Darlegung des Rechten moͤglich war und deren Re-
ſultat ich gegenwaͤrtig der Pruͤfung des Publicums unterwerfe.
Den wahren Sinn meiner Anſicht kurz und eigenſt aus-
zudruͤcken, bietet mir der philoſophiſche Sprachgebrauch ein
Mittel dar, wenn er dem Leſer uͤberall gangbar oder gegenwaͤr-
tig vorauszuſetzen waͤre: die Identitaͤt des Minne- und Mei-
ſtergeſangs will ich ausfuͤhren, ihre Einerleiheit leugnen. Daß
ich fruͤherhin, dieſer Terminologie uneingedenk, den letzten Aus-
druck einigemal fehlerhaft gebraucht habe, darf mir natuͤrlich
keinen Schaden thun, uͤberhaupt aber, wen die Worte nichts
angehen, der halte ſich an die Sache.
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