Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.hen als unter Lied. Nicht weniger mangelhaft ist die andere Große Hülfe gewährt uns ferner das Verständniß der 46) Wie könnte auch Gottfried (im Tristan) sagen: einen Leich thun" wenn das Lied hieße. (v. 3490.) 47) Ich erinnere an die analoge Verwandtschaft von ludere und illudere. 48) Zur Bestätigung des Gesagten vergl. man eine interessante Stelle
im König Rother, der aus einer frühern Zeit ist, v. 171 -- 175 und 2510 -- 2526. Die Beziehung auf die Harfe ist ganz deutlich, und Liet in den Versen 1826. 1907 etc. gewiß was anderes als Leich. Auch die Nibelungen unterscheiden das Liet- Singen (v. 6835.) vom Leich-Spielen (8085. 8115.) hen als unter Lied. Nicht weniger mangelhaft iſt die andere Große Huͤlfe gewaͤhrt uns ferner das Verſtaͤndniß der 46) Wie koͤnnte auch Gottfried (im Triſtan) ſagen: einen Leich thun“ wenn das Lied hieße. (v. 3490.) 47) Ich erinnere an die analoge Verwandtſchaft von ludere und illudere. 48) Zur Beſtaͤtigung des Geſagten vergl. man eine intereſſante Stelle
im Koͤnig Rother, der aus einer fruͤhern Zeit iſt, v. 171 — 175 und 2510 — 2526. Die Beziehung auf die Harfe iſt ganz deutlich, und Liet in den Verſen 1826. 1907 ꝛc. gewiß was anderes als Leich. Auch die Nibelungen unterſcheiden das Liet- Singen (v. 6835.) vom Leich-Spielen (8085. 8115.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0074" n="64"/> hen als unter Lied. Nicht weniger mangelhaft iſt die andere<lb/> aus <hi rendition="#aq">Lais,</hi> Leiſen, wegen des fehlenden ſ. Jedermann ſieht,<lb/> daß in der uns noͤthigen Wurzel das k oder ch die Characte-<lb/> riſtik gibt und die einzig richtige Etymologie iſt in <hi rendition="#aq">laikan,</hi><lb/> ſchwed. <hi rendition="#aq">leka,</hi> islaͤnd. <hi rendition="#aq">leika,</hi> daͤn. <hi rendition="#aq">leege</hi> = <hi rendition="#g">ſpielen</hi>, wie denn<lb/> auch das im Deutſchen uͤblich geweſene Verbum laichen, lei-<lb/> chen nichts anders heißt und ſchon alle Gedanken an Lied haͤtte<lb/> entfernen muͤſſen, aus deſſen Wurzel ſich ſchwerlich ein ſolches<lb/> Activum bilden kann <note place="foot" n="46)">Wie koͤnnte auch <hi rendition="#g">Gottfried</hi> (im Triſtan) ſagen: einen<lb/><hi rendition="#g">Leich thun</hi>“ wenn das Lied hieße. (<hi rendition="#aq">v.</hi> 3490.)</note>. Mit leichen iſt ganz uͤberein das<lb/><hi rendition="#aq">leccare</hi> der romaniſchen Sprachen, nur daß hier die ſpaͤter<lb/> auch in den deutſchen Mundarten hinzutretende Nebenbedeu-<lb/> tung von betriegen und ſchmeicheln vordrang <note place="foot" n="47)">Ich erinnere an die analoge Verwandtſchaft von <hi rendition="#aq">ludere</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">illudere.</hi></note>, weil die Spiel-<lb/> leute ein gemeines, kriechendes und verachtetes Leben zu fuͤh-<lb/> ren anfingen. <hi rendition="#aq">Leccator</hi> und <hi rendition="#aq">lecheour</hi> heißt erſt ein Spiel-<lb/> mann (wie <hi rendition="#aq">lekar</hi> oder <hi rendition="#aq">leikar</hi> auf isl.) und dann ein nichts-<lb/> nutziger Menſch, ein Lecker. Aus allem dem folgt: Leich iſt<lb/> ein in Deutſchland laͤngſt uͤbliches Wort, nicht dem Franzoͤſi-<lb/> ſchen nach uͤberſetzt, und hat, wenn man ſich darunter einen<lb/> Geſang denkt, durchaus die Nebenidee eines Spiels oder In-<lb/> ſtruments <note place="foot" n="48)">Zur Beſtaͤtigung des Geſagten vergl. man eine intereſſante Stelle<lb/> im Koͤnig <hi rendition="#g">Rother</hi>, der aus einer fruͤhern Zeit iſt, <hi rendition="#aq">v.</hi> 171 —<lb/> 175 und 2510 — 2526. Die Beziehung auf die Harfe iſt ganz<lb/> deutlich, und Liet in den Verſen 1826. 1907 ꝛc. gewiß was<lb/> anderes als Leich. Auch die Nibelungen unterſcheiden das Liet-<lb/> Singen (<hi rendition="#aq">v.</hi> 6835.) vom Leich-Spielen (8085. 8115.)</note>. Spielen kann nicht: bloß Singen bedeuten.</p><lb/> <p>Große Huͤlfe gewaͤhrt uns ferner das Verſtaͤndniß der<lb/> Form. In der maneßiſchen Sammlung ſtehen mehrere Ge-<lb/> dichte, in denen etwas Unregelmaͤßiges vorherrſcht, und die<lb/> ſich nicht immer in wiederkehrende Strophen eintheilen laſſen,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0074]
hen als unter Lied. Nicht weniger mangelhaft iſt die andere
aus Lais, Leiſen, wegen des fehlenden ſ. Jedermann ſieht,
daß in der uns noͤthigen Wurzel das k oder ch die Characte-
riſtik gibt und die einzig richtige Etymologie iſt in laikan,
ſchwed. leka, islaͤnd. leika, daͤn. leege = ſpielen, wie denn
auch das im Deutſchen uͤblich geweſene Verbum laichen, lei-
chen nichts anders heißt und ſchon alle Gedanken an Lied haͤtte
entfernen muͤſſen, aus deſſen Wurzel ſich ſchwerlich ein ſolches
Activum bilden kann 46). Mit leichen iſt ganz uͤberein das
leccare der romaniſchen Sprachen, nur daß hier die ſpaͤter
auch in den deutſchen Mundarten hinzutretende Nebenbedeu-
tung von betriegen und ſchmeicheln vordrang 47), weil die Spiel-
leute ein gemeines, kriechendes und verachtetes Leben zu fuͤh-
ren anfingen. Leccator und lecheour heißt erſt ein Spiel-
mann (wie lekar oder leikar auf isl.) und dann ein nichts-
nutziger Menſch, ein Lecker. Aus allem dem folgt: Leich iſt
ein in Deutſchland laͤngſt uͤbliches Wort, nicht dem Franzoͤſi-
ſchen nach uͤberſetzt, und hat, wenn man ſich darunter einen
Geſang denkt, durchaus die Nebenidee eines Spiels oder In-
ſtruments 48). Spielen kann nicht: bloß Singen bedeuten.
Große Huͤlfe gewaͤhrt uns ferner das Verſtaͤndniß der
Form. In der maneßiſchen Sammlung ſtehen mehrere Ge-
dichte, in denen etwas Unregelmaͤßiges vorherrſcht, und die
ſich nicht immer in wiederkehrende Strophen eintheilen laſſen,
46) Wie koͤnnte auch Gottfried (im Triſtan) ſagen: einen
Leich thun“ wenn das Lied hieße. (v. 3490.)
47) Ich erinnere an die analoge Verwandtſchaft von ludere und
illudere.
48) Zur Beſtaͤtigung des Geſagten vergl. man eine intereſſante Stelle
im Koͤnig Rother, der aus einer fruͤhern Zeit iſt, v. 171 —
175 und 2510 — 2526. Die Beziehung auf die Harfe iſt ganz
deutlich, und Liet in den Verſen 1826. 1907 ꝛc. gewiß was
anderes als Leich. Auch die Nibelungen unterſcheiden das Liet-
Singen (v. 6835.) vom Leich-Spielen (8085. 8115.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |