Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.zeichnete Vorneigung des Thüringer 59) Landgrafen und eini- Dieß ist meine Vorstellung von Verbindung der früheren 59) Man lese wie Walter (im Weingartn. Cod.) den Thüringer Hof lobpreist. Fragm. u. kl. Ged. pag XLVII. 60) Wo man z. B. noch von dem eigentlichen Meister (Tonerfinder)
den eingeschriebenen Gesellschafter zu unterscheiden wußte. Je- doch hat man sich diese Gesellschaft nicht so fest, wie eine an- dere Zunft vorzustellen. zeichnete Vorneigung des Thuͤringer 59) Landgrafen und eini- Dieß iſt meine Vorſtellung von Verbindung der fruͤheren 59) Man leſe wie Walter (im Weingartn. Cod.) den Thuͤringer Hof lobpreiſt. Fragm. u. kl. Ged. pag XLVII. 60) Wo man z. B. noch von dem eigentlichen Meiſter (Tonerfinder)
den eingeſchriebenen Geſellſchafter zu unterſcheiden wußte. Je- doch hat man ſich dieſe Geſellſchaft nicht ſo feſt, wie eine an- dere Zunft vorzuſtellen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0086" n="76"/> zeichnete Vorneigung des Thuͤringer <note place="foot" n="59)">Man leſe wie <hi rendition="#g">Walter</hi> (im Weingartn. Cod.) den Thuͤringer<lb/> Hof lobpreiſt. Fragm. u. kl. Ged. <hi rendition="#aq">pag XLVII.</hi></note> Landgrafen und eini-<lb/> ger anderen that, war nicht uͤberall ſo, und dennoch haben<lb/> die Dichter vielleicht nie eine lange Zeit in Eiſenach zugebracht;<lb/> von Walter wiſſen wir, daß er noch haͤufiger in Oeſtreich<lb/> lebte, wo auch Ofterdingen, wohl ſchon ſeinem Geburtsort<lb/> nach, mehr einheimiſch geweſen. Es konnten ſich ſogar unter<lb/> den Dichtern eines Orts Streitigkeiten und Parteien bilden,<lb/> was hernach z. B. unter den Straßburger Meiſtern wegen ih-<lb/> rer buͤrgerlich bruͤderlichen Verbindung ganz undenkbar geweſen<lb/> waͤre, allein wirklich noch im 14ten Jahrh, eingetreten iſt.<lb/> Daher wir denn dieſe engere Geſellſchaft nicht in das Weſen<lb/> des Meiſterſangs hineinlegen duͤrfen. Daß Schuͤler ſich an<lb/> ihre Lehrer hielten und mit ihnen vielleicht herumzogen, iſt et-<lb/> was ganz anderes, wenn man hiernach eine merkwuͤrdige Stelle<lb/> im Triſtan auslegen will, (<hi rendition="#aq">v.</hi> 4696.), wo Gottfried von Wal-<lb/> ter und deſſen werther Companie ſpricht. Es ſcheint auch<lb/> glaublich, daß ſich die Saͤnger zuweilen nach den Landſchaften<lb/> zuſammengerechnet, Gervelyn (<hi rendition="#aq">CCIV.</hi>) wirft dem Miſner vor,<lb/> er mißgoͤnne dem Marner, aber es gebe noch andere wohl-<lb/> dichtende Saͤnger <hi rendition="#g">in Oſterfranken</hi>. Man ſehe auch Maneße<lb/> 2. 207<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi></hi>. von Singern <hi rendition="#g">bei Rhein</hi>.</p><lb/> <p>Dieß iſt meine Vorſtellung von Verbindung der fruͤheren<lb/> Meiſter unter einander; ſie muß durchaus exiſtirt haben, wenn<lb/> man ſich darunter eine Anerkennung der Genoſſenſchaft in Be-<lb/> folgung gleicher Kunſtregel und unterſchieden von den Saͤngern<lb/> des Volks denkt; eine ſo foͤrmliche Geſellſchaft, als ſpaͤter<lb/> daraus geworden <note place="foot" n="60)">Wo man z. B. noch von dem eigentlichen Meiſter (Tonerfinder)<lb/> den eingeſchriebenen Geſellſchafter zu unterſcheiden wußte. Je-<lb/> doch hat man ſich dieſe Geſellſchaft nicht ſo feſt, wie eine an-<lb/> dere Zunft vorzuſtellen.</note>, in dieſer Fruͤhe anzunehmen, iſt mir<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0086]
zeichnete Vorneigung des Thuͤringer 59) Landgrafen und eini-
ger anderen that, war nicht uͤberall ſo, und dennoch haben
die Dichter vielleicht nie eine lange Zeit in Eiſenach zugebracht;
von Walter wiſſen wir, daß er noch haͤufiger in Oeſtreich
lebte, wo auch Ofterdingen, wohl ſchon ſeinem Geburtsort
nach, mehr einheimiſch geweſen. Es konnten ſich ſogar unter
den Dichtern eines Orts Streitigkeiten und Parteien bilden,
was hernach z. B. unter den Straßburger Meiſtern wegen ih-
rer buͤrgerlich bruͤderlichen Verbindung ganz undenkbar geweſen
waͤre, allein wirklich noch im 14ten Jahrh, eingetreten iſt.
Daher wir denn dieſe engere Geſellſchaft nicht in das Weſen
des Meiſterſangs hineinlegen duͤrfen. Daß Schuͤler ſich an
ihre Lehrer hielten und mit ihnen vielleicht herumzogen, iſt et-
was ganz anderes, wenn man hiernach eine merkwuͤrdige Stelle
im Triſtan auslegen will, (v. 4696.), wo Gottfried von Wal-
ter und deſſen werther Companie ſpricht. Es ſcheint auch
glaublich, daß ſich die Saͤnger zuweilen nach den Landſchaften
zuſammengerechnet, Gervelyn (CCIV.) wirft dem Miſner vor,
er mißgoͤnne dem Marner, aber es gebe noch andere wohl-
dichtende Saͤnger in Oſterfranken. Man ſehe auch Maneße
2. 207a. von Singern bei Rhein.
Dieß iſt meine Vorſtellung von Verbindung der fruͤheren
Meiſter unter einander; ſie muß durchaus exiſtirt haben, wenn
man ſich darunter eine Anerkennung der Genoſſenſchaft in Be-
folgung gleicher Kunſtregel und unterſchieden von den Saͤngern
des Volks denkt; eine ſo foͤrmliche Geſellſchaft, als ſpaͤter
daraus geworden 60), in dieſer Fruͤhe anzunehmen, iſt mir
59) Man leſe wie Walter (im Weingartn. Cod.) den Thuͤringer
Hof lobpreiſt. Fragm. u. kl. Ged. pag XLVII.
60) Wo man z. B. noch von dem eigentlichen Meiſter (Tonerfinder)
den eingeſchriebenen Geſellſchafter zu unterſcheiden wußte. Je-
doch hat man ſich dieſe Geſellſchaft nicht ſo feſt, wie eine an-
dere Zunft vorzuſtellen.
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Zitationshilfe: | Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/86>, abgerufen am 16.02.2025. |