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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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hierher, und wollte den Einlass erzwingen. Da sie aber nichts auszurichten vermochten, zogen sie wieder ab, nachdem sie vorher Reichelsheim in Brand gesteckt hatten, wodurch sechszehn Gebäude ein Raub der Flammen wurden. Schon im vorhergehenden Jahre waren alle Flecken und Dörfer des Freiensteiner Amtes, des Amtes Michelstadt, Erbach, Reichenberg und Schönberg, ungeachtet der erhaltenen Schutzwache, von den Bayerischen Truppen unter dem Grafen Anhalt geplündert, und bei dieser Gelegenheit selbst die Kelche und Ornamente der Kirche zu Reichelsheim nicht verschont worden. Ausserdem litten die Aemter Schönberg und Reichenberg in jener Zeit viel durch Lieferungen, die ihnen bei der Belagerung und nach Eroberung der beiden Pfälzischen Schlösser Lindenfels und Otzberg auferlegt wurden.

Das Schloss Reichenberg war einst die Residenz der Grafen von Erbach. Seit diese ihren Sitz aber nach Erbach verlegt haben, zerfiel des Schloss nach und nach; zum Theile wurde es auch absichtlich abgetragen. Jetzt sieht man nur noch die Trümmer davon, aus welchen sich mehrere neuere bewohnte Oeconomiegebäude stattlich emporheben.

Von der Höhe des Reichenberges erblickt man das darunter liegende frische Wiesenthal, den Marktflecken Reichelsheim, der sich von hier aus besser ausnimmt, als in seinem Inneren; und fernehin, breitet sich eine herrliche Aussicht durch das Gersprenzthal über liebliche Auen gegen die Ebene nach dem Main hin, und nach dem Otzberge; in entgegengesetzter Richtung aber erblickt man die Burg Lindenfels und an derselben vorüber die Höhen des Wachenberges bei Weinheim.

Unterhalb Brensbach wendet sich die bis dahin ganz nach Norden laufende Gersprenz auf eine Strecke nordwestlich, bis sie bei Grossbiberau wieder ihre vorige nördliche Richtung nimmt. Brensbach hiess ehemals Brendisbach und Breinsbach, und es gab eine adelige Familie, die sich nach diesem Orte benannte und wahrscheinlich den Ort als Fuldische Lehnsleute besassen. Sie bildeten vielleicht eine Seitenlinie der Familie von Echter, da diese nach dem Aussterben dieser Linie in den Besitz ihrer Güter kam. Wir finden in Urkunden von den Jahren 1357, 1361, 1368, 1371, 1410 und 1447 Mitglieder der edeln Familie von Brensbach, und aus einer Urkunde von 1461 ersehen wir,

hierher, und wollte den Einlass erzwingen. Da sie aber nichts auszurichten vermochten, zogen sie wieder ab, nachdem sie vorher Reichelsheim in Brand gesteckt hatten, wodurch sechszehn Gebäude ein Raub der Flammen wurden. Schon im vorhergehenden Jahre waren alle Flecken und Dörfer des Freiensteiner Amtes, des Amtes Michelstadt, Erbach, Reichenberg und Schönberg, ungeachtet der erhaltenen Schutzwache, von den Bayerischen Truppen unter dem Grafen Anhalt geplündert, und bei dieser Gelegenheit selbst die Kelche und Ornamente der Kirche zu Reichelsheim nicht verschont worden. Ausserdem litten die Aemter Schönberg und Reichenberg in jener Zeit viel durch Lieferungen, die ihnen bei der Belagerung und nach Eroberung der beiden Pfälzischen Schlösser Lindenfels und Otzberg auferlegt wurden.

Das Schloss Reichenberg war einst die Residenz der Grafen von Erbach. Seit diese ihren Sitz aber nach Erbach verlegt haben, zerfiel des Schloss nach und nach; zum Theile wurde es auch absichtlich abgetragen. Jetzt sieht man nur noch die Trümmer davon, aus welchen sich mehrere neuere bewohnte Oeconomiegebäude stattlich emporheben.

Von der Höhe des Reichenberges erblickt man das darunter liegende frische Wiesenthal, den Marktflecken Reichelsheim, der sich von hier aus besser ausnimmt, als in seinem Inneren; und fernehin, breitet sich eine herrliche Aussicht durch das Gersprenzthal über liebliche Auen gegen die Ebene nach dem Main hin, und nach dem Otzberge; in entgegengesetzter Richtung aber erblickt man die Burg Lindenfels und an derselben vorüber die Höhen des Wachenberges bei Weinheim.

Unterhalb Brensbach wendet sich die bis dahin ganz nach Norden laufende Gersprenz auf eine Strecke nordwestlich, bis sie bei Grossbiberau wieder ihre vorige nördliche Richtung nimmt. Brensbach hiess ehemals Brendisbach und Breinsbach, und es gab eine adelige Familie, die sich nach diesem Orte benannte und wahrscheinlich den Ort als Fuldische Lehnsleute besassen. Sie bildeten vielleicht eine Seitenlinie der Familie von Echter, da diese nach dem Aussterben dieser Linie in den Besitz ihrer Güter kam. Wir finden in Urkunden von den Jahren 1357, 1361, 1368, 1371, 1410 und 1447 Mitglieder der edeln Familie von Brensbach, und aus einer Urkunde von 1461 ersehen wir,

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[35/0035] hierher, und wollte den Einlass erzwingen. Da sie aber nichts auszurichten vermochten, zogen sie wieder ab, nachdem sie vorher Reichelsheim in Brand gesteckt hatten, wodurch sechszehn Gebäude ein Raub der Flammen wurden. Schon im vorhergehenden Jahre waren alle Flecken und Dörfer des Freiensteiner Amtes, des Amtes Michelstadt, Erbach, Reichenberg und Schönberg, ungeachtet der erhaltenen Schutzwache, von den Bayerischen Truppen unter dem Grafen Anhalt geplündert, und bei dieser Gelegenheit selbst die Kelche und Ornamente der Kirche zu Reichelsheim nicht verschont worden. Ausserdem litten die Aemter Schönberg und Reichenberg in jener Zeit viel durch Lieferungen, die ihnen bei der Belagerung und nach Eroberung der beiden Pfälzischen Schlösser Lindenfels und Otzberg auferlegt wurden. Das Schloss Reichenberg war einst die Residenz der Grafen von Erbach. Seit diese ihren Sitz aber nach Erbach verlegt haben, zerfiel des Schloss nach und nach; zum Theile wurde es auch absichtlich abgetragen. Jetzt sieht man nur noch die Trümmer davon, aus welchen sich mehrere neuere bewohnte Oeconomiegebäude stattlich emporheben. Von der Höhe des Reichenberges erblickt man das darunter liegende frische Wiesenthal, den Marktflecken Reichelsheim, der sich von hier aus besser ausnimmt, als in seinem Inneren; und fernehin, breitet sich eine herrliche Aussicht durch das Gersprenzthal über liebliche Auen gegen die Ebene nach dem Main hin, und nach dem Otzberge; in entgegengesetzter Richtung aber erblickt man die Burg Lindenfels und an derselben vorüber die Höhen des Wachenberges bei Weinheim. Unterhalb Brensbach wendet sich die bis dahin ganz nach Norden laufende Gersprenz auf eine Strecke nordwestlich, bis sie bei Grossbiberau wieder ihre vorige nördliche Richtung nimmt. Brensbach hiess ehemals Brendisbach und Breinsbach, und es gab eine adelige Familie, die sich nach diesem Orte benannte und wahrscheinlich den Ort als Fuldische Lehnsleute besassen. Sie bildeten vielleicht eine Seitenlinie der Familie von Echter, da diese nach dem Aussterben dieser Linie in den Besitz ihrer Güter kam. Wir finden in Urkunden von den Jahren 1357, 1361, 1368, 1371, 1410 und 1447 Mitglieder der edeln Familie von Brensbach, und aus einer Urkunde von 1461 ersehen wir,

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/35>, abgerufen am 23.11.2024.