Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.z. B. in der Schenkungsurkunde Dagoberts vom Jahre 628, durch welche er den zum Lobdengau gehörigen Theil des Odenwaldes dem Bisthum Worms ertheilt. Wollte man die Aechtheit dieser Urkunde aber bezweifeln, so kommt sein Name doch in den diese Schenkung bestätigenden Urkunden Pipins und Karls des Grossen vor. Endlich schenkte Ludwig der Fromme im Jahre 815 dem Geheimschreiber Karls des Grossen, Eginhard und seiner Gemahlin Imma den Ort "Michlinstadt im Odonewald." - Nicht minder unrichtig erscheint auch die Ableitung von Ostenwald, im Gegensatze von dem Westerwalde, wenn man sich die Lage dieser beiden Waldgegenden zu einander vergegenwärtiget. Odenwald aber von "öde, öder Wald" herzuleiten, ist allerdings lächerlich. In alten Zeiten wäre die Oede dieses Waldes vor andern wohl schwerlich so sehr aufgefallen, dass man ihn darnach benannt hätte. Weniger gesucht, und daher wahrscheinlicher, ist noch die Ableitung von Odin oder Wodan dem Jupiter der alten Deutschen. Sie verehrten ihn ja nach Tacitus in Wäldern und Hainen, die sie überhaupt ihren Göttern heiligten und nach ihnen benannten. Nichts widerstreitet der Vermuthung, dass dieser Gott in den alten Hainen des Odenwaldes besonders verehrt worden, und die ganze Gebirgsgegend davon Odinwald hiess, woraus die Umwandlung in Odenwald ja sehr leicht erklärlich ist. Doch ist auch diess nur eine Vermuthung, die aller nähern Hinweisungen aus der Vorzeit entbehrt. Obgleich der Odenwald ein Gebirgsland ist, so trifft man doch keine hohe Berge darin; die höchsten Punkte ragen noch nicht 2000 Fuss über die Meeresfläche empor. Ein ziemlich zusammenhängender Gebirgsrücken durchzieht den Odenwald in der Mitte zwischen dem Main und Neckar, eine Schneeschmelze oder Wasserscheide bildend, von welcher die Quellen nach Süden und Norden hinabfliessen, und sich in diese beiden Nebenflüsse des Rheines ergiessen, während die andern, auf der Westseite nach der Bergstrasse heraustretend, ihr Wasser dem Hauptstrome unmittelbar zusenden. Diese Wasserscheide beginnt auf der Spitze des Melibokus, zieht östlich über den Felsberg oberhalb Bedenkirchen und Brandau vorbei nach der Neunkircher Höhe. Von dort wendet sie sich südöstlich, streicht an Oberostern vorbei bis z. B. in der Schenkungsurkunde Dagoberts vom Jahre 628, durch welche er den zum Lobdengau gehörigen Theil des Odenwaldes dem Bisthum Worms ertheilt. Wollte man die Aechtheit dieser Urkunde aber bezweifeln, so kommt sein Name doch in den diese Schenkung bestätigenden Urkunden Pipins und Karls des Grossen vor. Endlich schenkte Ludwig der Fromme im Jahre 815 dem Geheimschreiber Karls des Grossen, Eginhard und seiner Gemahlin Imma den Ort „Michlinstadt im Odonewald.“ – Nicht minder unrichtig erscheint auch die Ableitung von Ostenwald, im Gegensatze von dem Westerwalde, wenn man sich die Lage dieser beiden Waldgegenden zu einander vergegenwärtiget. Odenwald aber von „öde, öder Wald“ herzuleiten, ist allerdings lächerlich. In alten Zeiten wäre die Oede dieses Waldes vor andern wohl schwerlich so sehr aufgefallen, dass man ihn darnach benannt hätte. Weniger gesucht, und daher wahrscheinlicher, ist noch die Ableitung von Odin oder Wodan dem Jupiter der alten Deutschen. Sie verehrten ihn ja nach Tacitus in Wäldern und Hainen, die sie überhaupt ihren Göttern heiligten und nach ihnen benannten. Nichts widerstreitet der Vermuthung, dass dieser Gott in den alten Hainen des Odenwaldes besonders verehrt worden, und die ganze Gebirgsgegend davon Odinwald hiess, woraus die Umwandlung in Odenwald ja sehr leicht erklärlich ist. Doch ist auch diess nur eine Vermuthung, die aller nähern Hinweisungen aus der Vorzeit entbehrt. Obgleich der Odenwald ein Gebirgsland ist, so trifft man doch keine hohe Berge darin; die höchsten Punkte ragen noch nicht 2000 Fuss über die Meeresfläche empor. Ein ziemlich zusammenhängender Gebirgsrücken durchzieht den Odenwald in der Mitte zwischen dem Main und Neckar, eine Schneeschmelze oder Wasserscheide bildend, von welcher die Quellen nach Süden und Norden hinabfliessen, und sich in diese beiden Nebenflüsse des Rheines ergiessen, während die andern, auf der Westseite nach der Bergstrasse heraustretend, ihr Wasser dem Hauptstrome unmittelbar zusenden. 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z. B. in der Schenkungsurkunde Dagoberts vom Jahre 628, durch welche er den zum Lobdengau gehörigen Theil des Odenwaldes dem Bisthum Worms ertheilt. Wollte man die Aechtheit dieser Urkunde aber bezweifeln, so kommt sein Name doch in den diese Schenkung bestätigenden Urkunden Pipins und Karls des Grossen vor. Endlich schenkte Ludwig der Fromme im Jahre 815 dem Geheimschreiber Karls des Grossen, Eginhard und seiner Gemahlin Imma den Ort „Michlinstadt im Odonewald.“ –
Nicht minder unrichtig erscheint auch die Ableitung von Ostenwald, im Gegensatze von dem Westerwalde, wenn man sich die Lage dieser beiden Waldgegenden zu einander vergegenwärtiget. Odenwald aber von „öde, öder Wald“ herzuleiten, ist allerdings lächerlich. In alten Zeiten wäre die Oede dieses Waldes vor andern wohl schwerlich so sehr aufgefallen, dass man ihn darnach benannt hätte.
Weniger gesucht, und daher wahrscheinlicher, ist noch die Ableitung von Odin oder Wodan dem Jupiter der alten Deutschen. Sie verehrten ihn ja nach Tacitus in Wäldern und Hainen, die sie überhaupt ihren Göttern heiligten und nach ihnen benannten. Nichts widerstreitet der Vermuthung, dass dieser Gott in den alten Hainen des Odenwaldes besonders verehrt worden, und die ganze Gebirgsgegend davon Odinwald hiess, woraus die Umwandlung in Odenwald ja sehr leicht erklärlich ist. Doch ist auch diess nur eine Vermuthung, die aller nähern Hinweisungen aus der Vorzeit entbehrt.
Obgleich der Odenwald ein Gebirgsland ist, so trifft man doch keine hohe Berge darin; die höchsten Punkte ragen noch nicht 2000 Fuss über die Meeresfläche empor. Ein ziemlich zusammenhängender Gebirgsrücken durchzieht den Odenwald in der Mitte zwischen dem Main und Neckar, eine Schneeschmelze oder Wasserscheide bildend, von welcher die Quellen nach Süden und Norden hinabfliessen, und sich in diese beiden Nebenflüsse des Rheines ergiessen, während die andern, auf der Westseite nach der Bergstrasse heraustretend, ihr Wasser dem Hauptstrome unmittelbar zusenden. Diese Wasserscheide beginnt auf der Spitze des Melibokus, zieht östlich über den Felsberg oberhalb Bedenkirchen und Brandau vorbei nach der Neunkircher Höhe. Von dort wendet sie sich südöstlich, streicht an Oberostern vorbei bis
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