Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

ohnwilligen Leuten erpressen müste; ich verwundert
mich über dieses Herren redlich Gemüth/ wolte aber
drumb nicht/ daß der verstelte Bott länger bey mir
bleiben: noch etwas mehrers vor mich außlegen sol-
te mit Vorwandt/ daß ich allbereit mehr als zuviel
Ehr und Gutthaten von ihme empfangen/ die ich
nicht zuwider gelten getraute; in Warheit aber hat-
te ich mir vorgesetzt/ allen Menschlichen Trost zu-
verschmähen/ und in niedrigster Demuth/ Creutz
und Leyden mich allein an den lieben GOtt zulassen;
ich hätte auch von diesem Gefährten weder Weg-
Weisung noch Zährung angenommen/ wann mir
bekandt gewest/ daß er zu solchem Endt abgefertigt
worden wäre;

Als er nun sahe daß ich kurtz rund seine Bey-
wohnung nicht mehr haben wolte/ sonder mich von
ihm wandte/ mit Bitt seinen Herren meinetwegen
zugrüssen/ und ihm nachmahlen vor alle erzeigte
Wohlthaten zu dancken; nam er einen traurigen
Abscheid und sagt/ nun wolan dann werther Simpli-
ci,
ob ihr zwar jetzt nicht glauben möchtet/ wie
hertzlich gern euch mein Herr guts thun möchte/ so
werdet ihrs jedoch erfahren/ wann euch das Futer
im Rock zerbricht/ oder ihr denselben sonst außbes-
seren wolt; und damit gieng er darvon als wann
ihn der Wind hin jagte.

Jch gedachte was mag der Kerl mit diesen
Worten andeuten; ich will ja nimmermehr glau-
ben/ daß seinen Herren diß Futer reuen werde;
nein Simplici, sagte ich zu mir selbst/ er hat diesen
Botten ein so weiten Weg auff seinen Kosten nicht
geschickt/ mir ererst hier auffzurupffen/ daß er mei-

nen
E 4

ohnwilligen Leuten erpreſſen muͤſte; ich verwundert
mich uͤber dieſes Herꝛen redlich Gemuͤth/ wolte aber
drumb nicht/ daß der verſtelte Bott laͤnger bey mir
bleiben: noch etwas mehrers vor mich außlegen ſol-
te mit Vorwandt/ daß ich allbereit mehr als zuviel
Ehr und Gutthaten von ihme empfangen/ die ich
nicht zuwider gelten getraute; in Warheit aber hat-
te ich mir vorgeſetzt/ allen Menſchlichen Troſt zu-
verſchmaͤhen/ und in niedrigſter Demuth/ Creutz
und Leyden mich allein an den lieben GOtt zulaſſen;
ich haͤtte auch von dieſem Gefaͤhrten weder Weg-
Weiſung noch Zaͤhrung angenommen/ wann mir
bekandt geweſt/ daß er zu ſolchem Endt abgefertigt
worden waͤre;

Als er nun ſahe daß ich kurtz rund ſeine Bey-
wohnung nicht mehr haben wolte/ ſonder mich von
ihm wandte/ mit Bitt ſeinen Herꝛen meinetwegen
zugruͤſſen/ und ihm nachmahlen vor alle erzeigte
Wohlthaten zu dancken; nam er einen traurigen
Abſcheid und ſagt/ nun wolan dann werther Simpli-
ci,
ob ihr zwar jetzt nicht glauben moͤchtet/ wie
hertzlich gern euch mein Herꝛ guts thun moͤchte/ ſo
werdet ihrs jedoch erfahren/ wann euch das Futer
im Rock zerbricht/ oder ihr denſelben ſonſt außbeſ-
ſeren wolt; und damit gieng er darvon als wann
ihn der Wind hin jagte.

Jch gedachte was mag der Kerl mit dieſen
Worten andeuten; ich will ja nimmermehr glau-
ben/ daß ſeinen Herꝛen diß Futer reuen werde;
nein Simplici, ſagte ich zu mir ſelbſt/ er hat dieſen
Botten ein ſo weiten Weg auff ſeinen Koſten nicht
geſchickt/ mir ererſt hier auffzurupffen/ daß er mei-

nen
E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0107"/>
ohnwilligen Leuten erpre&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;te; ich verwundert<lb/>
mich u&#x0364;ber die&#x017F;es Her&#xA75B;en redlich Gemu&#x0364;th/ wolte aber<lb/>
drumb nicht/ daß der ver&#x017F;telte Bott la&#x0364;nger bey mir<lb/>
bleiben: noch etwas mehrers vor mich außlegen &#x017F;ol-<lb/>
te mit Vorwandt/ daß ich allbereit mehr als zuviel<lb/>
Ehr und Gutthaten von ihme empfangen/ die ich<lb/>
nicht zuwider gelten getraute; in Warheit aber hat-<lb/>
te ich mir vorge&#x017F;etzt/ allen Men&#x017F;chlichen Tro&#x017F;t zu-<lb/>
ver&#x017F;chma&#x0364;hen/ und in niedrig&#x017F;ter Demuth/ Creutz<lb/>
und Leyden mich allein an den lieben GOtt zula&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
ich ha&#x0364;tte auch von die&#x017F;em Gefa&#x0364;hrten weder Weg-<lb/>
Wei&#x017F;ung noch Za&#x0364;hrung angenommen/ wann mir<lb/>
bekandt gewe&#x017F;t/ daß er zu &#x017F;olchem Endt abgefertigt<lb/>
worden wa&#x0364;re;</p><lb/>
        <p>Als er nun &#x017F;ahe daß ich kurtz rund &#x017F;eine Bey-<lb/>
wohnung nicht mehr haben wolte/ &#x017F;onder mich von<lb/>
ihm wandte/ mit Bitt &#x017F;einen Her&#xA75B;en meinetwegen<lb/>
zugru&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und ihm nachmahlen vor alle erzeigte<lb/>
Wohlthaten zu dancken; nam er einen traurigen<lb/>
Ab&#x017F;cheid und &#x017F;agt/ nun wolan dann werther <hi rendition="#aq">Simpli-<lb/>
ci,</hi> ob ihr zwar jetzt nicht glauben mo&#x0364;chtet/ wie<lb/>
hertzlich gern euch mein Her&#xA75B; guts thun mo&#x0364;chte/ &#x017F;o<lb/>
werdet ihrs jedoch erfahren/ wann euch das Futer<lb/>
im Rock zerbricht/ oder ihr den&#x017F;elben &#x017F;on&#x017F;t außbe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;eren wolt; und damit gieng er darvon als wann<lb/>
ihn der Wind hin jagte.</p><lb/>
        <p>Jch gedachte was mag der Kerl mit die&#x017F;en<lb/>
Worten andeuten; ich will ja nimmermehr glau-<lb/>
ben/ daß &#x017F;einen Her&#xA75B;en diß Futer reuen werde;<lb/>
nein <hi rendition="#aq">Simplici,</hi> &#x017F;agte ich zu mir &#x017F;elb&#x017F;t/ er hat die&#x017F;en<lb/>
Botten ein &#x017F;o weiten Weg auff &#x017F;einen Ko&#x017F;ten nicht<lb/>
ge&#x017F;chickt/ mir erer&#x017F;t hier auffzurupffen/ daß er mei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0107] ohnwilligen Leuten erpreſſen muͤſte; ich verwundert mich uͤber dieſes Herꝛen redlich Gemuͤth/ wolte aber drumb nicht/ daß der verſtelte Bott laͤnger bey mir bleiben: noch etwas mehrers vor mich außlegen ſol- te mit Vorwandt/ daß ich allbereit mehr als zuviel Ehr und Gutthaten von ihme empfangen/ die ich nicht zuwider gelten getraute; in Warheit aber hat- te ich mir vorgeſetzt/ allen Menſchlichen Troſt zu- verſchmaͤhen/ und in niedrigſter Demuth/ Creutz und Leyden mich allein an den lieben GOtt zulaſſen; ich haͤtte auch von dieſem Gefaͤhrten weder Weg- Weiſung noch Zaͤhrung angenommen/ wann mir bekandt geweſt/ daß er zu ſolchem Endt abgefertigt worden waͤre; Als er nun ſahe daß ich kurtz rund ſeine Bey- wohnung nicht mehr haben wolte/ ſonder mich von ihm wandte/ mit Bitt ſeinen Herꝛen meinetwegen zugruͤſſen/ und ihm nachmahlen vor alle erzeigte Wohlthaten zu dancken; nam er einen traurigen Abſcheid und ſagt/ nun wolan dann werther Simpli- ci, ob ihr zwar jetzt nicht glauben moͤchtet/ wie hertzlich gern euch mein Herꝛ guts thun moͤchte/ ſo werdet ihrs jedoch erfahren/ wann euch das Futer im Rock zerbricht/ oder ihr denſelben ſonſt außbeſ- ſeren wolt; und damit gieng er darvon als wann ihn der Wind hin jagte. Jch gedachte was mag der Kerl mit dieſen Worten andeuten; ich will ja nimmermehr glau- ben/ daß ſeinen Herꝛen diß Futer reuen werde; nein Simplici, ſagte ich zu mir ſelbſt/ er hat dieſen Botten ein ſo weiten Weg auff ſeinen Koſten nicht geſchickt/ mir ererſt hier auffzurupffen/ daß er mei- nen E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/107
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/107>, abgerufen am 21.11.2024.