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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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genden freundlich corrigirt werden; So ist der
Theologische Stylus beym Herrn Omne (dem ich
aber diese meine Histori erzehle) zu jetzigen Zeiten
leyder auch nicht so gar angenehm/ daß ich mich des-
sen gebrauchen solte; solches kan man an einem
Marckschreyer oder Quacksalber (welche sich selbst
vornehme Aertzt/ Oculisten/ Brüch: und Stein-
schneider nennen/ auch ihre gute pergamentine Brief
und Sigel drüber haben) augenscheinlich abneh-
men/ wann er am offnen Marckt mit seinem Hanß
Wurst oder Hanß Supp auftritt/ und auf den ersten
Schray und phantastischen krummen Sprung sei-
nes Narren mehr Zulauffs und Anhörer bekombt/
als der eyferigste Seelen-Hirt/ der mit allen Glo-
cken dreymahl zusammen leuthen lassen/ seinen an-
vertrauten Schäfflein ein fruchtbare heilsame Pre-
dig zuthun.

Dem sey nuu wie ihm wolle/ ich protestire hiemit
vor aller Welt/ kein schuld zuhaben/ wann sich je-
mand deßwegen ärgert/ daß ich den Simplicissim um
auf die jenige mode außstaffirt/ welche die Leut selbst
erfordern/ wann man jhnen etwas nutzlichs bey brin-
gen will; läst sich aber in dessen ein und anderer der
Hülsen genügen und achtet deß Kernen nicht/ der
darinnen verborgen steckt/ so wird er zwar als von
einer kurtzweiligen Histori seine Zufriedenheit: Aber
gleich wohl das jenig bey weitem nicht erlangen/ was
ich ihn zuberichten aigentlich bedacht gewesen; fahe
demnach widerum an/ wo ichs im End deß fünff-
ten Buchs erwinden lassen.

Daselbst hat der geliebte Leser verstanden/
daß ich widerumb ein Einsidler worden/ auch wa-
rumb solches geschehen; gebühret mir derowegen

nun-
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genden freundlich corrigirt werden; So iſt der
Theologiſche Stylus beym Herꝛn Omne (dem ich
aber dieſe meine Hiſtori erzehle) zu jetzigen Zeiten
leyder auch nicht ſo gar angenehm/ daß ich mich deſ-
ſen gebrauchen ſolte; ſolches kan man an einem
Marckſchreyer oder Quackſalber (welche ſich ſelbſt
vornehme Aertzt/ Oculiſten/ Bruͤch: und Stein-
ſchneider nennen/ auch ihre gute pergamentine Brief
und Sigel druͤber haben) augenſcheinlich abneh-
men/ wann er am offnen Marckt mit ſeinem Hanß
Wurſt oder Hanß Supp auftritt/ und auf den erſten
Schray und phantaſtiſchen krummen Sprung ſei-
nes Narꝛen mehr Zulauffs und Anhoͤrer bekombt/
als der eyferigſte Seelen-Hirt/ der mit allen Glo-
cken dreymahl zuſammen leuthen laſſen/ ſeinen an-
vertrauten Schaͤfflein ein fruchtbare heilſame Pre-
dig zuthun.

Dem ſey nuu wie ihm wolle/ ich proteſtire hiemit
vor aller Welt/ kein ſchuld zuhaben/ wann ſich je-
mand deßwegen aͤrgert/ daß ich den Simpliciſſim um
auf die jenige mode außſtaffirt/ welche die Leut ſelbſt
erfordern/ wann man jhnen etwas nutzlichs bey brin-
gen will; laͤſt ſich aber in deſſen ein und anderer der
Huͤlſen genuͤgen und achtet deß Kernen nicht/ der
darinnen verborgen ſteckt/ ſo wird er zwar als von
einer kurtzweiligen Hiſtori ſeine Zufriedenheit: Aber
gleich wohl das jenig bey weitem nicht erlangen/ was
ich ihn zuberichten aigentlich bedacht geweſen; fahe
demnach widerum an/ wo ichs im End deß fuͤnff-
ten Buchs erwinden laſſen.

Daſelbſt hat der geliebte Leſer verſtanden/
daß ich widerumb ein Einſidler worden/ auch wa-
rumb ſolches geſchehen; gebuͤhret mir derowegen

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/11>, abgerufen am 21.11.2024.