Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

als irgends nur ein Jnstrument deß Leydens Chri-
sti/ darauß wir muthmasseten/ daß er ohne zweiffel
ein Papist seyn müste/ weil uns alles so Päbstisch
vorkam; da stund memento mori auff Latein; dor-
ten Ieschua Hanosrum Melech Haichudim auff
Hebreisch/ an einem andern Ort dergleichen etwas
auff griechisch/ teutsch/ arabisch oder malaisch (wel-
che Sprach durch gantz Jndien gehet) zu keinem
anderen Ende/ als sich der Himmlischen Göttli-
lichen Dinge dabey Christlich zuerinnern; wir fan-
den auch seines Cammerrathen Grabmal/ davon
dieser Teutsche selbst in seines Lebens Erzehlung
Meldung thut/ nicht weniger auch das dritte Creutz/
welche sie beyde am Ufer deß Meers miteinander
auffgerichtet/ wessentwegen dann unser Schiff-
Volck den Ort (vornemblich weil sie gleichsamb an
allen Baumen auch Creutz eingeschnitten stunden)
die Creutz Jnsul nannten; doch waren uns alle sol-
che kurtze und sinnreiche Sprüch lauter rätherisch
und dunckele Oracula, auß denen wir aber gleich-
wol abnehmen kondten/ daß ihr Author kein Narr:
sonder ein sinnreicher Poet: insonderheit aber ein
Gottseeliger Christ seyn müste/ der viel mit Be-
trachtung himmlischer Ding umbgebe; folgender
Reum den wir auch in einem Baum eingeschnitten
fanden/ bedunckte unseren siegen Tröster/ der mit
mir herumb gieng/ und viel auff schriebe was er
fande/ den vornembsten zuseyn/ vielleicht weil er
ihm was neues war/ er lautet also.

Ach allerhöchstes Gut! du wohnest so im Fin-
stern Liecht!
Daß man vor Klarheit groß/ dem grossen
Glantz kan sehen nicht.
dann

als irgends nur ein Jnſtrument deß Leydens Chri-
ſti/ darauß wir muthmaſſeten/ daß er ohne zweiffel
ein Papiſt ſeyn muͤſte/ weil uns alles ſo Paͤbſtiſch
vorkam; da ſtund memento mori auff Latein; dor-
ten Ieſchua Hanoſrum Melech Haichudim auff
Hebreiſch/ an einem andern Ort dergleichen etwas
auff griechiſch/ teutſch/ arabiſch oder malaiſch (wel-
che Sprach durch gantz Jndien gehet) zu keinem
anderen Ende/ als ſich der Himmliſchen Goͤttli-
lichen Dinge dabey Chriſtlich zuerinnern; wir fan-
den auch ſeines Cammerꝛathen Grabmal/ davon
dieſer Teutſche ſelbſt in ſeines Lebens Erzehlung
Meldung thut/ nicht weniger auch das dritte Creutz/
welche ſie beyde am Ufer deß Meers miteinander
auffgerichtet/ weſſentwegen dann unſer Schiff-
Volck den Ort (vornemblich weil ſie gleichſamb an
allen Baumen auch Creutz eingeſchnitten ſtunden)
die Creutz Jnſul nannten; doch waren uns alle ſol-
che kurtze und ſinnreiche Spruͤch lauter raͤtheriſch
und dunckele Oracula, auß denen wir aber gleich-
wol abnehmen kondten/ daß ihr Author kein Narꝛ:
ſonder ein ſinnreicher Poet: inſonderheit aber ein
Gottſeeliger Chriſt ſeyn muͤſte/ der viel mit Be-
trachtung himmliſcher Ding umbgebe; folgender
Reum den wir auch in einem Baum eingeſchnitten
fanden/ bedunckte unſeren ſiegen Troͤſter/ der mit
mir herumb gieng/ und viel auff ſchriebe was er
fande/ den vornembſten zuſeyn/ vielleicht weil er
ihm was neues war/ er lautet alſo.

Ach allerhoͤchſtes Gut! du wohneſt ſo im Fin-
ſtern Liecht!
Daß man vor Klarheit groß/ dem groſſen
Glantz kan ſehen nicht.
dann
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147"/>
als irgends nur ein Jn&#x017F;trument deß Leydens Chri-<lb/>
&#x017F;ti/ darauß wir muthma&#x017F;&#x017F;eten/ daß er ohne zweiffel<lb/>
ein Papi&#x017F;t &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;te/ weil uns alles &#x017F;o Pa&#x0364;b&#x017F;ti&#x017F;ch<lb/>
vorkam; da &#x017F;tund <hi rendition="#aq">memento mori</hi> auff Latein; dor-<lb/>
ten <hi rendition="#aq">Ie&#x017F;chua Hano&#x017F;rum Melech Haichudim</hi> auff<lb/>
Hebrei&#x017F;ch/ an einem andern Ort dergleichen etwas<lb/>
auff griechi&#x017F;ch/ teut&#x017F;ch/ arabi&#x017F;ch oder malai&#x017F;ch (wel-<lb/>
che Sprach durch gantz Jndien gehet) zu keinem<lb/>
anderen Ende/ als &#x017F;ich der Himmli&#x017F;chen Go&#x0364;ttli-<lb/>
lichen Dinge dabey Chri&#x017F;tlich zuerinnern; wir fan-<lb/>
den auch &#x017F;eines Cammer&#xA75B;athen Grabmal/ davon<lb/>
die&#x017F;er Teut&#x017F;che &#x017F;elb&#x017F;t in &#x017F;eines Lebens Erzehlung<lb/>
Meldung thut/ nicht weniger auch das dritte Creutz/<lb/>
welche &#x017F;ie beyde am Ufer deß Meers miteinander<lb/>
auffgerichtet/ we&#x017F;&#x017F;entwegen dann un&#x017F;er Schiff-<lb/>
Volck den Ort (vornemblich weil &#x017F;ie gleich&#x017F;amb an<lb/>
allen Baumen auch Creutz einge&#x017F;chnitten &#x017F;tunden)<lb/>
die Creutz Jn&#x017F;ul nannten; doch waren uns alle &#x017F;ol-<lb/>
che kurtze und &#x017F;innreiche Spru&#x0364;ch lauter ra&#x0364;theri&#x017F;ch<lb/>
und dunckele <hi rendition="#aq">Oracula,</hi> auß denen wir aber gleich-<lb/>
wol abnehmen kondten/ daß ihr <hi rendition="#aq">Author</hi> kein Nar&#xA75B;:<lb/>
&#x017F;onder ein &#x017F;innreicher <hi rendition="#aq">Poet:</hi> in&#x017F;onderheit aber ein<lb/>
Gott&#x017F;eeliger Chri&#x017F;t &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;te/ der viel mit Be-<lb/>
trachtung himmli&#x017F;cher Ding umbgebe; folgender<lb/>
Reum den wir auch in einem Baum einge&#x017F;chnitten<lb/>
fanden/ bedunckte un&#x017F;eren &#x017F;iegen Tro&#x0364;&#x017F;ter/ der mit<lb/>
mir herumb gieng/ und viel auff &#x017F;chriebe was er<lb/>
fande/ den vornemb&#x017F;ten zu&#x017F;eyn/ vielleicht weil er<lb/>
ihm was neues war/ er lautet al&#x017F;o.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Ach allerho&#x0364;ch&#x017F;tes Gut! du wohne&#x017F;t &#x017F;o im Fin-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tern Liecht!</hi> </l><lb/>
          <l>Daß man vor Klarheit groß/ dem gro&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Glantz kan &#x017F;ehen nicht.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">dann</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0147] als irgends nur ein Jnſtrument deß Leydens Chri- ſti/ darauß wir muthmaſſeten/ daß er ohne zweiffel ein Papiſt ſeyn muͤſte/ weil uns alles ſo Paͤbſtiſch vorkam; da ſtund memento mori auff Latein; dor- ten Ieſchua Hanoſrum Melech Haichudim auff Hebreiſch/ an einem andern Ort dergleichen etwas auff griechiſch/ teutſch/ arabiſch oder malaiſch (wel- che Sprach durch gantz Jndien gehet) zu keinem anderen Ende/ als ſich der Himmliſchen Goͤttli- lichen Dinge dabey Chriſtlich zuerinnern; wir fan- den auch ſeines Cammerꝛathen Grabmal/ davon dieſer Teutſche ſelbſt in ſeines Lebens Erzehlung Meldung thut/ nicht weniger auch das dritte Creutz/ welche ſie beyde am Ufer deß Meers miteinander auffgerichtet/ weſſentwegen dann unſer Schiff- Volck den Ort (vornemblich weil ſie gleichſamb an allen Baumen auch Creutz eingeſchnitten ſtunden) die Creutz Jnſul nannten; doch waren uns alle ſol- che kurtze und ſinnreiche Spruͤch lauter raͤtheriſch und dunckele Oracula, auß denen wir aber gleich- wol abnehmen kondten/ daß ihr Author kein Narꝛ: ſonder ein ſinnreicher Poet: inſonderheit aber ein Gottſeeliger Chriſt ſeyn muͤſte/ der viel mit Be- trachtung himmliſcher Ding umbgebe; folgender Reum den wir auch in einem Baum eingeſchnitten fanden/ bedunckte unſeren ſiegen Troͤſter/ der mit mir herumb gieng/ und viel auff ſchriebe was er fande/ den vornembſten zuſeyn/ vielleicht weil er ihm was neues war/ er lautet alſo. Ach allerhoͤchſtes Gut! du wohneſt ſo im Fin- ſtern Liecht! Daß man vor Klarheit groß/ dem groſſen Glantz kan ſehen nicht. dann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/147
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/147>, abgerufen am 21.11.2024.