Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

sonst nicht bald einem jeden zusehen werden/ als von
der Moscau/ Tartarey/ Persien/ China, Türckey/
und unsern Antipotibus, verwundert er sich treff-
lich und tractirte mich mit lauter Veltliner und
Oedtsch-Wein/ er hatte selbst Rom/ Venedig/
Ragusa/ Constantinopel und Alexandriam gese-
hen/ als derowegen ich ihm viel Warzeichen und
Gebräuch von solchen Oertern zu sagen wuste/
glaubte er mir auch was ich ihm von ferneren Län-
dern und Stätten auffschniede/ dann ich regulierte
mich nach Samuels von Golau Reumen/ wann
er spricht

Wer lügen will der leug von ferne!
Wer zeugt dahin erfährets gerne?

Und da ich sahe daß es mir so wol gelunge/ kam ich
mit meiner Erzehlung fast in der gantzen Welt
herumber; da war ich selbst in deß Plinij dicken
Wald gewesen/ welchen man bißweilen bey den
Aquis Curiliis antreffe/ denselben aber hernach/
wann man ihn mit höchstem Fleiß suche/ gleichwol
weder bey Tag noch Nacht mehr finden könne; ich
hatte selbst von dem lieblichen Wunder-Gewächs
Borametz in der Tartarey gessen; und wiewol ich
dasselbe mein Tage nicht gesehen/ so kondte ich je-
doch meinem Wirth von dessen anmüthigem Ge-
schmack dermassen discuriren/ daß ihm das Maul
wässerig davon wurde; ich sagte/ es hat ein Fleisch-
lein wie ein Krebs/ das hat ein Farb wie ein Rubin
oder rother Pfersig/ und einen Geruch der Sach
beydes den Melonen und Pomerantzen vergleicht;
benebens erzehlte ich ihm auch in was Schlachten/
Scharmützlen und Belägerungen ich mein Tage
gewesen wär/ log aber auch etwas mehrers darzu/

weil

ſonſt nicht bald einem jeden zuſehen werden/ als von
der Moſcau/ Tartarey/ Perſien/ China, Tuͤrckey/
und unſern Antipotibus, verwundert er ſich treff-
lich und tractirte mich mit lauter Veltliner und
Oedtſch-Wein/ er hatte ſelbſt Rom/ Venedig/
Raguſa/ Conſtantinopel und Alexandriam geſe-
hen/ als derowegen ich ihm viel Warzeichen und
Gebraͤuch von ſolchen Oertern zu ſagen wuſte/
glaubte er mir auch was ich ihm von ferneren Laͤn-
dern und Staͤtten auffſchniede/ dann ich regulierte
mich nach Samuels von Golau Reumen/ wann
er ſpricht

Wer luͤgen will der leug von ferne!
Wer zeugt dahin erfaͤhrets gerne?

Und da ich ſahe daß es mir ſo wol gelunge/ kam ich
mit meiner Erzehlung faſt in der gantzen Welt
herumber; da war ich ſelbſt in deß Plinij dicken
Wald geweſen/ welchen man bißweilen bey den
Aquis Curiliis antreffe/ denſelben aber hernach/
wann man ihn mit hoͤchſtem Fleiß ſuche/ gleichwol
weder bey Tag noch Nacht mehr finden koͤnne; ich
hatte ſelbſt von dem lieblichen Wunder-Gewaͤchs
Borametz in der Tartarey geſſen; und wiewol ich
daſſelbe mein Tage nicht geſehen/ ſo kondte ich je-
doch meinem Wirth von deſſen anmuͤthigem Ge-
ſchmack dermaſſen diſcuriren/ daß ihm das Maul
waͤſſerig davon wurde; ich ſagte/ es hat ein Fleiſch-
lein wie ein Krebs/ das hat ein Farb wie ein Rubin
oder rother Pferſig/ und einen Geruch der Sach
beydes den Melonen und Pomerantzen vergleicht;
benebens erzehlte ich ihm auch in was Schlachten/
Scharmuͤtzlen und Belaͤgerungen ich mein Tage
geweſen waͤr/ log aber auch etwas mehrers darzu/

weil
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064"/>
&#x017F;on&#x017F;t nicht bald einem jeden zu&#x017F;ehen werden/ als von<lb/>
der Mo&#x017F;cau/ Tartarey/ Per&#x017F;ien/ <hi rendition="#aq">China,</hi> Tu&#x0364;rckey/<lb/>
und un&#x017F;ern <hi rendition="#aq">Antipotibus,</hi> verwundert er &#x017F;ich treff-<lb/>
lich und <hi rendition="#aq">tractir</hi>te mich mit lauter Veltliner und<lb/>
Oedt&#x017F;ch-Wein/ er hatte &#x017F;elb&#x017F;t Rom/ Venedig/<lb/>
Ragu&#x017F;a/ Con&#x017F;tantinopel und Alexandriam ge&#x017F;e-<lb/>
hen/ als derowegen ich ihm viel Warzeichen und<lb/>
Gebra&#x0364;uch von &#x017F;olchen Oertern zu &#x017F;agen wu&#x017F;te/<lb/>
glaubte er mir auch was ich ihm von ferneren La&#x0364;n-<lb/>
dern und Sta&#x0364;tten auff&#x017F;chniede/ dann ich regulierte<lb/>
mich nach Samuels von Golau Reumen/ wann<lb/>
er &#x017F;pricht</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Wer lu&#x0364;gen will der leug von ferne!</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Wer zeugt dahin erfa&#x0364;hrets gerne?</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Und da ich &#x017F;ahe daß es mir &#x017F;o wol gelunge/ kam ich<lb/>
mit meiner Erzehlung fa&#x017F;t in der gantzen Welt<lb/>
herumber; da war ich &#x017F;elb&#x017F;t in deß <hi rendition="#aq">Plinij</hi> dicken<lb/>
Wald gewe&#x017F;en/ welchen man bißweilen bey den<lb/><hi rendition="#aq">Aquis Curiliis</hi> antreffe/ den&#x017F;elben aber hernach/<lb/>
wann man ihn mit ho&#x0364;ch&#x017F;tem Fleiß &#x017F;uche/ gleichwol<lb/>
weder bey Tag noch Nacht mehr finden ko&#x0364;nne; ich<lb/>
hatte &#x017F;elb&#x017F;t von dem lieblichen Wunder-Gewa&#x0364;chs<lb/>
Borametz in der Tartarey ge&#x017F;&#x017F;en; und wiewol ich<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe mein Tage nicht ge&#x017F;ehen/ &#x017F;o kondte ich je-<lb/>
doch meinem Wirth von de&#x017F;&#x017F;en anmu&#x0364;thigem Ge-<lb/>
&#x017F;chmack derma&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">di&#x017F;curi</hi>ren/ daß ihm das Maul<lb/>
wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erig davon wurde; ich &#x017F;agte/ es hat ein Flei&#x017F;ch-<lb/>
lein wie ein Krebs/ das hat ein Farb wie ein Rubin<lb/>
oder rother Pfer&#x017F;ig/ und einen Geruch der Sach<lb/>
beydes den Melonen und Pomerantzen vergleicht;<lb/>
benebens erzehlte ich ihm auch in was Schlachten/<lb/>
Scharmu&#x0364;tzlen und Bela&#x0364;gerungen ich mein Tage<lb/>
gewe&#x017F;en wa&#x0364;r/ log aber auch etwas mehrers darzu/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weil</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0064] ſonſt nicht bald einem jeden zuſehen werden/ als von der Moſcau/ Tartarey/ Perſien/ China, Tuͤrckey/ und unſern Antipotibus, verwundert er ſich treff- lich und tractirte mich mit lauter Veltliner und Oedtſch-Wein/ er hatte ſelbſt Rom/ Venedig/ Raguſa/ Conſtantinopel und Alexandriam geſe- hen/ als derowegen ich ihm viel Warzeichen und Gebraͤuch von ſolchen Oertern zu ſagen wuſte/ glaubte er mir auch was ich ihm von ferneren Laͤn- dern und Staͤtten auffſchniede/ dann ich regulierte mich nach Samuels von Golau Reumen/ wann er ſpricht Wer luͤgen will der leug von ferne! Wer zeugt dahin erfaͤhrets gerne? Und da ich ſahe daß es mir ſo wol gelunge/ kam ich mit meiner Erzehlung faſt in der gantzen Welt herumber; da war ich ſelbſt in deß Plinij dicken Wald geweſen/ welchen man bißweilen bey den Aquis Curiliis antreffe/ denſelben aber hernach/ wann man ihn mit hoͤchſtem Fleiß ſuche/ gleichwol weder bey Tag noch Nacht mehr finden koͤnne; ich hatte ſelbſt von dem lieblichen Wunder-Gewaͤchs Borametz in der Tartarey geſſen; und wiewol ich daſſelbe mein Tage nicht geſehen/ ſo kondte ich je- doch meinem Wirth von deſſen anmuͤthigem Ge- ſchmack dermaſſen diſcuriren/ daß ihm das Maul waͤſſerig davon wurde; ich ſagte/ es hat ein Fleiſch- lein wie ein Krebs/ das hat ein Farb wie ein Rubin oder rother Pferſig/ und einen Geruch der Sach beydes den Melonen und Pomerantzen vergleicht; benebens erzehlte ich ihm auch in was Schlachten/ Scharmuͤtzlen und Belaͤgerungen ich mein Tage geweſen waͤr/ log aber auch etwas mehrers darzu/ weil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/64
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/64>, abgerufen am 24.11.2024.