Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Abentheurl. Simplicissimi
offt meiner Frau bey hellem Tag Flöb faugen/ nur
darumb/ damit ich ihre Alabaster-weisse Brüst sehen/
und ihren zarten Leib genug betasten solte/ welches
mir/ weil ich auch Fleisch und Blut hatte/ in die Läng
zu ertragen schwer fallen wolte; ließ mich dann die
Frau zu frieden/ so quälte mich der Rittmeister/ und
wenn ich vor diesen beyden bey Nacht Ruhe haben
sotte/ so peinigte mich der Knecht/ also daß mich das
Weiber-Kleid viel saurer zu tragen ankam/ als mei-
ne Narrn-Kapp; Damal (aber viel zu spat) gedach-
te ich fleissig an meines Seel. Hertzbruders Weissa-
gung und Warnung/ und bildete mir nichts anders
ein/ als daß ich sehon würcklich in der jenigen Ge-
sängnus auch Leib- und Lebensgesahr steckte/ davon
er mir gesagt hatte/ dann das Weiber-Kleid hielte
mich gefangen/ weil ich darinn nicht außreissen kon-
te/ und der Rittmeister würde übel mit mir gespielet
haben/ wenn er mich erkant/ und einmal bey seiner
schönen Frauen über dem Flöh fangen erdappt hätte.
Was solt ich thun? Jch beschloß endlich dieselbe
Nacht/ mich dem Knecht zu offenbaren/ so bald es
Tag würde/ dann ich gedachte/ seine Liebsregungen
werden sich alsdann legen/ und wenn du ihm von dei-
nen Ducaten spendirest/ so wird er dir wieder zu ei-
nem Mannskleid/ und also in demselbigen auß allen
deinen Nöthen helffen. Es wäre wol außgesonnen
gewesen/ wann nur das Glück gewolt hätte/ aber es
war mir zu wider.

Mein Hans liesse ihm gleich nach Mitternacht
tagen/ das Jawort zu holen/ und fieng an am Wagen
zu rapplen/ als ich eben anfieng am aller-stärcksten zu
schlaffen; Er rieff etwas zu laut/ Sabina/ Sabina/

Ach

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
offt meiner Frau bey hellem Tag Floͤb faugen/ nur
darumb/ damit ich ihre Alabaſter-weiſſe Bruͤſt ſehen/
und ihren zarten Leib genug betaſten ſolte/ welches
mir/ weil ich auch Fleiſch und Blut hatte/ in die Laͤng
zu ertragen ſchwer fallen wolte; ließ mich dann die
Frau zu frieden/ ſo quaͤlte mich der Rittmeiſter/ und
wenn ich vor dieſen beyden bey Nacht Ruhe haben
ſotte/ ſo peinigte mich der Knecht/ alſo daß mich das
Weiber-Kleid viel ſaurer zu tragen ankam/ als mei-
ne Narꝛn-Kapp; Damal (aber viel zu ſpat) gedach-
te ich fleiſſig an meines Seel. Hertzbruders Weiſſa-
gung und Warnung/ und bildete mir nichts anders
ein/ als daß ich ſehon wuͤrcklich in der jenigen Ge-
ſaͤngnus auch Leib- und Lebensgeſahr ſteckte/ davon
er mir geſagt hatte/ dann das Weiber-Kleid hielte
mich gefangen/ weil ich darinn nicht außreiſſen kon-
te/ und der Rittmeiſter wuͤrde uͤbel mit mir geſpielet
haben/ wenn er mich erkant/ und einmal bey ſeiner
ſchoͤnen Frauen uͤber dem Floͤh fangen erdappt haͤtte.
Was ſolt ich thun? Jch beſchloß endlich dieſelbe
Nacht/ mich dem Knecht zu offenbaren/ ſo bald es
Tag wuͤrde/ dann ich gedachte/ ſeine Liebsregungen
werden ſich alsdann legen/ und wenn du ihm von dei-
nen Ducaten ſpendireſt/ ſo wird er dir wieder zu ei-
nem Mannskleid/ und alſo in demſelbigen auß allen
deinen Noͤthen helffen. Es waͤre wol außgeſonnen
geweſen/ wann nur das Glück gewolt haͤtte/ aber es
war mir zu wider.

Mein Hans lieſſe ihm gleich nach Mitternacht
tagen/ das Jawort zu holen/ und fieng an am Wagen
zu rapplen/ als ich eben anfieng am aller-ſtaͤrckſten zu
ſchlaffen; Er rieff etwas zu laut/ Sabina/ Sabina/

Ach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0230" n="224"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi></fw><lb/>
offt meiner Frau bey hellem Tag Flo&#x0364;b faugen/ nur<lb/>
darumb/ damit ich ihre Alaba&#x017F;ter-wei&#x017F;&#x017F;e Bru&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ehen/<lb/>
und ihren zarten Leib genug beta&#x017F;ten &#x017F;olte/ welches<lb/>
mir/ weil ich auch Flei&#x017F;ch und Blut hatte/ in die La&#x0364;ng<lb/>
zu ertragen &#x017F;chwer fallen wolte; ließ mich dann die<lb/>
Frau zu frieden/ &#x017F;o qua&#x0364;lte mich der Rittmei&#x017F;ter/ und<lb/>
wenn ich vor die&#x017F;en beyden bey Nacht Ruhe haben<lb/>
&#x017F;otte/ &#x017F;o peinigte mich der Knecht/ al&#x017F;o daß mich das<lb/>
Weiber-Kleid viel &#x017F;aurer zu tragen ankam/ als mei-<lb/>
ne Nar&#xA75B;n-Kapp; Damal (aber viel zu &#x017F;pat) gedach-<lb/>
te ich flei&#x017F;&#x017F;ig an meines Seel. Hertzbruders Wei&#x017F;&#x017F;a-<lb/>
gung und Warnung/ und bildete mir nichts anders<lb/>
ein/ als daß ich &#x017F;ehon wu&#x0364;rcklich in der jenigen Ge-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ngnus auch Leib- und Lebensge&#x017F;ahr &#x017F;teckte/ davon<lb/>
er mir ge&#x017F;agt hatte/ dann das Weiber-Kleid hielte<lb/>
mich gefangen/ weil ich darinn nicht außrei&#x017F;&#x017F;en kon-<lb/>
te/ und der Rittmei&#x017F;ter wu&#x0364;rde u&#x0364;bel mit mir ge&#x017F;pielet<lb/>
haben/ wenn er mich erkant/ und einmal bey &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Frauen u&#x0364;ber dem Flo&#x0364;h fangen erdappt ha&#x0364;tte.<lb/>
Was &#x017F;olt ich thun? Jch be&#x017F;chloß endlich die&#x017F;elbe<lb/>
Nacht/ mich dem Knecht zu offenbaren/ &#x017F;o bald es<lb/>
Tag wu&#x0364;rde/ dann ich gedachte/ &#x017F;eine Liebsregungen<lb/>
werden &#x017F;ich alsdann legen/ und wenn du ihm von dei-<lb/>
nen Ducaten &#x017F;pendire&#x017F;t/ &#x017F;o wird er dir wieder zu ei-<lb/>
nem Mannskleid/ und al&#x017F;o in dem&#x017F;elbigen auß allen<lb/>
deinen No&#x0364;then helffen. Es wa&#x0364;re wol außge&#x017F;onnen<lb/>
gewe&#x017F;en/ wann nur das Glück gewolt ha&#x0364;tte/ aber es<lb/>
war mir zu wider.</p><lb/>
        <p>Mein Hans lie&#x017F;&#x017F;e ihm gleich nach Mitternacht<lb/>
tagen/ das Jawort zu holen/ und fieng an am Wagen<lb/>
zu rapplen/ als ich eben anfieng am aller-&#x017F;ta&#x0364;rck&#x017F;ten zu<lb/>
&#x017F;chlaffen; Er rieff etwas zu laut/ Sabina/ Sabina/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ach</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0230] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi offt meiner Frau bey hellem Tag Floͤb faugen/ nur darumb/ damit ich ihre Alabaſter-weiſſe Bruͤſt ſehen/ und ihren zarten Leib genug betaſten ſolte/ welches mir/ weil ich auch Fleiſch und Blut hatte/ in die Laͤng zu ertragen ſchwer fallen wolte; ließ mich dann die Frau zu frieden/ ſo quaͤlte mich der Rittmeiſter/ und wenn ich vor dieſen beyden bey Nacht Ruhe haben ſotte/ ſo peinigte mich der Knecht/ alſo daß mich das Weiber-Kleid viel ſaurer zu tragen ankam/ als mei- ne Narꝛn-Kapp; Damal (aber viel zu ſpat) gedach- te ich fleiſſig an meines Seel. Hertzbruders Weiſſa- gung und Warnung/ und bildete mir nichts anders ein/ als daß ich ſehon wuͤrcklich in der jenigen Ge- ſaͤngnus auch Leib- und Lebensgeſahr ſteckte/ davon er mir geſagt hatte/ dann das Weiber-Kleid hielte mich gefangen/ weil ich darinn nicht außreiſſen kon- te/ und der Rittmeiſter wuͤrde uͤbel mit mir geſpielet haben/ wenn er mich erkant/ und einmal bey ſeiner ſchoͤnen Frauen uͤber dem Floͤh fangen erdappt haͤtte. Was ſolt ich thun? Jch beſchloß endlich dieſelbe Nacht/ mich dem Knecht zu offenbaren/ ſo bald es Tag wuͤrde/ dann ich gedachte/ ſeine Liebsregungen werden ſich alsdann legen/ und wenn du ihm von dei- nen Ducaten ſpendireſt/ ſo wird er dir wieder zu ei- nem Mannskleid/ und alſo in demſelbigen auß allen deinen Noͤthen helffen. Es waͤre wol außgeſonnen geweſen/ wann nur das Glück gewolt haͤtte/ aber es war mir zu wider. Mein Hans lieſſe ihm gleich nach Mitternacht tagen/ das Jawort zu holen/ und fieng an am Wagen zu rapplen/ als ich eben anfieng am aller-ſtaͤrckſten zu ſchlaffen; Er rieff etwas zu laut/ Sabina/ Sabina/ Ach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/230
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/230>, abgerufen am 23.11.2024.