Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
ein Feur geloffen wäre/ weil sie ihr gut Fressen und
Sauffen bey mir batten/ und treffliche Beuten mach-
ten: Deren schickte ich einen nach Werle zu meinem
Gegentheil/ der wandte vor/ weil ich/ als sein gewe-
sener Herr/ nunmehr anfienge zu leben wie ein ander
Coujon, und verschworen hätte/ nimmermehr auff
Partey zu geben/ so hätte er nicht mehr bey mir blei-
ben mögen/ sondern sey kommen ihm zu dienen/ weil
er an seines Herrn statt ein Jägerkleid angenommen/
und sich wie ein rechtschaffener Sold at gebrauchen
lasse; er wisse alle Weg und Steg im Land und kön-
te ihm manchen Anschlag geben/ gute Beuten zu
machen/ etc. Mein guter einfältiger Narr glaubte
meinem Kuecht/ und ließ sich bereden/ daß er ihn an-
nam/ und auff eine bestimpte Nacht mit seinem Ca-
meraden und ihm auff eine Schäferey gienge/ etliche
fette Hämmel zu holen/ da ich und Spring-ins-feld
mit meinem andern Knecht schon auffpaßten/ und
den Schäfer bestochen hatten/ daß er seine Hund an-
binden/ und die Ankömmling in die Scheur unver-
hindert miniren lassen solte/ so wolte ich ihnen das
Hamelfleisch schon gesegnen. Da sie nun ein Loch
durch die Wand gemacht hatten/ wolte der Jäger
von Werle haben/ mein Knecht solte gleich zum er-
sten hinein schlieffen; Er aber sagte Nein/ es möchte
jemand drinn auffpassen/ und mir eins vorn Kopff
geben/ ich sehe wol/ daß ihr nicht recht mausen könt/
man muß zuvor visitiren; zog darauff seinen Degen
auß/ und henckte seinen Hut an die Spitz/ stiesse ihn
also etlich mal durchs Loch/ und sagte/ so muß man
zuvor sehen/ ob Bläsy zu Hauß sey oder nicht? Als
solches geschehen/ war der Jäger von Werle selbst

der
M v

Drittes Buch.
ein Feur geloffen waͤre/ weil ſie ihr gut Freſſen und
Sauffen bey mir batten/ und treffliche Beuten mach-
ten: Deren ſchickte ich einen nach Werle zu meinem
Gegentheil/ der wandte vor/ weil ich/ als ſein gewe-
ſener Herꝛ/ nunmehr anfienge zu leben wie ein ander
Coujon, und verſchworen haͤtte/ nimmermehr auff
Partey zu geben/ ſo haͤtte er nicht mehr bey mir blei-
ben moͤgen/ ſondern ſey kommen ihm zu dienen/ weil
er an ſeines Herꝛn ſtatt ein Jaͤgerkleid angenommen/
und ſich wie ein rechtſchaffener Sold at gebrauchen
laſſe; er wiſſe alle Weg und Steg im Land und koͤn-
te ihm manchen Anſchlag geben/ gute Beuten zu
machen/ ꝛc. Mein guter einfaͤltiger Narꝛ glaubte
meinem Kuecht/ und ließ ſich bereden/ daß er ihn an-
nam/ und auff eine beſtimpte Nacht mit ſeinem Ca-
meraden und ihm auff eine Schaͤferey gienge/ etliche
fette Haͤmmel zu holen/ da ich und Spring-ins-feld
mit meinem andern Knecht ſchon auffpaßten/ und
den Schaͤfer beſtochen hatten/ daß er ſeine Hund an-
binden/ und die Ankoͤmmling in die Scheur unver-
hindert miniren laſſen ſolte/ ſo wolte ich ihnen das
Hamelfleiſch ſchon geſegnen. Da ſie nun ein Loch
durch die Wand gemacht hatten/ wolte der Jaͤger
von Werle haben/ mein Knecht ſolte gleich zum er-
ſten hinein ſchlieffen; Er aber ſagte Nein/ es moͤchte
jemand drinn auffpaſſen/ und mir eins vorn Kopff
geben/ ich ſehe wol/ daß ihr nicht recht mauſen koͤnt/
man muß zuvor viſitiren; zog darauff ſeinen Degen
auß/ und henckte ſeinen Hut an die Spitz/ ſtieſſe ihn
alſo etlich mal durchs Loch/ und ſagte/ ſo muß man
zuvor ſehen/ ob Blaͤſy zu Hauß ſey oder nicht? Als
ſolches geſchehen/ war der Jaͤger von Werle ſelbſt

der
M v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0277" n="271"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi></fw><lb/>
ein Feur geloffen wa&#x0364;re/ weil &#x017F;ie ihr gut Fre&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Sauffen bey mir batten/ und treffliche Beuten mach-<lb/>
ten: Deren &#x017F;chickte ich einen nach Werle zu meinem<lb/>
Gegentheil/ der wandte vor/ weil ich/ als &#x017F;ein gewe-<lb/>
&#x017F;ener Her&#xA75B;/ nunmehr anfienge zu leben wie ein ander<lb/><hi rendition="#aq">Coujon,</hi> und ver&#x017F;chworen ha&#x0364;tte/ nimmermehr auff<lb/>
Partey zu geben/ &#x017F;o ha&#x0364;tte er nicht mehr bey mir blei-<lb/>
ben mo&#x0364;gen/ &#x017F;ondern &#x017F;ey kommen ihm zu dienen/ weil<lb/>
er an &#x017F;eines Her&#xA75B;n &#x017F;tatt ein Ja&#x0364;gerkleid angenommen/<lb/>
und &#x017F;ich wie ein recht&#x017F;chaffener Sold at gebrauchen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e; er wi&#x017F;&#x017F;e alle Weg und Steg im Land und ko&#x0364;n-<lb/>
te ihm manchen An&#x017F;chlag geben/ gute Beuten zu<lb/>
machen/ &#xA75B;c. Mein guter einfa&#x0364;ltiger Nar&#xA75B; glaubte<lb/>
meinem Kuecht/ und ließ &#x017F;ich bereden/ daß er ihn an-<lb/>
nam/ und auff eine be&#x017F;timpte Nacht mit &#x017F;einem Ca-<lb/>
meraden und ihm auff eine Scha&#x0364;ferey gienge/ etliche<lb/>
fette Ha&#x0364;mmel zu holen/ da ich und Spring-ins-feld<lb/>
mit meinem andern Knecht &#x017F;chon auffpaßten/ und<lb/>
den Scha&#x0364;fer be&#x017F;tochen hatten/ daß er &#x017F;eine Hund an-<lb/>
binden/ und die Anko&#x0364;mmling in die Scheur unver-<lb/>
hindert <hi rendition="#aq">mini</hi>ren la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olte/ &#x017F;o wolte ich ihnen das<lb/>
Hamelflei&#x017F;ch &#x017F;chon ge&#x017F;egnen. Da &#x017F;ie nun ein Loch<lb/>
durch die Wand gemacht hatten/ wolte der Ja&#x0364;ger<lb/>
von Werle haben/ mein Knecht &#x017F;olte gleich zum er-<lb/>
&#x017F;ten hinein &#x017F;chlieffen; Er aber &#x017F;agte Nein/ es mo&#x0364;chte<lb/>
jemand drinn auffpa&#x017F;&#x017F;en/ und mir eins vorn Kopff<lb/>
geben/ ich &#x017F;ehe wol/ daß ihr nicht recht mau&#x017F;en ko&#x0364;nt/<lb/>
man muß zuvor <hi rendition="#aq">vi&#x017F;iti</hi>ren; zog darauff &#x017F;einen Degen<lb/>
auß/ und henckte &#x017F;einen Hut an die Spitz/ &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;e ihn<lb/>
al&#x017F;o etlich mal durchs Loch/ und &#x017F;agte/ &#x017F;o muß man<lb/>
zuvor &#x017F;ehen/ ob Bla&#x0364;&#x017F;y zu Hauß &#x017F;ey oder nicht? Als<lb/>
&#x017F;olches ge&#x017F;chehen/ war der Ja&#x0364;ger von Werle &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M v</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0277] Drittes Buch. ein Feur geloffen waͤre/ weil ſie ihr gut Freſſen und Sauffen bey mir batten/ und treffliche Beuten mach- ten: Deren ſchickte ich einen nach Werle zu meinem Gegentheil/ der wandte vor/ weil ich/ als ſein gewe- ſener Herꝛ/ nunmehr anfienge zu leben wie ein ander Coujon, und verſchworen haͤtte/ nimmermehr auff Partey zu geben/ ſo haͤtte er nicht mehr bey mir blei- ben moͤgen/ ſondern ſey kommen ihm zu dienen/ weil er an ſeines Herꝛn ſtatt ein Jaͤgerkleid angenommen/ und ſich wie ein rechtſchaffener Sold at gebrauchen laſſe; er wiſſe alle Weg und Steg im Land und koͤn- te ihm manchen Anſchlag geben/ gute Beuten zu machen/ ꝛc. Mein guter einfaͤltiger Narꝛ glaubte meinem Kuecht/ und ließ ſich bereden/ daß er ihn an- nam/ und auff eine beſtimpte Nacht mit ſeinem Ca- meraden und ihm auff eine Schaͤferey gienge/ etliche fette Haͤmmel zu holen/ da ich und Spring-ins-feld mit meinem andern Knecht ſchon auffpaßten/ und den Schaͤfer beſtochen hatten/ daß er ſeine Hund an- binden/ und die Ankoͤmmling in die Scheur unver- hindert miniren laſſen ſolte/ ſo wolte ich ihnen das Hamelfleiſch ſchon geſegnen. Da ſie nun ein Loch durch die Wand gemacht hatten/ wolte der Jaͤger von Werle haben/ mein Knecht ſolte gleich zum er- ſten hinein ſchlieffen; Er aber ſagte Nein/ es moͤchte jemand drinn auffpaſſen/ und mir eins vorn Kopff geben/ ich ſehe wol/ daß ihr nicht recht mauſen koͤnt/ man muß zuvor viſitiren; zog darauff ſeinen Degen auß/ und henckte ſeinen Hut an die Spitz/ ſtieſſe ihn alſo etlich mal durchs Loch/ und ſagte/ ſo muß man zuvor ſehen/ ob Blaͤſy zu Hauß ſey oder nicht? Als ſolches geſchehen/ war der Jaͤger von Werle ſelbſt der M v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/277
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/277>, abgerufen am 22.11.2024.