German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi Götter/ in der gantzen weiten Welt vor so verrucht/leichtfertig und stinckend außgeschryen/ daß ihr bey den Menschen allen Credit verloren; du selbst/ sagen sie/ seyest ein Filtzlausiger Ehebrecherischer Hurenhengst/ mit was vor Billichkeit du dann die Welt wegen solcher Laster straffen mögest? Vulca- nus sey ein gedultiger Hanrey/ und habe den Ehebruch Martis ohne sonderbare nahmhaffte Rach müssen hingehen lassen/ was der hinckende Gauch dann vor Waffen werde schmiden können? Venus sey selbsten die verhaßte Vettel von der Welt/ wegen ihrer Un- keuschheit/ was sie denn vor Gnad und Gunst einem andern werde mittheilen können? Mars sey ein Mör- der und Rauber; Apollo ein unverschämter Huren- Jäger; Mercurius ein unnützer Planderer/ Dieb und Kuppler/ Priapus ein Unflat/ Hercules ein Hirnschäl- liger Wüterich/ und in Summa die gantze Schaar der Götter sey so verrucht/ daß man sie sonst nirgends hin als in deß Augei Stall logiren solte/ welcher ohne das durch die gantze Welt stinckt. Ach! sagte Jupiter, wäre es ein Wunder/ wenn ich meine Güte beyseit setzte/ und diese heyllose Ehrendieb und Gotts- schändende Verleumder mit Donner und Blitz ver- folgte? Was dünckt dich mein getreuer und aller- liebster Ganymede? Soll ich diese Schwätzer mit ewigem Durst plagen wie den Tantalum? oder soll ich sie neben den muthwilligen Plauderer Daphitas auff dem Berg Therace auffhencken lassen? oder sie mit Anaxarcho in einem Mörsel zerstossen? oder soll ich sie zu Agrigento in Phalaris glühenden Ochsen ste- cken? Nein/ Nein Ganymede! diese Straffen und Plagen sind alle miteinander viel zu gering; ich will der
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Goͤtter/ in der gantzen weiten Welt vor ſo verꝛucht/leichtfertig und ſtinckend außgeſchryen/ daß ihr bey den Menſchen allen Credit verloren; du ſelbſt/ ſagen ſie/ ſeyeſt ein Filtzlauſiger Ehebrecheriſcher Hurenhengſt/ mit was vor Billichkeit du dann die Welt wegen ſolcher Laſter ſtraffen moͤgeſt? Vulca- nus ſey ein gedultiger Hanrey/ und habe den Ehebruch Martis ohne ſonderbare nahmhaffte Rach muͤſſen hingehen laſſen/ was der hinckende Gauch dann vor Waffen werde ſchmiden koͤnnen? Venus ſey ſelbſten die verhaßte Vettel von der Welt/ wegen ihrer Un- keuſchheit/ was ſie denn vor Gnad und Gunſt einem andern werde mittheilen koͤnnen? Mars ſey ein Moͤr- der und Rauber; Apollo ein unverſchaͤmter Huren- Jaͤger; Mercurius ein unnuͤtzer Planderer/ Dieb und Kuppler/ Priapus ein Unflat/ Hercules ein Hirnſchaͤl- liger Wuͤterich/ und in Summa die gantze Schaar der Goͤtter ſey ſo verꝛucht/ daß man ſie ſonſt nirgends hin als in deß Augei Stall logiren ſolte/ welcher ohne das durch die gantze Welt ſtinckt. Ach! ſagte Jupiter, waͤre es ein Wunder/ wenn ich meine Guͤte beyſeit ſetzte/ und dieſe heylloſe Ehrendieb und Gotts- ſchaͤndende Verleumder mit Donner und Blitz ver- folgte? Was duͤnckt dich mein getreuer und aller- liebſter Ganymede? Soll ich dieſe Schwaͤtzer mit ewigem Durſt plagen wie den Tantalum? oder ſoll ich ſie neben den muthwilligen Plauderer Daphitas auff dem Berg Therace auffhencken laſſen? oder ſie mit Anaxarcho in einem Moͤrſel zerſtoſſen? oder ſoll ich ſie zu Agrigento in Phalaris gluͤhenden Ochſen ſte- cken? Nein/ Nein Ganymede! dieſe Straffen und Plagen ſind alle miteinander viel zu gering; ich will der
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
Goͤtter/ in der gantzen weiten Welt vor ſo verꝛucht/
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bey den Menſchen allen Credit verloren; du ſelbſt/
ſagen ſie/ ſeyeſt ein Filtzlauſiger Ehebrecheriſcher
Hurenhengſt/ mit was vor Billichkeit du dann die
Welt wegen ſolcher Laſter ſtraffen moͤgeſt? Vulca-
nus ſey ein gedultiger Hanrey/ und habe den Ehebruch
Martis ohne ſonderbare nahmhaffte Rach muͤſſen
hingehen laſſen/ was der hinckende Gauch dann vor
Waffen werde ſchmiden koͤnnen? Venus ſey ſelbſten
die verhaßte Vettel von der Welt/ wegen ihrer Un-
keuſchheit/ was ſie denn vor Gnad und Gunſt einem
andern werde mittheilen koͤnnen? Mars ſey ein Moͤr-
der und Rauber; Apollo ein unverſchaͤmter Huren-
Jaͤger; Mercurius ein unnuͤtzer Planderer/ Dieb und
Kuppler/ Priapus ein Unflat/ Hercules ein Hirnſchaͤl-
liger Wuͤterich/ und in Summa die gantze Schaar
der Goͤtter ſey ſo verꝛucht/ daß man ſie ſonſt nirgends
hin als in deß Augei Stall logiren ſolte/ welcher
ohne das durch die gantze Welt ſtinckt. Ach! ſagte
Jupiter, waͤre es ein Wunder/ wenn ich meine Guͤte
beyſeit ſetzte/ und dieſe heylloſe Ehrendieb und Gotts-
ſchaͤndende Verleumder mit Donner und Blitz ver-
folgte? Was duͤnckt dich mein getreuer und aller-
liebſter Ganymede? Soll ich dieſe Schwaͤtzer mit
ewigem Durſt plagen wie den Tantalum? oder ſoll
ich ſie neben den muthwilligen Plauderer Daphitas
auff dem Berg Therace auffhencken laſſen? oder ſie
mit Anaxarcho in einem Moͤrſel zerſtoſſen? oder ſoll
ich ſie zu Agrigento in Phalaris gluͤhenden Ochſen ſte-
cken? Nein/ Nein Ganymede! dieſe Straffen und
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