German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Viertes Buch. Daselbst wurde ich examinirt/ und scheuete mich Also kam ich vom Pferd auff den Esel/ und muste arm-
Viertes Buch. Daſelbſt wurde ich examinirt/ und ſcheuete mich Alſo kam ich vom Pferd auff den Eſel/ und muſte arm-
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0427" n="421"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw><lb/> <p>Daſelbſt wurde ich <hi rendition="#aq">examini</hi>rt/ und ſcheuete mich<lb/> gar nit zu ſagen waͤr ich waͤre/ ſo man mir aber nicht<lb/> glauben/ ſondern mehr auß mir machen wolte/ als ich<lb/> haͤtte ſeyn koͤnnen/ dann ich ſolte und muͤſte ein <hi rendition="#aq">Do-<lb/> ctor</hi> ſeyn; ich muſte ſchwoͤren/ daß ich unter die Kaͤi-<lb/> ſerliche Dragoner in Soeſt gehoͤrig/ und erzehlte fer-<lb/> ner bey Eydspflicht alles ſo mir von ſelbiger Zeit an<lb/> biß hieher begegnet/ und was ich jetzo zu thun vor-<lb/> habens: Aber es hieſſe/ der Kaͤiſer brauche ſo wol in<lb/> Philipsburg als in Soeſt Soldaten/ man wuͤrde<lb/> mir bey ihnen Auffenthalt geben/ biß ich gleichwol<lb/> mit guter Gelegenheit zu meinem Regiment kom̃en<lb/> koͤnte; wann mir aber dieſer Vorſchlag nit ſchmeck-<lb/> te/ ſo moͤchte ich im Stockhauß vor lieb nehmen/ und<lb/> mich/ biß ich wieder loß kaͤme/ als einen <hi rendition="#aq">Doctor tra-<lb/> cti</hi>ren laſſen/ vor welchen ſie mich dann auch gefan-<lb/> gen bekommen haͤtten.</p><lb/> <p>Alſo kam ich vom Pferd auff den Eſel/ und muſte<lb/> ein Mußquetier werden wider meinen Willen; das<lb/> kam mich blutſauer an/ weil der Schmalhans dort<lb/> herꝛſchte/ und das <hi rendition="#aq">Commiß-</hi>brot daſelbſt ſchroͤcklich<lb/> klein war; ich ſage nit vergeblich ſchroͤcklich klein/<lb/> dann ich erſchrack alle Morgen/ wenn ichs empfieng/<lb/> weil ich wuſte/ daß ich mich denſelben gantzen Tag<lb/> damit behelffen muſte/ da ichs doch ohn einige Muͤhe<lb/> auff einmal auffreiben konte. Und die Warheit zu<lb/> bekennen/ ſo iſts wol ein elende Creatur umb einen<lb/> Mußquetierer/ der ſolcher geſtalt ſein Leben in einer<lb/><hi rendition="#aq">Guarniſon</hi> zubringen/ und ſich allein mit dem lieben<lb/> trocken Brod/ und noch darzu kaum halb ſatt/ behelf-<lb/> fen muß; dann da iſt keiner anders/ als ein Gefan-<lb/> gener/ der mit Waſſer und Brod der Truͤbſal ſein<lb/> <fw place="bottom" type="catch">arm-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [421/0427]
Viertes Buch.
Daſelbſt wurde ich examinirt/ und ſcheuete mich
gar nit zu ſagen waͤr ich waͤre/ ſo man mir aber nicht
glauben/ ſondern mehr auß mir machen wolte/ als ich
haͤtte ſeyn koͤnnen/ dann ich ſolte und muͤſte ein Do-
ctor ſeyn; ich muſte ſchwoͤren/ daß ich unter die Kaͤi-
ſerliche Dragoner in Soeſt gehoͤrig/ und erzehlte fer-
ner bey Eydspflicht alles ſo mir von ſelbiger Zeit an
biß hieher begegnet/ und was ich jetzo zu thun vor-
habens: Aber es hieſſe/ der Kaͤiſer brauche ſo wol in
Philipsburg als in Soeſt Soldaten/ man wuͤrde
mir bey ihnen Auffenthalt geben/ biß ich gleichwol
mit guter Gelegenheit zu meinem Regiment kom̃en
koͤnte; wann mir aber dieſer Vorſchlag nit ſchmeck-
te/ ſo moͤchte ich im Stockhauß vor lieb nehmen/ und
mich/ biß ich wieder loß kaͤme/ als einen Doctor tra-
ctiren laſſen/ vor welchen ſie mich dann auch gefan-
gen bekommen haͤtten.
Alſo kam ich vom Pferd auff den Eſel/ und muſte
ein Mußquetier werden wider meinen Willen; das
kam mich blutſauer an/ weil der Schmalhans dort
herꝛſchte/ und das Commiß-brot daſelbſt ſchroͤcklich
klein war; ich ſage nit vergeblich ſchroͤcklich klein/
dann ich erſchrack alle Morgen/ wenn ichs empfieng/
weil ich wuſte/ daß ich mich denſelben gantzen Tag
damit behelffen muſte/ da ichs doch ohn einige Muͤhe
auff einmal auffreiben konte. Und die Warheit zu
bekennen/ ſo iſts wol ein elende Creatur umb einen
Mußquetierer/ der ſolcher geſtalt ſein Leben in einer
Guarniſon zubringen/ und ſich allein mit dem lieben
trocken Brod/ und noch darzu kaum halb ſatt/ behelf-
fen muß; dann da iſt keiner anders/ als ein Gefan-
gener/ der mit Waſſer und Brod der Truͤbſal ſein
arm-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDer angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |