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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
wie ein Pfau/ und stellt sich doch vorm Altar/ als ob
er den Heiligen die Füß abbeten wolte; dort stehet ei-
ner in einem Eck zu seufftzen wie der Zöllner im Tem-
pel/ welche Seufftzer aber nur zu seiner Liebsten ge-
hen/ in deren Angesicht er seine Augen weydet/ umb
derent willen er sich auch eingestellt: Ein ander kommt
vor/ oder wenns wol geräth/ in die Kirch mit einem
Gebund Brieff/ wie einer der ein Brandsteur samb-
let/ mehr seine Zinsleut zu mahnen/ als zu beten;
hätte er aber nit gewust/ daß seine Debitores zur Kirch
kommen müsten/ so wäre er fein daheim über seinen
Registern sitzen blieben: Ja es geschicht zu Zeiten/
wenn theils Obrigkeiten einer Gemeind im Dorff et-
was anzudeuten hat/ so muß es der Bott am Sonn-
tag bey der Kirchen thun/ daher sich mancher Bauer
vor der Kirch ärger/ als ein armer Sünder vor dem
Richthauß förchtet: Meynestu nicht/ es werden auch
von den jenigen in die Kirch begraben/ die Schwerd/
Galgen/ Feuer und Rad verdient hätten? Mancher
könte seine Bulerey nicht zu End bringen/ da ihm die
Kirch nit beförderlich wäre; Jst etwas zu verkauffen
oder zu verleyhen/ so wirds an theils Orten an die
Kirchthur geschlagen; Wenn mancher Wucherer
die gantze Woche keine Zeit nimmt/ seiner Schinde-
rey nachzusinnen/ so sitzt er unter währendem Gottes-
dienst in der Kirch/ und dichtet/ wie der Judenspieß zu
führen seye; da sitzen sie hier und dort unter der Meß
und Predigt miteinander zu discurirn/ gerad als ob
die Kirch nur zu dem End gebauet wäre/ da werden
denn offt Sachen berathschlagt/ deren man an Privat-
Oertern nicht gedencken dörffte; theils sitzen dort/
und schlaffen/ als ob sie es verdingt hätten; Etliche

thun

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
wie ein Pfau/ und ſtellt ſich doch vorm Altar/ als ob
er den Heiligen die Fuͤß abbeten wolte; dort ſtehet ei-
ner in einem Eck zu ſeufftzen wie der Zoͤllner im Tem-
pel/ welche Seufftzer aber nur zu ſeiner Liebſten ge-
hen/ in deren Angeſicht er ſeine Augen weydet/ umb
derent willen er ſich auch eingeſtellt: Ein ander kom̃t
vor/ oder wenns wol geraͤth/ in die Kirch mit einem
Gebund Brieff/ wie einer der ein Brandſteur ſamb-
let/ mehr ſeine Zinsleut zu mahnen/ als zu beten;
haͤtte er aber nit gewuſt/ daß ſeine Debitores zur Kirch
kommen muͤſten/ ſo waͤre er fein daheim uͤber ſeinen
Regiſtern ſitzen blieben: Ja es geſchicht zu Zeiten/
wenn theils Obrigkeiten einer Gemeind im Dorff et-
was anzudeuten hat/ ſo muß es der Bott am Sonn-
tag bey der Kirchen thun/ daher ſich mancher Bauer
vor der Kirch aͤrger/ als ein armer Suͤnder vor dem
Richthauß foͤrchtet: Meyneſtu nicht/ es werden auch
von den jenigen in die Kirch begraben/ die Schwerd/
Galgen/ Feuer und Rad verdient haͤtten? Mancher
koͤnte ſeine Bulerey nicht zu End bringen/ da ihm die
Kirch nit befoͤrderlich waͤre; Jſt etwas zu verkauffen
oder zu verleyhen/ ſo wirds an theils Orten an die
Kirchthůr geſchlagen; Wenn mancher Wucherer
die gantze Woche keine Zeit nimmt/ ſeiner Schinde-
rey nachzuſinnen/ ſo ſitzt er unter waͤhrendem Gottes-
dienſt in der Kirch/ und dichtet/ wie der Judenſpieß zu
fuͤhren ſeye; da ſitzen ſie hier und dort unter der Meß
und Predigt miteinander zu diſcurirn/ gerad als ob
die Kirch nur zu dem End gebauet waͤre/ da werden
denn offt Sachen berathſchlagt/ deren man an Privat-
Oertern nicht gedencken doͤrffte; theils ſitzen dort/
und ſchlaffen/ als ob ſie es verdingt haͤtten; Etliche

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[456/0462] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi wie ein Pfau/ und ſtellt ſich doch vorm Altar/ als ob er den Heiligen die Fuͤß abbeten wolte; dort ſtehet ei- ner in einem Eck zu ſeufftzen wie der Zoͤllner im Tem- pel/ welche Seufftzer aber nur zu ſeiner Liebſten ge- hen/ in deren Angeſicht er ſeine Augen weydet/ umb derent willen er ſich auch eingeſtellt: Ein ander kom̃t vor/ oder wenns wol geraͤth/ in die Kirch mit einem Gebund Brieff/ wie einer der ein Brandſteur ſamb- let/ mehr ſeine Zinsleut zu mahnen/ als zu beten; haͤtte er aber nit gewuſt/ daß ſeine Debitores zur Kirch kommen muͤſten/ ſo waͤre er fein daheim uͤber ſeinen Regiſtern ſitzen blieben: Ja es geſchicht zu Zeiten/ wenn theils Obrigkeiten einer Gemeind im Dorff et- was anzudeuten hat/ ſo muß es der Bott am Sonn- tag bey der Kirchen thun/ daher ſich mancher Bauer vor der Kirch aͤrger/ als ein armer Suͤnder vor dem Richthauß foͤrchtet: Meyneſtu nicht/ es werden auch von den jenigen in die Kirch begraben/ die Schwerd/ Galgen/ Feuer und Rad verdient haͤtten? Mancher koͤnte ſeine Bulerey nicht zu End bringen/ da ihm die Kirch nit befoͤrderlich waͤre; Jſt etwas zu verkauffen oder zu verleyhen/ ſo wirds an theils Orten an die Kirchthůr geſchlagen; Wenn mancher Wucherer die gantze Woche keine Zeit nimmt/ ſeiner Schinde- rey nachzuſinnen/ ſo ſitzt er unter waͤhrendem Gottes- dienſt in der Kirch/ und dichtet/ wie der Judenſpieß zu fuͤhren ſeye; da ſitzen ſie hier und dort unter der Meß und Predigt miteinander zu diſcurirn/ gerad als ob die Kirch nur zu dem End gebauet waͤre/ da werden denn offt Sachen berathſchlagt/ deren man an Privat- Oertern nicht gedencken doͤrffte; theils ſitzen dort/ und ſchlaffen/ als ob ſie es verdingt haͤtten; Etliche thun

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/462>, abgerufen am 22.11.2024.