German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi sahe beydes mit Kleidern und Geberden einem Sici-lianer so ähnlich/ daß einer tausend Ayd geschworen hätte/ er wäre noch niemalen auß Sicilia kommen/ und könte kein Teutsches Wort; Also sahe ich auch/ wie in einem Trachten-Buch/ die Gestalten der Perser/ Japonier/ Moscowiter/ Finnen/ Lappen/ und aller andern Nationen in der gantzen Welt. Jch bedorffte nit viel Complimenteu zu machen/ Aber
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi ſahe beydes mit Kleidern und Geberden einem Sici-lianer ſo aͤhnlich/ daß einer tauſend Ayd geſchworen haͤtte/ er waͤre noch niemalen auß Sicilia kommen/ und koͤnte kein Teutſches Wort; Alſo ſahe ich auch/ wie in einem Trachten-Buch/ die Geſtalten der Perſer/ Japonier/ Moſcowiter/ Finnen/ Lappen/ und aller andern Nationen in der gantzen Welt. Jch bedorffte nit viel Complimenteu zu machen/ Aber
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0570" n="564"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simpliciſſimi</hi></hi></fw><lb/> ſahe beydes mit Kleidern und Geberden einem <hi rendition="#aq">Sici-<lb/> lianer</hi> ſo aͤhnlich/ daß einer tauſend Ayd geſchworen<lb/> haͤtte/ er waͤre noch niemalen auß <hi rendition="#aq">Sicilia</hi> kommen/ und<lb/> koͤnte kein Teutſches Wort; Alſo ſahe ich auch/ wie<lb/> in einem Trachten-Buch/ die Geſtalten der Perſer/<lb/> Japonier/ Moſcowiter/ Finnen/ Lappen/ und aller<lb/> andern <hi rendition="#aq">Nation</hi>en in der gantzen Welt.</p><lb/> <p>Jch bedorffte nit viel <hi rendition="#aq">Compliment</hi>eu zu machen/<lb/> dann der Koͤnig fienge ſelbſt an ſein gut Teutſch mit<lb/> mir zu reden/ in dem ſein erſtes Wort war/ daß er<lb/> fragte: Auß was Urſach haſtu dich unterfangen/ uns<lb/> gleichſam gantz muthwilliger Weis ſo einen Hauffen<lb/> Stein zuzuſchicken? Jch antwortet kurtz/ weil bey<lb/> uns einem jeden erlaubt iſt/ an einer verſchloſſenen<lb/> Thuͤr anzuklopffen; Darauff ſagte er: Wie/ wenn<lb/> du aber den Lohn deiner fuͤrwitzigen <hi rendition="#aq">Importunit</hi>aͤt<lb/> empfingeſt? Jch antwortet/ ich kan mit keiner groͤſ-<lb/> ſern Straff belegt werden/ als daß ich ſterbe/ ſinte-<lb/> mal ich aber ſeithero ſo viel Wunder erfahren und<lb/> geſehen/ die unter ſo viel Millionen Menſchen keiner<lb/> das Gluͤck nit hat/ wuͤrde mir mein Sterben ein ge-<lb/> ringes/ und mein Todt vor gar keine Straff zu rech-<lb/> nen ſeyn; Ach elende Blindheit! ſagte hierauff der<lb/> Koͤnig/ und hub damit die Augen auff/ gleich wie ei-<lb/> ner der auß Verwunderung gen Himmel ſchauet/<lb/> ferner ſagend: Jhr Menſchen koͤnt nur einmal ſter-<lb/> den/ und ihr Chriſten ſoltet den Todt nit eher getroſt<lb/> zu uͤberſtehen wiſſen/ ihr waͤret dann vermittelſt eures<lb/> Glaubens und Liebe gegen Gott durch eine unzweif-<lb/> felhaffte Hoffnung verſichert/ daß eure Seelen das<lb/> Angeſicht deß Hoͤchſten eigentlich anſchauen wuͤr-<lb/> den/ ſo bald der ſterbende Leib die Augen zuthaͤte:<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Aber</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [564/0570]
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
ſahe beydes mit Kleidern und Geberden einem Sici-
lianer ſo aͤhnlich/ daß einer tauſend Ayd geſchworen
haͤtte/ er waͤre noch niemalen auß Sicilia kommen/ und
koͤnte kein Teutſches Wort; Alſo ſahe ich auch/ wie
in einem Trachten-Buch/ die Geſtalten der Perſer/
Japonier/ Moſcowiter/ Finnen/ Lappen/ und aller
andern Nationen in der gantzen Welt.
Jch bedorffte nit viel Complimenteu zu machen/
dann der Koͤnig fienge ſelbſt an ſein gut Teutſch mit
mir zu reden/ in dem ſein erſtes Wort war/ daß er
fragte: Auß was Urſach haſtu dich unterfangen/ uns
gleichſam gantz muthwilliger Weis ſo einen Hauffen
Stein zuzuſchicken? Jch antwortet kurtz/ weil bey
uns einem jeden erlaubt iſt/ an einer verſchloſſenen
Thuͤr anzuklopffen; Darauff ſagte er: Wie/ wenn
du aber den Lohn deiner fuͤrwitzigen Importunitaͤt
empfingeſt? Jch antwortet/ ich kan mit keiner groͤſ-
ſern Straff belegt werden/ als daß ich ſterbe/ ſinte-
mal ich aber ſeithero ſo viel Wunder erfahren und
geſehen/ die unter ſo viel Millionen Menſchen keiner
das Gluͤck nit hat/ wuͤrde mir mein Sterben ein ge-
ringes/ und mein Todt vor gar keine Straff zu rech-
nen ſeyn; Ach elende Blindheit! ſagte hierauff der
Koͤnig/ und hub damit die Augen auff/ gleich wie ei-
ner der auß Verwunderung gen Himmel ſchauet/
ferner ſagend: Jhr Menſchen koͤnt nur einmal ſter-
den/ und ihr Chriſten ſoltet den Todt nit eher getroſt
zu uͤberſtehen wiſſen/ ihr waͤret dann vermittelſt eures
Glaubens und Liebe gegen Gott durch eine unzweif-
felhaffte Hoffnung verſichert/ daß eure Seelen das
Angeſicht deß Hoͤchſten eigentlich anſchauen wuͤr-
den/ ſo bald der ſterbende Leib die Augen zuthaͤte:
Aber
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDer angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |