German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi je länger je weiter von dem Ort/ wohin ich am aller-meisten begehrte/ und was das schlimste war/ wurde ichs nicht eher innen/ biß sich die Sonn neigte/ und ich mir nit mehr zu helffen wuste/ da stunde ich mitten in einer Wildnus wie Matz von Dreßden/ beydes ohne Speiß und Gewehr/ dessen ich gegen die bevor- stehende Nacht wol bedörfftig gewest wäre; Doch tröstete mich mein Stein/ den ich mit mir auß dem innersten Jngeweid der Erden herauß gebracht hatte: Gedult/ Gedult! sagte ich zu mir selber/ dieser wird dich aller überstandenen Noth wiederum ergetzen/ gut Ding will Weil haben/ und vortreffliche Sa- chen werden ohne grosse Mühe und Arbeit nicht er- worben/ sonst würde jeder Narr ohne schnauffens und Bart wischens einen solchen edlen Sauerbrun- nen/ wie du einen in der Daschen hast/ seines Gesal- lens zu wegen bringen. Da ich mir nun solcher gestalt zugesprochen/ unver-
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi je laͤnger je weiter von dem Ort/ wohin ich am aller-meiſten begehrte/ und was das ſchlimſte war/ wurde ichs nicht eher innen/ biß ſich die Sonn neigte/ und ich mir nit mehr zu helffen wuſte/ da ſtunde ich mitten in einer Wildnus wie Matz von Dreßden/ beydes ohne Speiß und Gewehr/ deſſen ich gegen die bevor- ſtehende Nacht wol bedoͤrfftig geweſt waͤre; Doch troͤſtete mich mein Stein/ den ich mit mir auß dem innerſten Jngeweid der Erden herauß gebracht hatte: Gedult/ Gedult! ſagte ich zu mir ſelber/ dieſer wird dich aller uͤberſtandenen Noth wiederum ergetzen/ gut Ding will Weil haben/ und vortreffliche Sa- chen werden ohne groſſe Muͤhe und Arbeit nicht er- woꝛben/ ſonſt wuͤrde jeder Narꝛ ohne ſchnauffens und Bart wiſchens einen ſolchen edlen Sauerbrun- nen/ wie du einen in der Daſchen haſt/ ſeines Geſal- lens zu wegen bringen. Da ich mir nun ſolcher geſtalt zugeſprochen/ unver-
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
je laͤnger je weiter von dem Ort/ wohin ich am aller-
meiſten begehrte/ und was das ſchlimſte war/ wurde
ichs nicht eher innen/ biß ſich die Sonn neigte/ und
ich mir nit mehr zu helffen wuſte/ da ſtunde ich mitten
in einer Wildnus wie Matz von Dreßden/ beydes
ohne Speiß und Gewehr/ deſſen ich gegen die bevor-
ſtehende Nacht wol bedoͤrfftig geweſt waͤre; Doch
troͤſtete mich mein Stein/ den ich mit mir auß dem
innerſten Jngeweid der Erden herauß gebracht hatte:
Gedult/ Gedult! ſagte ich zu mir ſelber/ dieſer wird
dich aller uͤberſtandenen Noth wiederum ergetzen/
gut Ding will Weil haben/ und vortreffliche Sa-
chen werden ohne groſſe Muͤhe und Arbeit nicht er-
woꝛben/ ſonſt wuͤrde jeder Narꝛ ohne ſchnauffens
und Bart wiſchens einen ſolchen edlen Sauerbrun-
nen/ wie du einen in der Daſchen haſt/ ſeines Geſal-
lens zu wegen bringen.
Da ich mir nun ſolcher geſtalt zugeſprochen/
faßte ich zugleich mit der neuen Reſolution auch neue
Kraͤfften/ maſſen ich weit dapfferer als zuvor auff die
Solen tratte/ ob mich gleich die Nacht daruͤber er-
eylte; der Vollmond leuchtete mir zwar fein/ aber
die hohe Dannen lieſſen mir ſein Liecht nicht ſo wol
gedeyen/ als denſelben Tag das tieffe Meer gethan
hatte/ doch kam ich ſo weit fort/ biß ich umb Mitter-
nacht von weitem ein Feuer gewahr wurde/ auff
welches ich den geraden Weg zugienge/ und von fer-
nen ſahe/ daß ſich etliche Wald-Bauren darbey be-
fanden/ die mit dem Hartz zu thun hatten: Wiewol
nun ſolchen Geſellen nit allzeit zu trauen/ ſo zwang
mich doch die Noth/ und riethe mir meine eigene
Courage ihnen zuzuſprechen; Jch hinderſchlich ſie
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