Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Abentheurl. Simplicissimi
derben oder umbbringen solten. Mit solcher Freund-
lichkeit brachte er zu wegen/ daß ich ihm all meine
Beschaffenheit/ vornemlich aber mein Geschlecht
und Herkommen vertraute. Darauff verwundert er
sich/ daß ich mitten im Krieg so unter den Baurn woh-
nen/ und zusehen möchte/ daß ein anderer sein Pferd
an meinen Zaun binde/ da ich doch mit bessern Eh-
ren das meinig an eines andern binden könte/ ich sol-
te (sagte er) den Degen wieder anhencken/ und meine
Gaben die mir Gott verliehen hätte/ nicht so hinderm
Ofen und beym Pflug verschimlen lassen/ er wüste/
wenn ich Schwedische Dienst annehmen würde/ daß
mich meine Qualitäten und Kriegs-Wissenschafften
bald hoch anbringen würden: Jch liesse mich hierzu
gar kaltsinnig an/ und sagte/ daß die Beförderung in
weitem Feld stünde/ wenn einer keine Freund hätte/
die einem unter die Arm griffen; hingegen replicirte
er/ meine Beschaffenheiten würden mir schon beydes
Freunde und Beförderung schaffen/ über das zweifle
er nicht/ daß ich nit Verwandte bey der Schwedischen
Haupt-Armee antreffen würde/ die auch etwas gel-
ten/ dann bey derselben viel vornehme Schottische von
Adel sich befänden/ ihm zwar (sagte er ferner) seye
vom Torstensohn ein Regiment versprochen/ wann
solches gehalten würde/ woran er denn gar nit zweif-
fele/ so wolte er mich alsbald zu seinem Obrist Leute-
nant machen. Mit solchen und dergleichen Worten
machte er mir das Maul gantz wässerig/ und weilen
noch schlechte Hoffnung auff den Frieden zu machen
war/ und ich deßwegen so wol fernerer Einquartie-
rung als gäntzlichen Ruins unterworffen/ als resol-
vi
rt ich mich wiederum mit zu machen/ und versprach

dem

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
derben oder umbbringen ſolten. Mit ſolcher Freund-
lichkeit brachte er zu wegen/ daß ich ihm all meine
Beſchaffenheit/ vornemlich aber mein Geſchlecht
und Herkommen vertraute. Darauff verwundert er
ſich/ daß ich mitten im Krieg ſo unter den Baurn woh-
nen/ und zuſehen moͤchte/ daß ein anderer ſein Pferd
an meinen Zaun binde/ da ich doch mit beſſern Eh-
ren das meinig an eines andern binden koͤnte/ ich ſol-
te (ſagte er) den Degen wieder anhencken/ und meine
Gaben die mir Gott verliehen haͤtte/ nicht ſo hinderm
Ofen und beym Pflug verſchimlen laſſen/ er wuͤſte/
wenn ich Schwediſche Dienſt annehmen wuͤrde/ daß
mich meine Qualitaͤten und Kriegs-Wiſſenſchafften
bald hoch anbringen wuͤrden: Jch lieſſe mich hierzu
gar kaltſinnig an/ und ſagte/ daß die Befoͤrderung in
weitem Feld ſtuͤnde/ wenn einer keine Freund haͤtte/
die einem unter die Arm griffen; hingegen replicirte
er/ meine Beſchaffenheiten wuͤrden mir ſchon beydes
Freunde und Befoͤrderung ſchaffen/ uͤber das zweifle
er nicht/ daß ich nit Verwandte bey der Schwediſchen
Haupt-Armee antreffen wuͤrde/ die auch etwas gel-
ten/ dann bey derſelben viel voꝛnehme Schottiſche von
Adel ſich befaͤnden/ ihm zwar (ſagte er ferner) ſeye
vom Torſtenſohn ein Regiment verſprochen/ wann
ſolches gehalten wuͤrde/ woran er denn gar nit zweif-
fele/ ſo wolte er mich alsbald zu ſeinem Obriſt Leute-
nant machen. Mit ſolchen und dergleichen Worten
machte er mir das Maul gantz waͤſſerig/ und weilen
noch ſchlechte Hoffnung auff den Frieden zu machen
war/ und ich deßwegen ſo wol fernerer Einquartie-
rung als gaͤntzlichen Ruins unterworffen/ als reſol-
vi
rt ich mich wiederum mit zu machen/ und verſprach

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0596" n="590"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß Abentheurl. <hi rendition="#aq">Simplici&#x017F;&#x017F;imi</hi></hi></fw><lb/>
derben oder umbbringen &#x017F;olten. Mit &#x017F;olcher Freund-<lb/>
lichkeit brachte er zu wegen/ daß ich ihm all meine<lb/>
Be&#x017F;chaffenheit/ vornemlich aber mein Ge&#x017F;chlecht<lb/>
und Herkommen vertraute. Darauff verwundert er<lb/>
&#x017F;ich/ daß ich mitten im Krieg &#x017F;o unter den Baurn woh-<lb/>
nen/ und zu&#x017F;ehen mo&#x0364;chte/ daß ein anderer &#x017F;ein Pferd<lb/>
an meinen Zaun binde/ da ich doch mit be&#x017F;&#x017F;ern Eh-<lb/>
ren das meinig an eines andern binden ko&#x0364;nte/ ich &#x017F;ol-<lb/>
te (&#x017F;agte er) den Degen wieder anhencken/ und meine<lb/>
Gaben die mir Gott verliehen ha&#x0364;tte/ nicht &#x017F;o hinderm<lb/>
Ofen und beym Pflug ver&#x017F;chimlen la&#x017F;&#x017F;en/ er wu&#x0364;&#x017F;te/<lb/>
wenn ich Schwedi&#x017F;che Dien&#x017F;t annehmen wu&#x0364;rde/ daß<lb/>
mich meine <hi rendition="#aq">Qualit</hi>a&#x0364;ten und Kriegs-Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften<lb/>
bald hoch anbringen wu&#x0364;rden: Jch lie&#x017F;&#x017F;e mich hierzu<lb/>
gar kalt&#x017F;innig an/ und &#x017F;agte/ daß die Befo&#x0364;rderung in<lb/>
weitem Feld &#x017F;tu&#x0364;nde/ wenn einer keine Freund ha&#x0364;tte/<lb/>
die einem unter die Arm griffen; hingegen <hi rendition="#aq">replici</hi>rte<lb/>
er/ meine Be&#x017F;chaffenheiten wu&#x0364;rden mir &#x017F;chon beydes<lb/>
Freunde und Befo&#x0364;rderung &#x017F;chaffen/ u&#x0364;ber das zweifle<lb/>
er nicht/ daß ich nit Verwandte bey der Schwedi&#x017F;chen<lb/>
Haupt-Armee antreffen wu&#x0364;rde/ die auch etwas gel-<lb/>
ten/ dann bey der&#x017F;elben viel vo&#xA75B;nehme Schotti&#x017F;che von<lb/>
Adel &#x017F;ich befa&#x0364;nden/ ihm zwar (&#x017F;agte er ferner) &#x017F;eye<lb/>
vom Tor&#x017F;ten&#x017F;ohn ein Regiment ver&#x017F;prochen/ wann<lb/>
&#x017F;olches gehalten wu&#x0364;rde/ woran er denn gar nit zweif-<lb/>
fele/ &#x017F;o wolte er mich alsbald zu &#x017F;einem Obri&#x017F;t Leute-<lb/>
nant machen. Mit &#x017F;olchen und dergleichen Worten<lb/>
machte er mir das Maul gantz wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erig/ und weilen<lb/>
noch &#x017F;chlechte Hoffnung auff den Frieden zu machen<lb/>
war/ und ich deßwegen &#x017F;o wol fernerer Einquartie-<lb/>
rung als ga&#x0364;ntzlichen <hi rendition="#aq">Ruins</hi> unterworffen/ als <hi rendition="#aq">re&#x017F;ol-<lb/>
vi</hi>rt ich mich wiederum mit zu machen/ und ver&#x017F;prach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[590/0596] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi derben oder umbbringen ſolten. Mit ſolcher Freund- lichkeit brachte er zu wegen/ daß ich ihm all meine Beſchaffenheit/ vornemlich aber mein Geſchlecht und Herkommen vertraute. Darauff verwundert er ſich/ daß ich mitten im Krieg ſo unter den Baurn woh- nen/ und zuſehen moͤchte/ daß ein anderer ſein Pferd an meinen Zaun binde/ da ich doch mit beſſern Eh- ren das meinig an eines andern binden koͤnte/ ich ſol- te (ſagte er) den Degen wieder anhencken/ und meine Gaben die mir Gott verliehen haͤtte/ nicht ſo hinderm Ofen und beym Pflug verſchimlen laſſen/ er wuͤſte/ wenn ich Schwediſche Dienſt annehmen wuͤrde/ daß mich meine Qualitaͤten und Kriegs-Wiſſenſchafften bald hoch anbringen wuͤrden: Jch lieſſe mich hierzu gar kaltſinnig an/ und ſagte/ daß die Befoͤrderung in weitem Feld ſtuͤnde/ wenn einer keine Freund haͤtte/ die einem unter die Arm griffen; hingegen replicirte er/ meine Beſchaffenheiten wuͤrden mir ſchon beydes Freunde und Befoͤrderung ſchaffen/ uͤber das zweifle er nicht/ daß ich nit Verwandte bey der Schwediſchen Haupt-Armee antreffen wuͤrde/ die auch etwas gel- ten/ dann bey derſelben viel voꝛnehme Schottiſche von Adel ſich befaͤnden/ ihm zwar (ſagte er ferner) ſeye vom Torſtenſohn ein Regiment verſprochen/ wann ſolches gehalten wuͤrde/ woran er denn gar nit zweif- fele/ ſo wolte er mich alsbald zu ſeinem Obriſt Leute- nant machen. Mit ſolchen und dergleichen Worten machte er mir das Maul gantz waͤſſerig/ und weilen noch ſchlechte Hoffnung auff den Frieden zu machen war/ und ich deßwegen ſo wol fernerer Einquartie- rung als gaͤntzlichen Ruins unterworffen/ als reſol- virt ich mich wiederum mit zu machen/ und verſprach dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/596
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/596>, abgerufen am 22.11.2024.