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Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

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hätte dienen mögen; und in dem sie sich
neben seiner Tugend auch seiner Schön-
heit erinnerte/ konte sie sich nichts anders
einbilden/ als es müste etwas Gött-
lichs an ihm seyn; Jn Summa sie wur-
de je länger je verliebter/ und bejammer-
te/ das sie das Glück nicht gehabt/ ihn
ehender zu sehen/ als wie er ihr das
Handwasser gab/ oder ihn ehender zu
hören/ als da sie hinder der Tapezerey
stnnde und ihn nicht sehen kunte; dann
sie gedachte; wann ich ihn ehender ge-
kant hätte/ so müste es mit seinem Un-
fal so weit nicht kommen seyn; ich wolte
ihn der Selicha schon bey zeiten aus den
Zähnen gezogen haben.

Dieses Fräulein hasste die Laster so
sehr/ das sie die Selicha nimmermehr
in ihrem Bettlager besucht hatte/ wann
es nicht um Josephs Wolfahrt wegen
beschehen wäre/ welche ihr anlag/ wie
ihr eigne; Sie hatte durch Verehrun-
gen und holdselige Conversation die Her-
tzen der Selichae beyden Kammer-Jung-
fern dermassen gewonnen und eingenom-

men/

haͤtte dienen moͤgen; und in dem ſie ſich
neben ſeiner Tugend auch ſeiner Schoͤn-
heit erinnerte/ konte ſie ſich nichts anders
einbilden/ als es muͤſte etwas Goͤtt-
lichs an ihm ſeyn; Jn Summa ſie wur-
de je laͤnger je verliebter/ und bejammer-
te/ das ſie das Gluͤck nicht gehabt/ ihn
ehender zu ſehen/ als wie er ihr das
Handwaſſer gab/ oder ihn ehender zu
hoͤren/ als da ſie hinder der Tapezerey
ſtnnde und ihn nicht ſehen kunte; dann
ſie gedachte; wann ich ihn ehender ge-
kant haͤtte/ ſo muͤſte es mit ſeinem Un-
fal ſo weit nicht kommen ſeyn; ich wolte
ihn der Selicha ſchon bey zeiten aus den
Zaͤhnen gezogen haben.

Dieſes Fraͤulein haſſte die Laſter ſo
ſehr/ das ſie die Selicha nimmermehr
in ihrem Bettlager beſucht hatte/ wann
es nicht um Joſephs Wolfahrt wegen
beſchehen waͤre/ welche ihr anlag/ wie
ihr eigne; Sie hatte durch Verehrun-
gen uñ holdſelige Converſation die Her-
tzen der Selichæ beyden Kam̃er-Jung-
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[130.[130]/0134] haͤtte dienen moͤgen; und in dem ſie ſich neben ſeiner Tugend auch ſeiner Schoͤn- heit erinnerte/ konte ſie ſich nichts anders einbilden/ als es muͤſte etwas Goͤtt- lichs an ihm ſeyn; Jn Summa ſie wur- de je laͤnger je verliebter/ und bejammer- te/ das ſie das Gluͤck nicht gehabt/ ihn ehender zu ſehen/ als wie er ihr das Handwaſſer gab/ oder ihn ehender zu hoͤren/ als da ſie hinder der Tapezerey ſtnnde und ihn nicht ſehen kunte; dann ſie gedachte; wann ich ihn ehender ge- kant haͤtte/ ſo muͤſte es mit ſeinem Un- fal ſo weit nicht kommen ſeyn; ich wolte ihn der Selicha ſchon bey zeiten aus den Zaͤhnen gezogen haben. Dieſes Fraͤulein haſſte die Laſter ſo ſehr/ das ſie die Selicha nimmermehr in ihrem Bettlager beſucht hatte/ wann es nicht um Joſephs Wolfahrt wegen beſchehen waͤre/ welche ihr anlag/ wie ihr eigne; Sie hatte durch Verehrun- gen uñ holdſelige Converſation die Her- tzen der Selichæ beyden Kam̃er-Jung- fern dermaſſen gewoñen und eingenom- men/

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Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 130.[130]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/134>, abgerufen am 27.11.2024.