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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Noch eine geraume Weile stand der "ruchlose Mensch" in Gedanken und knüpfte dann vor dem kleinen Spiegel seine schwarze Cravatte von Neuem, die in der Hitze des Gefechts aufgegangen war. Auch ein kleiner Kamm durchfurchte seine blonden Locken, die auf dem Scheitel sichtlich dünn waren und an einzelnen Stellen in das Graue hinüberspielten. Dann zog er wieder sein unvermeidliches Opernglas aus der Tasche und recognoscirte das "feindliche Terrain", wie er es nannte. Mit der Alten ist nichts zu machen, ich muß auf eigene Faust handeln, sagte er und verließ voll unbestimmter, aber gleichwohl kühner Entwürfe das Gartenhaus.

Bereits war er bis zur Ausgangspforte gekommen, die über eine kleine Brücke auf die Landstraße führte, als er plötzlich seinen Namen hörte.

Er wandte sich und sah, wie die Frau Conrectorin ihm winkte, sie stand halb verdeckt von den mannshohen Himbeersträuchern.

Mühsam schlug sich der Vetter durch die grüne, duftende Pflanzenwildniß, und beide gingen dann den engen Kiesweg, bis sie zu dem kleinen Platz vor dem Hinterhause kamen, wo die Bienenstöcke standen.

Vetterchen, sagte die Conrectorin mit weichem, versöhnlichem Ton, ich will nicht, daß Sie in Unfrieden von mir gehen. Obwohl Sie alt genug sind, um verantwortlich für Ihre Handlungen zu sein, liegt mir doch daran, daß Sie unserem Namen und unserer Familie keine Unehre machen, und daß Sie -- dabei stahl sich

Noch eine geraume Weile stand der „ruchlose Mensch“ in Gedanken und knüpfte dann vor dem kleinen Spiegel seine schwarze Cravatte von Neuem, die in der Hitze des Gefechts aufgegangen war. Auch ein kleiner Kamm durchfurchte seine blonden Locken, die auf dem Scheitel sichtlich dünn waren und an einzelnen Stellen in das Graue hinüberspielten. Dann zog er wieder sein unvermeidliches Opernglas aus der Tasche und recognoscirte das „feindliche Terrain“, wie er es nannte. Mit der Alten ist nichts zu machen, ich muß auf eigene Faust handeln, sagte er und verließ voll unbestimmter, aber gleichwohl kühner Entwürfe das Gartenhaus.

Bereits war er bis zur Ausgangspforte gekommen, die über eine kleine Brücke auf die Landstraße führte, als er plötzlich seinen Namen hörte.

Er wandte sich und sah, wie die Frau Conrectorin ihm winkte, sie stand halb verdeckt von den mannshohen Himbeersträuchern.

Mühsam schlug sich der Vetter durch die grüne, duftende Pflanzenwildniß, und beide gingen dann den engen Kiesweg, bis sie zu dem kleinen Platz vor dem Hinterhause kamen, wo die Bienenstöcke standen.

Vetterchen, sagte die Conrectorin mit weichem, versöhnlichem Ton, ich will nicht, daß Sie in Unfrieden von mir gehen. Obwohl Sie alt genug sind, um verantwortlich für Ihre Handlungen zu sein, liegt mir doch daran, daß Sie unserem Namen und unserer Familie keine Unehre machen, und daß Sie — dabei stahl sich

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[0064] Noch eine geraume Weile stand der „ruchlose Mensch“ in Gedanken und knüpfte dann vor dem kleinen Spiegel seine schwarze Cravatte von Neuem, die in der Hitze des Gefechts aufgegangen war. Auch ein kleiner Kamm durchfurchte seine blonden Locken, die auf dem Scheitel sichtlich dünn waren und an einzelnen Stellen in das Graue hinüberspielten. Dann zog er wieder sein unvermeidliches Opernglas aus der Tasche und recognoscirte das „feindliche Terrain“, wie er es nannte. Mit der Alten ist nichts zu machen, ich muß auf eigene Faust handeln, sagte er und verließ voll unbestimmter, aber gleichwohl kühner Entwürfe das Gartenhaus. Bereits war er bis zur Ausgangspforte gekommen, die über eine kleine Brücke auf die Landstraße führte, als er plötzlich seinen Namen hörte. Er wandte sich und sah, wie die Frau Conrectorin ihm winkte, sie stand halb verdeckt von den mannshohen Himbeersträuchern. Mühsam schlug sich der Vetter durch die grüne, duftende Pflanzenwildniß, und beide gingen dann den engen Kiesweg, bis sie zu dem kleinen Platz vor dem Hinterhause kamen, wo die Bienenstöcke standen. Vetterchen, sagte die Conrectorin mit weichem, versöhnlichem Ton, ich will nicht, daß Sie in Unfrieden von mir gehen. Obwohl Sie alt genug sind, um verantwortlich für Ihre Handlungen zu sein, liegt mir doch daran, daß Sie unserem Namen und unserer Familie keine Unehre machen, und daß Sie — dabei stahl sich

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/64>, abgerufen am 04.12.2024.