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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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schien es, als ob die junge Frau sich zu den Füßen ihres Tyrannen geworfen hätte.

Nichts da, nichts da, nur keine Komödienscenen, meine Liebe! sagte der Alte. Du machst mir ja die ganze Nachbarschaft rebellisch. Ein Glück, daß die alte Eule da drüben schläft; aber sie könnte doch etwas hören --

Wieder trat die gute Frau erschrocken zurück, und im nächsten Momente wurde das offene Fenster im Hofgut zugeschlagen, daß die Scheiben klirrten. Sie hatte übrigens genug gehört, und ihr Entschluß war gefaßt.

Für den Vetter konnten die Aussichten nicht günstiger stehen, wie nämlich die Frau Conrectorin meinte.

-- Er war offenbar mit Frau Julien im Stadtpark gesehen worden, man wollte sie zu einem neuen, verhaßten Bündniß zwingen, um sie los zu werden -- warum nicht? -- eine neue und bessere Heirath konnte sie allein retten, die Unglückliche -- und hatte sie nicht selbst an den Vetter geschrieben mit ausdrücklichen Worten: "Sie wären vielleicht der Einzige gewesen, der mein Befreier werden konnte"? -- O, der Vetter hatte alle Ursache, zu hoffen, und sie selbst die schönste Aussicht, sich an dem alten Bären zu rächen, der sie eine Kupplerin -- ja noch entsetzlicher -- eine Eule genannt hatte.

Und wie es anzustellen sei, um zum gewünschten Ziele zu kommen, wußte sie nun auch und begab sich zufrieden zur Ruhe. Dieser ereignißvolle Tag hatte ganz

schien es, als ob die junge Frau sich zu den Füßen ihres Tyrannen geworfen hätte.

Nichts da, nichts da, nur keine Komödienscenen, meine Liebe! sagte der Alte. Du machst mir ja die ganze Nachbarschaft rebellisch. Ein Glück, daß die alte Eule da drüben schläft; aber sie könnte doch etwas hören —

Wieder trat die gute Frau erschrocken zurück, und im nächsten Momente wurde das offene Fenster im Hofgut zugeschlagen, daß die Scheiben klirrten. Sie hatte übrigens genug gehört, und ihr Entschluß war gefaßt.

Für den Vetter konnten die Aussichten nicht günstiger stehen, wie nämlich die Frau Conrectorin meinte.

— Er war offenbar mit Frau Julien im Stadtpark gesehen worden, man wollte sie zu einem neuen, verhaßten Bündniß zwingen, um sie los zu werden — warum nicht? — eine neue und bessere Heirath konnte sie allein retten, die Unglückliche — und hatte sie nicht selbst an den Vetter geschrieben mit ausdrücklichen Worten: „Sie wären vielleicht der Einzige gewesen, der mein Befreier werden konnte“? — O, der Vetter hatte alle Ursache, zu hoffen, und sie selbst die schönste Aussicht, sich an dem alten Bären zu rächen, der sie eine Kupplerin — ja noch entsetzlicher — eine Eule genannt hatte.

Und wie es anzustellen sei, um zum gewünschten Ziele zu kommen, wußte sie nun auch und begab sich zufrieden zur Ruhe. Dieser ereignißvolle Tag hatte ganz

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[0080] schien es, als ob die junge Frau sich zu den Füßen ihres Tyrannen geworfen hätte. Nichts da, nichts da, nur keine Komödienscenen, meine Liebe! sagte der Alte. Du machst mir ja die ganze Nachbarschaft rebellisch. Ein Glück, daß die alte Eule da drüben schläft; aber sie könnte doch etwas hören — Wieder trat die gute Frau erschrocken zurück, und im nächsten Momente wurde das offene Fenster im Hofgut zugeschlagen, daß die Scheiben klirrten. Sie hatte übrigens genug gehört, und ihr Entschluß war gefaßt. Für den Vetter konnten die Aussichten nicht günstiger stehen, wie nämlich die Frau Conrectorin meinte. — Er war offenbar mit Frau Julien im Stadtpark gesehen worden, man wollte sie zu einem neuen, verhaßten Bündniß zwingen, um sie los zu werden — warum nicht? — eine neue und bessere Heirath konnte sie allein retten, die Unglückliche — und hatte sie nicht selbst an den Vetter geschrieben mit ausdrücklichen Worten: „Sie wären vielleicht der Einzige gewesen, der mein Befreier werden konnte“? — O, der Vetter hatte alle Ursache, zu hoffen, und sie selbst die schönste Aussicht, sich an dem alten Bären zu rächen, der sie eine Kupplerin — ja noch entsetzlicher — eine Eule genannt hatte. Und wie es anzustellen sei, um zum gewünschten Ziele zu kommen, wußte sie nun auch und begab sich zufrieden zur Ruhe. Dieser ereignißvolle Tag hatte ganz

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:31:15Z)

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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/80>, abgerufen am 29.11.2024.