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Grünberg, Helene: Frauenwahlrecht und Sozialpolitik. In: Frauenwahlrecht! Herausgegeben zum Ersten Sozialdemokratischen Frauentag von Clara Zetkin. 19. März 1911, S. 7–8.

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Frauenwahlrecht
der Gesetzgebung für die Arbeiterinnen eine Stunde Arbeitszeit-
verkürzung. Und auch diese ist nur durch den Druck der gewerk-
schaftlich organisierten, der politisch kämpfenden Arbeiterklasse
errungen worden. Gäbe das Wahlrecht den Frauen Einfluß
auf die Zusammensetzung des Reichstags, säßen dort mehr
sozialdemokratische Vertreter der Arbeiterklasse, Frauen so gut
wie Männer, so würde der Zehnstundentag für die Arbeite-
rinnen schon seit vielen Jahren Gesetz und die Einführung des
gesetzlichen Achtstundentags für alle weiblichen Lohnarbeiterinnen
in greifbare Nähe gerückt sein. Die Gesetzgebungsmaschinerie
würde ohne Zweifel schneller und umsichtiger im Dienste der
Sozialpolitik arbeiten als heute.

Was sehen wir jetzt? 4 1/4 Millionen landwirtschaftliche Ar-
beiterinnen und 1 1/4 Millionen häusliche Dienstboten sind dank
der mittelalterlichen Gesindeverordnungen vogelfrei. Für diese
5 1/2 Millionen Proletarierinnen gibt es keine gesetzlich geregelte
Arbeitszeit. Unvernunft und Willkür der Herrschaften können
unumschränkt darüber verfügen. Viele Zehntausende Heim-
arbeiterinnen können sich ungeschützt
durch die Gesetzgebung langsam zu
Tode quälen. Die halbe Million Hand-
lungsgehilfinnen ermangeln ausreichen-
den Schutzes, den Verkäuferinnen sichert
das Gesetz nicht einmal die volle Sonn-
tagsruhe. Die Kellnerinnen sind dank
unserer Sozialpolitik mit dem gesetzlich
festgelegten Arbeitstag von 16 Stunden
beglückt.

Und wie hat die deutsche Sozial-
politik für die 1 1/2 Millionen Fabrik-
arbeiterinnen gesorgt, die doch verhält-
nismäßig noch am meisten von ihr be-
rücksichtigt worden sind? Der gesetzliche
Zehnstundentag kann durch Überstunden
zum ebenso gesetzlichen Zwölfstunden-
tag werden. Das Gesetz erlaubt, daß
der Arbeitsschluß an den Sonnabenden
statt um 5 Uhr erst um 8 Uhr erfolgt.
Die hygienischen und sanitären Vor-
schriften über Ventilation, Staubsaug-
apparate, gründliche Reinigung der
Arbeitssäle, Schutzvorrichtungen usw.
sind zum großen Teil papierner Natur.
Sie werden selten innegehalten, da die gesamten Dinge den
Arbeitgebern Geld kosten und Arbeiter billig sind. Die Kon-
trolle durch die Gewerbeinspektion muß unzulänglich bleiben,
da die Zahl der Gewerbebeamten viel zu klein ist, und diesen
obendrein keine Exekutivgewalt zusteht. Nicht nur die Gesund-
heit der Arbeiterinnen, ihr Leben selbst ist dadurch gefährdet.
Wie oft werden nicht aus Profitgier die Vorschriften über die
Schutzvorrichtungen umgegangen! Die Zahl der Unfälle und
Todesfälle auf dem Schlachtfeld der Arbeit klagt unsere mehr
als mangelhafte Sozialpolitik an. 1909 wurden 9363 Tote und
129707 Schwerverwundete gezählt, die Zahl der Verunglückten
überhaupt betrug 664277. Das nennt sich der "Frieden" der
göttlichen Weltordnung! Unter diesen Opfern der kapitalistischen
Wirtschaft gibt es Tausende von Arbeiterinnen, und nach vielen
Zehntausenden zählen die Proletarierinnen, die als Mütter,
Gattinnen, Töchter, Schwestern von Verunglückten schweres
Herzeleid und bittere Not erfahren.

Könnten die Frauen der werktätigen Massen als Wählerinnen
und Gewählte den gesetzlichen Arbeiterinnenschutz, die Sozial-
politik überhaupt umgestalten helfen, es würde anders aussehen,
als die wenigen Beispiele gezeigt haben. Das Menschenrecht der
Arbeitenden, Ausgebeuteten würde größere Anerkennung finden.
Proletarierinnen, sorgt dafür, daß ihr zur treibenden Macht
auf sozialpolitischem Gebiet werdet! Erkämpft euer Wahlrecht,
damit diese gute und große Sache triumphiere, tretet den Ge-
werkschaften bei, soweit ihr Arbeiterinnen seid, schließt euch alle
in Stadt und Land der Sozialdemokratie an! Die Sozialdemo-
kratie, die moderne Arbeiterbewegung allein führt in Deutsch-
land das Frauenwahlrecht zum Siege!

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Frauenwahlrecht
der Gesetzgebung für die Arbeiterinnen eine Stunde Arbeitszeit-
verkürzung. Und auch diese ist nur durch den Druck der gewerk-
schaftlich organisierten, der politisch kämpfenden Arbeiterklasse
errungen worden. Gäbe das Wahlrecht den Frauen Einfluß
auf die Zusammensetzung des Reichstags, säßen dort mehr
sozialdemokratische Vertreter der Arbeiterklasse, Frauen so gut
wie Männer, so würde der Zehnstundentag für die Arbeite-
rinnen schon seit vielen Jahren Gesetz und die Einführung des
gesetzlichen Achtstundentags für alle weiblichen Lohnarbeiterinnen
in greifbare Nähe gerückt sein. Die Gesetzgebungsmaschinerie
würde ohne Zweifel schneller und umsichtiger im Dienste der
Sozialpolitik arbeiten als heute.

Was sehen wir jetzt? 4 ¼ Millionen landwirtschaftliche Ar-
beiterinnen und 1 ¼ Millionen häusliche Dienstboten sind dank
der mittelalterlichen Gesindeverordnungen vogelfrei. Für diese
5 ½ Millionen Proletarierinnen gibt es keine gesetzlich geregelte
Arbeitszeit. Unvernunft und Willkür der Herrschaften können
unumschränkt darüber verfügen. Viele Zehntausende Heim-
arbeiterinnen können sich ungeschützt
durch die Gesetzgebung langsam zu
Tode quälen. Die halbe Million Hand-
lungsgehilfinnen ermangeln ausreichen-
den Schutzes, den Verkäuferinnen sichert
das Gesetz nicht einmal die volle Sonn-
tagsruhe. Die Kellnerinnen sind dank
unserer Sozialpolitik mit dem gesetzlich
festgelegten Arbeitstag von 16 Stunden
beglückt.

Und wie hat die deutsche Sozial-
politik für die 1 ½ Millionen Fabrik-
arbeiterinnen gesorgt, die doch verhält-
nismäßig noch am meisten von ihr be-
rücksichtigt worden sind? Der gesetzliche
Zehnstundentag kann durch Überstunden
zum ebenso gesetzlichen Zwölfstunden-
tag werden. Das Gesetz erlaubt, daß
der Arbeitsschluß an den Sonnabenden
statt um 5 Uhr erst um 8 Uhr erfolgt.
Die hygienischen und sanitären Vor-
schriften über Ventilation, Staubsaug-
apparate, gründliche Reinigung der
Arbeitssäle, Schutzvorrichtungen usw.
sind zum großen Teil papierner Natur.
Sie werden selten innegehalten, da die gesamten Dinge den
Arbeitgebern Geld kosten und Arbeiter billig sind. Die Kon-
trolle durch die Gewerbeinspektion muß unzulänglich bleiben,
da die Zahl der Gewerbebeamten viel zu klein ist, und diesen
obendrein keine Exekutivgewalt zusteht. Nicht nur die Gesund-
heit der Arbeiterinnen, ihr Leben selbst ist dadurch gefährdet.
Wie oft werden nicht aus Profitgier die Vorschriften über die
Schutzvorrichtungen umgegangen! Die Zahl der Unfälle und
Todesfälle auf dem Schlachtfeld der Arbeit klagt unsere mehr
als mangelhafte Sozialpolitik an. 1909 wurden 9363 Tote und
129707 Schwerverwundete gezählt, die Zahl der Verunglückten
überhaupt betrug 664277. Das nennt sich der „Frieden“ der
göttlichen Weltordnung! Unter diesen Opfern der kapitalistischen
Wirtschaft gibt es Tausende von Arbeiterinnen, und nach vielen
Zehntausenden zählen die Proletarierinnen, die als Mütter,
Gattinnen, Töchter, Schwestern von Verunglückten schweres
Herzeleid und bittere Not erfahren.

Könnten die Frauen der werktätigen Massen als Wählerinnen
und Gewählte den gesetzlichen Arbeiterinnenschutz, die Sozial-
politik überhaupt umgestalten helfen, es würde anders aussehen,
als die wenigen Beispiele gezeigt haben. Das Menschenrecht der
Arbeitenden, Ausgebeuteten würde größere Anerkennung finden.
Proletarierinnen, sorgt dafür, daß ihr zur treibenden Macht
auf sozialpolitischem Gebiet werdet! Erkämpft euer Wahlrecht,
damit diese gute und große Sache triumphiere, tretet den Ge-
werkschaften bei, soweit ihr Arbeiterinnen seid, schließt euch alle
in Stadt und Land der Sozialdemokratie an! Die Sozialdemo-
kratie, die moderne Arbeiterbewegung allein führt in Deutsch-
land das Frauenwahlrecht zum Siege!

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Zitationshilfe: Grünberg, Helene: Frauenwahlrecht und Sozialpolitik. In: Frauenwahlrecht! Herausgegeben zum Ersten Sozialdemokratischen Frauentag von Clara Zetkin. 19. März 1911, S. 7–8, hier S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gruenberg_frauenwahlrecht_1911/2>, abgerufen am 23.11.2024.