Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.ANDREAE GRYPHII. SONNETTE. Das Ander Buch. I. Morgen Sonnet. DJe ewig helle schar wil nun ihr licht ver- schlissen/ Diane steht erblaßt; die Morgenrötte lacht Den grawen Himmel an/ der sanffte Wind erwacht/ Vnd reitzt das Federvolck/ den newen Tag zu grüssen. Das leben dieser welt/ eilt schon die welt zu küssen/ Vnd steckt sein Haupt empor/ man siht der Stralen pracht Nun blinckern auf der See: O dreymal höchste Macht Erleuchte den/ der sich jtzt beugt vor deinen Füssen. Vertreib die dicke Nacht/ die meine Seel vmbgibt/ Die Schmertzen Finßernüß die Hertz vnd geift betrübt/ Erquicke mein gemüt/ vnd stärcke mein vertrawen. Gib/ daß ich diesen Tag/ in deinem dinst allein Zubring; vnd wenn mein End' vnd jener Tag bricht ein Daß ich dich meine Sonn/ meiu Lichtmög ewig schawen. II. Mittag. AVff Freunde! last vnß zu der Taffel eylen/ Jn dem die Sonn ins Himmels mittel hält Vnd der von Hitz vnd arbeit matten Welt Sucht jhren weg/ vnd vnsern Tag zu theilen. Der M
ANDREÆ GRYPHII. SONNETTE. Das Ander Buch. I. Morgen Sonnet. DJe ewig helle ſchar wil nun ihr licht ver- ſchliſſen/ Diane ſteht erblaßt; die Morgenroͤtte lacht Den grawen Himmel an/ der ſanffte Wind erwacht/ Vnd reitzt das Federvolck/ den newen Tag zu gruͤſſen. Das leben dieſer welt/ eilt ſchon die welt zu kuͤſſen/ Vnd ſteckt ſein Haupt empor/ man ſiht der Stralẽ pracht Nun blinckern auf der See: O dreymal hoͤchſte Macht Erleuchte den/ der ſich jtzt beugt vor deinen Fuͤſſen. Vertreib die dicke Nacht/ die meine Seel vmbgibt/ Die Schmertzen Finßernuͤß die Hertz vnd geift betruͤbt/ Erquicke mein gemuͤt/ vnd ſtaͤrcke mein vertrawen. Gib/ daß ich dieſen Tag/ in deinem dinſt allein Zubring; vnd wenn mein End’ vnd jener Tag bricht ein Daß ich dich meine Sonn/ meiu Lichtmoͤg ewig ſchawen. II. Mittag. AVff Freunde! laſt vnß zu der Taffel eylen/ Jn dem die Sonn ins Himmels mittel haͤlt Vnd der von Hitz vnd arbeit matten Welt Sucht jhren weg/ vnd vnſern Tag zu theilen. Der M
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ANDREÆ GRYPHII.
SONNETTE.
Das Ander Buch.
I. Morgen Sonnet.
DJe ewig helle ſchar wil nun ihr licht ver-
ſchliſſen/
Diane ſteht erblaßt; die Morgenroͤtte
lacht
Den grawen Himmel an/ der ſanffte
Wind erwacht/
Vnd reitzt das Federvolck/ den newen Tag
zu gruͤſſen.
Das leben dieſer welt/ eilt ſchon die welt zu kuͤſſen/
Vnd ſteckt ſein Haupt empor/ man ſiht der Stralẽ pracht
Nun blinckern auf der See: O dreymal hoͤchſte Macht
Erleuchte den/ der ſich jtzt beugt vor deinen Fuͤſſen.
Vertreib die dicke Nacht/ die meine Seel vmbgibt/
Die Schmertzen Finßernuͤß die Hertz vnd geift betruͤbt/
Erquicke mein gemuͤt/ vnd ſtaͤrcke mein vertrawen.
Gib/ daß ich dieſen Tag/ in deinem dinſt allein
Zubring; vnd wenn mein End’ vnd jener Tag bricht ein
Daß ich dich meine Sonn/ meiu Lichtmoͤg ewig ſchawen.
II. Mittag.
AVff Freunde! laſt vnß zu der Taffel eylen/
Jn dem die Sonn ins Himmels mittel haͤlt
Vnd der von Hitz vnd arbeit matten Welt
Sucht jhren weg/ vnd vnſern Tag zu theilen.
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