Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.Leo Armenius Leo. Das sie auff vns gezuckt? Teo. die vnsern stuel gestütz't. Leo. Die vnter disem schein den stuel gesucht zu stürtzen. Theo. Wer kan der Fürsten zeit/ wenn Gott nicht wil/ ver- kürtzen? Leo. Gott wacht für vns vnd heist vns selbst auch wache seyn. Theo. Wenn Gott nicht selber wacht schläfft jeder wäch- ter eyn! Leo. Ja freylich schläft der Fürst der nicht den ernst läst scha- wen. Theo. Wo gar zu grosser ernst/ ist nichts alß furcht vnd gra- wen. Leo. Der ernst ist nicht zu groß ohn den kein Reich besteht. Theo. Der ernst ist viel zu groß/ durch den dz Reich vergeht. Leo. Nicht durch deß Schelmen todt/ den nur der todt kan bes- sern. Theo. Ein Pflaster heilt offt mehr/ denn viel mit flam- vnd messern. Leo. Hier hilfft kein Pflaster mehr! wz hab ich nicht versucht. Theo. Der höchste strafft nicht bald/ wenn jemand etwan flucht. Leo. Wer spricht nicht daß ich mehr denn nur zuviel geschonet? Theo. Der/ der nicht lieber strafft/ als hoher tugeud lohnet. Leo. Jch habe mehr belohnt alß zubelohnen war. Theo. Ein Fürst gibt nicht zuviel/ gibt er gleich jahr für jahr. Leo. Mag noch was übrig seyn das ich jhm nicht gegeben? Theo. Ach ja. Leo. sag an/ was ists. Theo. sehr viel. Leo. was ists. Theo. das Leben. Leo. Das leben/ dem der nichts alß meiner liebsten noth/ Der Kinder vntergang/ vnd seines Fürsten todt Mit ernstem Eyver sucht/ auff dessen grause sünden Man nicht recht gleiche straff vnd Vrtheil weiß zu finden. Theo. Gnad überwigt/ was nicht die straff erheben kan: Leo. Die wage reißt entzwey/ wenn man kein Recht sieht an. Theo. Das Recht hat seinen gang/ last gnad' jhm nun be- gegnen. Leo. Der Himmel wil das Haupt/ das Laster abstraff't/ segnen. Theo.
Leo Armenius Leo. Das ſie auff vns gezuckt? Teo. die vnſern ſtuel geſtuͤtz’t. Leo. Die vnter diſem ſchein den ſtuel geſucht zu ſtuͤrtzen. Theo. Wer kan der Fuͤrſten zeit/ wenn Gott nicht wil/ ver- kuͤrtzen? Leo. Gott wacht fuͤr vns vnd heiſt vns ſelbſt auch wache ſeyn. Theo. Wenn Gott nicht ſelber wacht ſchlaͤfft jeder waͤch- ter eyn! Leo. Ja freylich ſchlaͤft der Fuͤrſt der nicht den ernſt laͤſt ſcha- wen. Theo. Wo gar zu groſſer ernſt/ iſt nichts alß furcht vnd gra- wen. Leo. Der ernſt iſt nicht zu groß ohn den kein Reich beſteht. Theo. Der ernſt iſt viel zu groß/ durch den dz Reich vergeht. Leo. Nicht durch deß Schelmen todt/ den nur der todt kan beſ- ſern. Theo. Ein Pflaſter heilt offt mehr/ denn viel mit flam- vnd meſſern. Leo. Hier hilfft kein Pflaſter mehr! wz hab ich nicht verſucht. Theo. Der hoͤchſte ſtrafft nicht bald/ wenn jemand etwan flucht. Leo. Wer ſpricht nicht daß ich mehr deñ nur zuviel geſchonet? Theo. Der/ der nicht lieber ſtrafft/ als hoher tugeud lohnet. Leo. Jch habe mehr belohnt alß zubelohnen war. Theo. Ein Fuͤrſt gibt nicht zuviel/ gibt er gleich jahr fuͤr jahr. Leo. Mag noch was uͤbrig ſeyn das ich jhm nicht gegeben? Theo. Ach ja. Leo. ſag an/ was iſts. Theo. ſehr viel. Leo. was iſts. Theo. das Leben. Leo. Das leben/ dem der nichts alß meiner liebſten noth/ Der Kinder vntergang/ vnd ſeines Fuͤrſten todt Mit ernſtem Eyver ſucht/ auff deſſen grauſe ſuͤnden Man nicht recht gleiche ſtraff vnd Vrtheil weiß zu finden. Theo. Gnad uͤberwigt/ was nicht die ſtraff erheben kan: Leo. Die wage reißt entzwey/ wenn man kein Recht ſieht an. Theo. Das Recht hat ſeinen gang/ laſt gnad’ jhm nun be- gegnen. Leo. Der Himmel wil das Haupt/ das Laſter abſtraff’t/ ſegnen. Theo.
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Theo. Wer kan der Fuͤrſten zeit/ wenn Gott nicht wil/ ver-
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Leo. Gott wacht fuͤr vns vnd heiſt vns ſelbſt auch wache ſeyn.
Theo. Wenn Gott nicht ſelber wacht ſchlaͤfft jeder waͤch-
ter eyn!
Leo. Ja freylich ſchlaͤft der Fuͤrſt der nicht den ernſt laͤſt ſcha-
wen.
Theo. Wo gar zu groſſer ernſt/ iſt nichts alß furcht vnd gra-
wen.
Leo. Der ernſt iſt nicht zu groß ohn den kein Reich beſteht.
Theo. Der ernſt iſt viel zu groß/ durch den dz Reich vergeht.
Leo. Nicht durch deß Schelmen todt/ den nur der todt kan beſ-
ſern.
Theo. Ein Pflaſter heilt offt mehr/ denn viel mit flam- vnd
meſſern.
Leo. Hier hilfft kein Pflaſter mehr! wz hab ich nicht verſucht.
Theo. Der hoͤchſte ſtrafft nicht bald/ wenn jemand etwan
flucht.
Leo. Wer ſpricht nicht daß ich mehr deñ nur zuviel geſchonet?
Theo. Der/ der nicht lieber ſtrafft/ als hoher tugeud lohnet.
Leo. Jch habe mehr belohnt alß zubelohnen war.
Theo. Ein Fuͤrſt gibt nicht zuviel/ gibt er gleich jahr fuͤr jahr.
Leo. Mag noch was uͤbrig ſeyn das ich jhm nicht gegeben?
Theo. Ach ja. Leo. ſag an/ was iſts.
Theo. ſehr viel.
Leo.
was iſts.
Theo. das Leben.
Leo. Das leben/ dem der nichts alß meiner liebſten noth/
Der Kinder vntergang/ vnd ſeines Fuͤrſten todt
Mit ernſtem Eyver ſucht/ auff deſſen grauſe ſuͤnden
Man nicht recht gleiche ſtraff vnd Vrtheil weiß zu finden.
Theo. Gnad uͤberwigt/ was nicht die ſtraff erheben kan:
Leo. Die wage reißt entzwey/ wenn man kein Recht ſieht an.
Theo. Das Recht hat ſeinen gang/ laſt gnad’ jhm nun be-
gegnen.
Leo. Der Himmel wil das Haupt/ das Laſter abſtraff’t/
ſegnen.
Theo.
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