Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

Bild:
<< vorherige Seite
Leo Armenius
Sich in das Thränenthal begeben/
Jn welcher Gott kam von der Wolcken zelt;
Die werthe Nacht erquickt die grosse Welt.
I. Gegensatz.
Priester. Der jmmerhelle glantz/
Den Finsterniß verhüll't/ den dunckel hat verborgen
Reißt nun die deck entzwey/ die Sonne die ehr morgen
Eh' der besternte Krantz
Der Himmel weiten Baw geschmücket/
Eh' Ewigkeit selbst vorgeblicket/
Hervor gestralt/ in schimmerndlichter pracht;
Geht plötzlich auff/ in schwartzer Mitternacht.
I. Zusatz.
Jungfr. vnd Priester. Erden steh der Himmel bricht/
Doch nicht zutrennt von heissen Donnerkeilen:
Schaw't das geschöpff der Engel zu vnß eilen.
Weil der Schöpffer vnß zuespricht.
Doch nicht mehr mit schweren Wettern; nicht mit
grimmer glut vmbringet:
Ach! man hört sein zartes winseln: weil sein hohes
Feldheer singet.
II. Satz.
Priester. Wir jrr'ten sonder Licht.
Verbann't in schwartze nacht durch Gottes ernstes
fluchen:
Drumb wil der Segensheld/ vns in dem finstern suchen
Hört jhr sein ruffen nicht?
Jhr die deß Höchsten bild verlohren:
Schawt auff das Bild das euch gebohren/
Fragt nicht/ warumb es in dem Stall einzih't
Es sucht vns/ die mehr Viehisch alß ein Vieh.

II. Ge-
Leo Armenius
Sich in das Thraͤnenthal begeben/
Jn welcher Gott kam von der Wolcken zelt;
Die werthe Nacht erquickt die groſſe Welt.
I. Gegenſatz.
Prieſter. Der jmmerhelle glantz/
Den Finſterniß verhuͤll’t/ den dunckel hat verborgen
Reißt nun die deck entzwey/ die Sonne die ehr morgẽ
Eh’ der beſternte Krantz
Der Himmel weiten Baw geſchmuͤcket/
Eh’ Ewigkeit ſelbſt vorgeblicket/
Hervor geſtralt/ in ſchimmerndlichter pracht;
Geht ploͤtzlich auff/ in ſchwartzer Mitternacht.
I. Zuſatz.
Jungfr. vnd Prieſter. Erden ſteh der Himmel bricht/
Doch nicht zutrennt von heiſſen Donnerkeilen:
Schaw’t das geſchoͤpff der Engel zu vnß eilen.
Weil der Schoͤpffer vnß zueſpricht.
Doch nicht mehr mit ſchweren Wettern; nicht mit
grimmer glut vmbringet:
Ach! man hoͤrt ſein zartes winſeln: weil ſein hohes
Feldheer ſinget.
II. Satz.
Prieſter. Wir jrꝛ’ten ſonder Licht.
Verbann’t in ſchwartze nacht durch Gottes ernſtes
fluchen:
Drumb wil der Segensheld/ vns in dem finſtern ſuchẽ
Hoͤrt jhr ſein ruffen nicht?
Jhr die deß Hoͤchſten bild verlohren:
Schawt auff das Bild das euch gebohren/
Fragt nicht/ warumb es in dem Stall einzih’t
Es ſucht vns/ die mehr Viehiſch alß ein Vieh.

II. Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#JUN">
                <p><pb facs="#f0076" n="64"/><fw place="top" type="header">Leo Armenius</fw><lb/><hi rendition="#fr">S</hi>ich in das Thra&#x0364;nenthal begeben/<lb/><hi rendition="#fr">J</hi>n welcher Gott kam von der Wolcken zelt;<lb/>
Die werthe Nacht erquickt die gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">W</hi>elt.</p>
              </sp>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#aq">I.</hi> <hi rendition="#b">Gegen&#x017F;atz.</hi> </head><lb/>
              <sp who="#PRIES">
                <speaker>Prie&#x017F;ter.</speaker>
                <p>Der jmmerhelle glantz/<lb/>
Den <hi rendition="#fr">F</hi>in&#x017F;terniß verhu&#x0364;ll&#x2019;t/ den dunckel hat verborgen<lb/>
Reißt nun die deck entzwey/ die Sonne die ehr morg&#x1EBD;<lb/>
Eh&#x2019; der be&#x017F;ternte Krantz<lb/>
Der <hi rendition="#fr">H</hi>immel weiten <hi rendition="#fr">Baw</hi> ge&#x017F;chmu&#x0364;cket/<lb/>
Eh&#x2019; Ewigkeit &#x017F;elb&#x017F;t vorgeblicket/<lb/>
Hervor ge&#x017F;tralt/ in &#x017F;chimmerndlichter pracht;<lb/>
Geht plo&#x0364;tzlich auff/ in &#x017F;chwartzer Mitternacht.</p>
              </sp>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#aq">I.</hi> <hi rendition="#b">Zu&#x017F;atz.</hi> </head><lb/>
              <sp who="#JUN_PRIES">
                <speaker>Jungfr. vnd Prie&#x017F;ter.</speaker>
                <p>Erden &#x017F;teh der Himmel bricht/<lb/>
Do<hi rendition="#fr">ch</hi> nicht zutrennt von hei&#x017F;&#x017F;en Donnerkeilen:<lb/>
Schaw&#x2019;t das ge&#x017F;cho&#x0364;pff der Engel zu vnß eilen.<lb/><hi rendition="#fr">W</hi>eil der <hi rendition="#fr">S</hi>cho&#x0364;pffer vnß zue&#x017F;pricht.<lb/>
Doch nicht mehr mit &#x017F;ch<hi rendition="#fr">w</hi>eren <hi rendition="#fr">W</hi>ettern; nicht mit<lb/>
grimmer glut vmbringet:<lb/>
Ach! man ho&#x0364;rt &#x017F;ein zartes win&#x017F;eln: weil &#x017F;ein hohes<lb/>
Feldheer &#x017F;inget.</p>
              </sp>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#aq">II.</hi> Satz.</head><lb/>
              <sp who="#PRIES">
                <speaker>Prie&#x017F;ter.</speaker>
                <p>Wir jr&#xA75B;&#x2019;ten &#x017F;onder Licht.<lb/>
Verbann&#x2019;t in &#x017F;chwartze nacht durch Gottes ern&#x017F;tes<lb/>
fluchen:<lb/>
Drumb wil der <hi rendition="#fr">S</hi>egensheld/ vns in dem fin&#x017F;tern &#x017F;uch&#x1EBD;<lb/><hi rendition="#fr">H</hi>o&#x0364;rt jhr &#x017F;ein ruffen nicht?<lb/><hi rendition="#fr">J</hi>hr die deß <hi rendition="#fr">H</hi>o&#x0364;ch&#x017F;ten bild verlohren:<lb/>
Schawt auff das <hi rendition="#fr">B</hi>ild das euch gebohren/<lb/><hi rendition="#fr">F</hi>ragt nicht/ warumb es in dem <hi rendition="#fr">S</hi>tall einzih&#x2019;t<lb/>
Es &#x017F;ucht vns/ die mehr Viehi&#x017F;ch alß ein Vieh.</p>
              </sp>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ge-</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0076] Leo Armenius Sich in das Thraͤnenthal begeben/ Jn welcher Gott kam von der Wolcken zelt; Die werthe Nacht erquickt die groſſe Welt. I. Gegenſatz. Prieſter. Der jmmerhelle glantz/ Den Finſterniß verhuͤll’t/ den dunckel hat verborgen Reißt nun die deck entzwey/ die Sonne die ehr morgẽ Eh’ der beſternte Krantz Der Himmel weiten Baw geſchmuͤcket/ Eh’ Ewigkeit ſelbſt vorgeblicket/ Hervor geſtralt/ in ſchimmerndlichter pracht; Geht ploͤtzlich auff/ in ſchwartzer Mitternacht. I. Zuſatz. Jungfr. vnd Prieſter. Erden ſteh der Himmel bricht/ Doch nicht zutrennt von heiſſen Donnerkeilen: Schaw’t das geſchoͤpff der Engel zu vnß eilen. Weil der Schoͤpffer vnß zueſpricht. Doch nicht mehr mit ſchweren Wettern; nicht mit grimmer glut vmbringet: Ach! man hoͤrt ſein zartes winſeln: weil ſein hohes Feldheer ſinget. II. Satz. Prieſter. Wir jrꝛ’ten ſonder Licht. Verbann’t in ſchwartze nacht durch Gottes ernſtes fluchen: Drumb wil der Segensheld/ vns in dem finſtern ſuchẽ Hoͤrt jhr ſein ruffen nicht? Jhr die deß Hoͤchſten bild verlohren: Schawt auff das Bild das euch gebohren/ Fragt nicht/ warumb es in dem Stall einzih’t Es ſucht vns/ die mehr Viehiſch alß ein Vieh. II. Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/76
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/76>, abgerufen am 24.11.2024.