Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.Vorrede an den Leser. wie vnser Leo ein Griechischer Keyser/ also auch vielseinem Leser auffweisen wird/ was bey jetzt regieren- den Fürsten/ theils nicht gelobet/ theils nicht gestattet wird. Den gantzen verlauff seines vntergangs er- klären vmbständlich Cedrenus vnd Zonaras, Welche nicht nur von seinem Tode schier mit einer Feder schreiben/ sondern auch so eigenlich alles entwerffen/ daß nicht von nöthen gewesen viel andere erfindun- gen einzumischen. Was man in selbigen örtern auff Träume/ Ge- diese
Vorꝛede an den Leſer. wie vnſer Leo ein Griechiſcher Keyſer/ alſo auch vielſeinem Leſer auffweiſen wird/ was bey jetzt regieren- den Fuͤrſten/ theils nicht gelobet/ theils nicht geſtattet wird. Den gantzen verlauff ſeines vntergangs er- klaͤren vmbſtaͤndlich Cedrenus vnd Zonaras, Welche nicht nur von ſeinem Tode ſchier mit einer Feder ſchreiben/ ſondern auch ſo eigenlich alles entwerffen/ daß nicht von noͤthen geweſen viel andere erfindun- gen einzumiſchen. Was man in ſelbigen oͤrtern auff Traͤume/ Ge- dieſe
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorꝛede an den Leſer.</hi></fw><lb/> wie vnſer Leo ein Griechiſcher Keyſer/ alſo auch viel<lb/> ſeinem Leſer auffweiſen wird/ was bey jetzt regieren-<lb/> den Fuͤrſten/ theils nicht gelobet/ theils nicht geſtattet<lb/> wird. Den gantzen verlauff ſeines vntergangs er-<lb/> klaͤren vmbſtaͤndlich <hi rendition="#aq">Cedrenus</hi> vnd <hi rendition="#aq">Zonaras,</hi> Welche<lb/> nicht nur von ſeinem Tode ſchier mit einer Feder<lb/> ſchreiben/ ſondern auch ſo eigenlich alles entwerffen/<lb/> daß nicht von noͤthen geweſen viel andere erfindun-<lb/> gen einzumiſchen.</p><lb/> <p>Was man in ſelbigen oͤrtern auff Traͤume/ Ge-<lb/> ſichter/ frembde Bilder/ vnd derogleichen gehalten/<lb/> weiſen alle dieſer Voͤlcker geſchichten auß. Ja mir<lb/> ſelbſt iſt noch vor wenig Jahren ein zimblich Buch<lb/> voll frembder Gemaͤlde zukommen/ auß welchem et-<lb/> liche denen das Gehirne mit erforſchung zukuͤnffttger<lb/> dinge ſchwanger/ nicht wenig (jrer einbildung<lb/> nach) von widereroͤberung der vorhin herꝛlichen/<lb/> nuhmehr (leider!) dienenden Statt/ dem vn-<lb/> tergang deß Tuͤrcken/ Einigkeit der Chriſten in<lb/> glaubens ſachen vnd allgemeinen bekehrung der Ju-<lb/> den gelernet/ darff derowegen Niemand für gantz ei-<lb/> tel balten/ was gedachte <hi rendition="#aq">Zonaras</hi> vnd <hi rendition="#aq">Cedrenus</hi> vnd<lb/> wir auß jhnen von etwa dergleichen Buch erwehnen.<lb/> Auch iſt ſo vnerhoͤrt nicht durch vorwendung ge-<lb/> heimer Offenbarungen/ Auffruhr vnd Krieg<lb/> ſtifften Koͤnigreich vnd Zepter an ſich reiſſen/ ja<lb/> gantze Laͤnder mit Blutt alß einer newen Suͤn-<lb/> flut uͤberſchwemmen. Nicht nur <hi rendition="#aq">Europa,</hi> gantz <hi rendition="#aq">A-<lb/> ſien</hi> vnd <hi rendition="#aq">Africa</hi> werden für ein beyſpiel dieſer war-<lb/> heit wol hundert geben/ vnd in der Newen Welt iſt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dieſe</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0008]
Vorꝛede an den Leſer.
wie vnſer Leo ein Griechiſcher Keyſer/ alſo auch viel
ſeinem Leſer auffweiſen wird/ was bey jetzt regieren-
den Fuͤrſten/ theils nicht gelobet/ theils nicht geſtattet
wird. Den gantzen verlauff ſeines vntergangs er-
klaͤren vmbſtaͤndlich Cedrenus vnd Zonaras, Welche
nicht nur von ſeinem Tode ſchier mit einer Feder
ſchreiben/ ſondern auch ſo eigenlich alles entwerffen/
daß nicht von noͤthen geweſen viel andere erfindun-
gen einzumiſchen.
Was man in ſelbigen oͤrtern auff Traͤume/ Ge-
ſichter/ frembde Bilder/ vnd derogleichen gehalten/
weiſen alle dieſer Voͤlcker geſchichten auß. Ja mir
ſelbſt iſt noch vor wenig Jahren ein zimblich Buch
voll frembder Gemaͤlde zukommen/ auß welchem et-
liche denen das Gehirne mit erforſchung zukuͤnffttger
dinge ſchwanger/ nicht wenig (jrer einbildung
nach) von widereroͤberung der vorhin herꝛlichen/
nuhmehr (leider!) dienenden Statt/ dem vn-
tergang deß Tuͤrcken/ Einigkeit der Chriſten in
glaubens ſachen vnd allgemeinen bekehrung der Ju-
den gelernet/ darff derowegen Niemand für gantz ei-
tel balten/ was gedachte Zonaras vnd Cedrenus vnd
wir auß jhnen von etwa dergleichen Buch erwehnen.
Auch iſt ſo vnerhoͤrt nicht durch vorwendung ge-
heimer Offenbarungen/ Auffruhr vnd Krieg
ſtifften Koͤnigreich vnd Zepter an ſich reiſſen/ ja
gantze Laͤnder mit Blutt alß einer newen Suͤn-
flut uͤberſchwemmen. Nicht nur Europa, gantz A-
ſien vnd Africa werden für ein beyſpiel dieſer war-
heit wol hundert geben/ vnd in der Newen Welt iſt
dieſe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |