Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede an den Leser.
wie vnser Leo ein Griechischer Keyser/ also auch viel
seinem Leser auffweisen wird/ was bey jetzt regieren-
den Fürsten/ theils nicht gelobet/ theils nicht gestattet
wird. Den gantzen verlauff seines vntergangs er-
klären vmbständlich Cedrenus vnd Zonaras, Welche
nicht nur von seinem Tode schier mit einer Feder
schreiben/ sondern auch so eigenlich alles entwerffen/
daß nicht von nöthen gewesen viel andere erfindun-
gen einzumischen.

Was man in selbigen örtern auff Träume/ Ge-
sichter/ frembde Bilder/ vnd derogleichen gehalten/
weisen alle dieser Völcker geschichten auß. Ja mir
selbst ist noch vor wenig Jahren ein zimblich Buch
voll frembder Gemälde zukommen/ auß welchem et-
liche denen das Gehirne mit erforschung zukünffttger
dinge schwanger/ nicht wenig (jrer einbildung
nach) von widereröberung der vorhin herrlichen/
nuhmehr (leider!) dienenden Statt/ dem vn-
tergang deß Türcken/ Einigkeit der Christen in
glaubens sachen vnd allgemeinen bekehrung der Ju-
den gelernet/ darff derowegen Niemand für gantz ei-
tel balten/ was gedachte Zonaras vnd Cedrenus vnd
wir auß jhnen von etwa dergleichen Buch erwehnen.
Auch ist so vnerhört nicht durch vorwendung ge-
heimer Offenbarungen/ Auffruhr vnd Krieg
stifften Königreich vnd Zepter an sich reissen/ ja
gantze Länder mit Blutt alß einer newen Sün-
flut überschwemmen. Nicht nur Europa, gantz A-
sien
vnd Africa werden für ein beyspiel dieser war-
heit wol hundert geben/ vnd in der Newen Welt ist

diese

Vorꝛede an den Leſer.
wie vnſer Leo ein Griechiſcher Keyſer/ alſo auch viel
ſeinem Leſer auffweiſen wird/ was bey jetzt regieren-
den Fuͤrſten/ theils nicht gelobet/ theils nicht geſtattet
wird. Den gantzen verlauff ſeines vntergangs er-
klaͤren vmbſtaͤndlich Cedrenus vnd Zonaras, Welche
nicht nur von ſeinem Tode ſchier mit einer Feder
ſchreiben/ ſondern auch ſo eigenlich alles entwerffen/
daß nicht von noͤthen geweſen viel andere erfindun-
gen einzumiſchen.

Was man in ſelbigen oͤrtern auff Traͤume/ Ge-
ſichter/ frembde Bilder/ vnd derogleichen gehalten/
weiſen alle dieſer Voͤlcker geſchichten auß. Ja mir
ſelbſt iſt noch vor wenig Jahren ein zimblich Buch
voll frembder Gemaͤlde zukommen/ auß welchem et-
liche denen das Gehirne mit erforſchung zukuͤnffttger
dinge ſchwanger/ nicht wenig (jrer einbildung
nach) von widereroͤberung der vorhin herꝛlichen/
nuhmehr (leider!) dienenden Statt/ dem vn-
tergang deß Tuͤrcken/ Einigkeit der Chriſten in
glaubens ſachen vnd allgemeinen bekehrung der Ju-
den gelernet/ darff derowegen Niemand für gantz ei-
tel balten/ was gedachte Zonaras vnd Cedrenus vnd
wir auß jhnen von etwa dergleichen Buch erwehnen.
Auch iſt ſo vnerhoͤrt nicht durch vorwendung ge-
heimer Offenbarungen/ Auffruhr vnd Krieg
ſtifften Koͤnigreich vnd Zepter an ſich reiſſen/ ja
gantze Laͤnder mit Blutt alß einer newen Suͤn-
flut uͤberſchwemmen. Nicht nur Europa, gantz A-
ſien
vnd Africa werden für ein beyſpiel dieſer war-
heit wol hundert geben/ vnd in der Newen Welt iſt

dieſe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0008"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vor&#xA75B;ede an den Le&#x017F;er.</hi></fw><lb/>
wie vn&#x017F;er Leo ein Griechi&#x017F;cher Key&#x017F;er/ al&#x017F;o auch viel<lb/>
&#x017F;einem Le&#x017F;er auffwei&#x017F;en wird/ was bey jetzt regieren-<lb/>
den Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ theils nicht gelobet/ theils nicht ge&#x017F;tattet<lb/>
wird. Den gantzen verlauff &#x017F;eines vntergangs er-<lb/>
kla&#x0364;ren vmb&#x017F;ta&#x0364;ndlich <hi rendition="#aq">Cedrenus</hi> vnd <hi rendition="#aq">Zonaras,</hi> Welche<lb/>
nicht nur von &#x017F;einem Tode &#x017F;chier mit einer Feder<lb/>
&#x017F;chreiben/ &#x017F;ondern auch &#x017F;o eigenlich alles entwerffen/<lb/>
daß nicht von no&#x0364;then gewe&#x017F;en viel andere erfindun-<lb/>
gen einzumi&#x017F;chen.</p><lb/>
        <p>Was man in &#x017F;elbigen o&#x0364;rtern auff Tra&#x0364;ume/ Ge-<lb/>
&#x017F;ichter/ frembde Bilder/ vnd derogleichen gehalten/<lb/>
wei&#x017F;en alle die&#x017F;er Vo&#x0364;lcker ge&#x017F;chichten auß. Ja mir<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t noch vor wenig Jahren ein zimblich Buch<lb/>
voll frembder Gema&#x0364;lde zukommen/ auß welchem et-<lb/>
liche denen das Gehirne mit erfor&#x017F;chung zuku&#x0364;nffttger<lb/>
dinge &#x017F;chwanger/ nicht wenig (jrer einbildung<lb/>
nach) von widerero&#x0364;berung der vorhin her&#xA75B;lichen/<lb/>
nuhmehr (leider!) dienenden Statt/ dem vn-<lb/>
tergang deß Tu&#x0364;rcken/ Einigkeit der Chri&#x017F;ten in<lb/>
glaubens &#x017F;achen vnd allgemeinen bekehrung der Ju-<lb/>
den gelernet/ darff derowegen Niemand für gantz ei-<lb/>
tel balten/ was gedachte <hi rendition="#aq">Zonaras</hi> vnd <hi rendition="#aq">Cedrenus</hi> vnd<lb/>
wir auß jhnen von etwa dergleichen Buch erwehnen.<lb/>
Auch i&#x017F;t &#x017F;o vnerho&#x0364;rt nicht durch vorwendung ge-<lb/>
heimer Offenbarungen/ Auffruhr vnd Krieg<lb/>
&#x017F;tifften Ko&#x0364;nigreich vnd Zepter an &#x017F;ich rei&#x017F;&#x017F;en/ ja<lb/>
gantze La&#x0364;nder mit Blutt alß einer newen Su&#x0364;n-<lb/>
flut u&#x0364;ber&#x017F;chwemmen. Nicht nur <hi rendition="#aq">Europa,</hi> gantz <hi rendition="#aq">A-<lb/>
&#x017F;ien</hi> vnd <hi rendition="#aq">Africa</hi> werden für ein bey&#x017F;piel die&#x017F;er war-<lb/>
heit wol hundert geben/ vnd in der Newen Welt i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die&#x017F;e</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0008] Vorꝛede an den Leſer. wie vnſer Leo ein Griechiſcher Keyſer/ alſo auch viel ſeinem Leſer auffweiſen wird/ was bey jetzt regieren- den Fuͤrſten/ theils nicht gelobet/ theils nicht geſtattet wird. Den gantzen verlauff ſeines vntergangs er- klaͤren vmbſtaͤndlich Cedrenus vnd Zonaras, Welche nicht nur von ſeinem Tode ſchier mit einer Feder ſchreiben/ ſondern auch ſo eigenlich alles entwerffen/ daß nicht von noͤthen geweſen viel andere erfindun- gen einzumiſchen. Was man in ſelbigen oͤrtern auff Traͤume/ Ge- ſichter/ frembde Bilder/ vnd derogleichen gehalten/ weiſen alle dieſer Voͤlcker geſchichten auß. Ja mir ſelbſt iſt noch vor wenig Jahren ein zimblich Buch voll frembder Gemaͤlde zukommen/ auß welchem et- liche denen das Gehirne mit erforſchung zukuͤnffttger dinge ſchwanger/ nicht wenig (jrer einbildung nach) von widereroͤberung der vorhin herꝛlichen/ nuhmehr (leider!) dienenden Statt/ dem vn- tergang deß Tuͤrcken/ Einigkeit der Chriſten in glaubens ſachen vnd allgemeinen bekehrung der Ju- den gelernet/ darff derowegen Niemand für gantz ei- tel balten/ was gedachte Zonaras vnd Cedrenus vnd wir auß jhnen von etwa dergleichen Buch erwehnen. Auch iſt ſo vnerhoͤrt nicht durch vorwendung ge- heimer Offenbarungen/ Auffruhr vnd Krieg ſtifften Koͤnigreich vnd Zepter an ſich reiſſen/ ja gantze Laͤnder mit Blutt alß einer newen Suͤn- flut uͤberſchwemmen. Nicht nur Europa, gantz A- ſien vnd Africa werden für ein beyſpiel dieſer war- heit wol hundert geben/ vnd in der Newen Welt iſt dieſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/8
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/8>, abgerufen am 21.11.2024.