Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.Sterbender 15.Dem Abgrund selbst zu schwer/ daß Berg und Thal erzitternUnd sich in Staub und Dampff in weite Brüche splittert; Bald saust der rauht Nord/ und steht er dem zu fest So bringt der faule Sud die ungeheure Pest Die man Verläumbdung beist! wehn hat die nicht bekriget? 20.Wehn hat sie/ wenn der Neid jhr beyfällt/ nicht besiget? Was ists Papinian daß du die Spitz erreicht? Daß keiner dir an Stand/ noch Macht/ noch Hoheit gleicht? Daß Läger/ Hof und Rath/ und Reich/ dir anvertrauet? Daß Hauptmann und Soldat bloß auff dein wincken schauet? 25.Daß dich das Römsche Volck der Länder Vater nennt? Daß dich Suo/ Ost und West/ und raue Scyth' erkennt? Daß du mit Schwägerschafft den Kaysern nah verbunden? Daß dich Sever stets trew/ du jhn stets Freund befunden? Daß er in dem er schid/ die Kinder dir befahl? 30.Und baut auff deine Brust sein höchstes Ehren-Mahl? Wenn eben diß die Klipp' an der dein Schiff wird brechen! Nun mich die Warheit nicht umb Laster kan besprechen Jst Tugend mein Verweiß/ die als sie durch die Nacht Mit hellen Strahlen drang und sich durchläuchtig macht/ 35.Viel Nebel hat erweckt die sich in Dünste theilen Und umb und neben mich als Donner-Wolcken eilen Von harten Knallen schwer und schwanger mit der Noth Erhitzt durch rote Glut gestärckt mit Ach und Tod. Welch rasen steckt euch an in Zanck verwirrte Brüder! 40.Jsts billich daß ein Mensch selbst wüt' in seine Glieder/ Und eifer in sein Fleisch? Wie? Oder mag das Reich Das ersten Grund gelegt auff brüderliche Leich/ Nicht unter beyden stehn? Jst euch der Länder mänge/ Die grosse weite See/ ja selbst die Welt zu enge? 45.Man theilte ja vorhin/ woferu deß Blutes Band Euch nicht mehr zwingen kan/ so scheid euch Flut und Sand! Nah/ dient es länger nicht/ wofern nicht Rom soll zittern Ob einem Jammer-Spiel. Mir ahnts! es wil sich wittern Jch schaw deß Brudern Faust im brüderlichen Haar 50.Die grosse Stadt in noth/ die Länder in gefahr/ Die
Sterbender 15.Dem Abgrund ſelbſt zu ſchwer/ daß Berg und Thal erzitternUnd ſich in Staub und Dampff in weite Bruͤche ſplittert; Bald ſauſt der rauht Nord/ und ſteht er dem zu feſt So bringt der faule Sud die ungeheure Peſt Die man Verlaͤumbdung beiſt! wehn hat die nicht bekriget? 20.Wehn hat ſie/ wenn der Neid jhr beyfaͤllt/ nicht beſiget? Was iſts Papinian daß du die Spitz erreicht? Daß keiner dir an Stand/ noch Macht/ noch Hoheit gleicht? Daß Laͤger/ Hof und Rath/ und Reich/ dir anvertrauet? Daß Hauptmann und Soldat bloß auff dein wincken ſchauet? 25.Daß dich das Roͤmſche Volck der Laͤnder Vater nennt? Daß dich Suo/ Oſt und Weſt/ und raue Scyth’ erkennt? Daß du mit Schwaͤgerſchafft den Kayſern nah verbunden? Daß dich Sever ſtets trew/ du jhn ſtets Freund befunden? Daß er in dem er ſchid/ die Kinder dir befahl? 30.Und baut auff deine Bruſt ſein hoͤchſtes Ehren-Mahl? Wenn eben diß die Klipp’ an der dein Schiff wird brechen! Nun mich die Warheit nicht umb Laſter kan beſprechen Jſt Tugend mein Verweiß/ die als ſie durch die Nacht Mit hellen Strahlen drang und ſich durchlaͤuchtig macht/ 35.Viel Nebel hat erweckt die ſich in Duͤnſte theilen Und umb und neben mich als Donner-Wolcken eilen Von harten Knallen ſchwer und ſchwanger mit der Noth Erhitzt durch rote Glut geſtaͤrckt mit Ach und Tod. Welch raſen ſteckt euch an in Zanck verwirrte Bruͤder! 40.Jſts billich daß ein Menſch ſelbſt wuͤt’ in ſeine Glieder/ Und eifer in ſein Fleiſch? Wie? Oder mag das Reich Das erſten Grund gelegt auff bruͤderliche Leich/ Nicht unter beyden ſtehn? Jſt euch der Laͤnder maͤnge/ Die groſſe weite See/ ja ſelbſt die Welt zu enge? 45.Man theilte ja vorhin/ woferu deß Blutes Band Euch nicht mehr zwingen kan/ ſo ſcheid euch Flut und Sand! Nah/ dient es laͤnger nicht/ wofern nicht Rom ſoll zittern Ob einem Jammer-Spiel. Mir ahnts! es wil ſich wittern Jch ſchaw deß Brudern Fauſt im bruͤderlichen Haar 50.Die groſſe Stadt in noth/ die Laͤnder in gefahr/ Die
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Sterbender
Dem Abgrund ſelbſt zu ſchwer/ daß Berg und Thal erzittern
Und ſich in Staub und Dampff in weite Bruͤche ſplittert;
Bald ſauſt der rauht Nord/ und ſteht er dem zu feſt
So bringt der faule Sud die ungeheure Peſt
Die man Verlaͤumbdung beiſt! wehn hat die nicht bekriget?
Wehn hat ſie/ wenn der Neid jhr beyfaͤllt/ nicht beſiget?
Was iſts Papinian daß du die Spitz erreicht?
Daß keiner dir an Stand/ noch Macht/ noch Hoheit gleicht?
Daß Laͤger/ Hof und Rath/ und Reich/ dir anvertrauet?
Daß Hauptmann und Soldat bloß auff dein wincken ſchauet?
Daß dich das Roͤmſche Volck der Laͤnder Vater nennt?
Daß dich Suo/ Oſt und Weſt/ und raue Scyth’ erkennt?
Daß du mit Schwaͤgerſchafft den Kayſern nah verbunden?
Daß dich Sever ſtets trew/ du jhn ſtets Freund befunden?
Daß er in dem er ſchid/ die Kinder dir befahl?
Und baut auff deine Bruſt ſein hoͤchſtes Ehren-Mahl?
Wenn eben diß die Klipp’ an der dein Schiff wird brechen!
Nun mich die Warheit nicht umb Laſter kan beſprechen
Jſt Tugend mein Verweiß/ die als ſie durch die Nacht
Mit hellen Strahlen drang und ſich durchlaͤuchtig macht/
Viel Nebel hat erweckt die ſich in Duͤnſte theilen
Und umb und neben mich als Donner-Wolcken eilen
Von harten Knallen ſchwer und ſchwanger mit der Noth
Erhitzt durch rote Glut geſtaͤrckt mit Ach und Tod.
Welch raſen ſteckt euch an in Zanck verwirrte Bruͤder!
Jſts billich daß ein Menſch ſelbſt wuͤt’ in ſeine Glieder/
Und eifer in ſein Fleiſch? Wie? Oder mag das Reich
Das erſten Grund gelegt auff bruͤderliche Leich/
Nicht unter beyden ſtehn? Jſt euch der Laͤnder maͤnge/
Die groſſe weite See/ ja ſelbſt die Welt zu enge?
Man theilte ja vorhin/ woferu deß Blutes Band
Euch nicht mehr zwingen kan/ ſo ſcheid euch Flut und Sand!
Nah/ dient es laͤnger nicht/ wofern nicht Rom ſoll zittern
Ob einem Jammer-Spiel. Mir ahnts! es wil ſich wittern
Jch ſchaw deß Brudern Fauſt im bruͤderlichen Haar
Die groſſe Stadt in noth/ die Laͤnder in gefahr/
Die
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