Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite
Sterbender
Laetus. Kan Jugend diß; was wird das Alter unterstehn!
Bassian. Hiran sind Schuld die jhm an seiner Seiten gehn.
Laetus. Dafern der Häuptmann weg: Halt ich das Heer
geschlagen.
20.
Bassian. Solt ich ein solches Stück an meinem Bruder wagen!
Laetus. Man siht nicht Brüder an wenn man umb Kronen
spielt.
Bassian. Der Artzt ist scharff der nicht die Wunden selber
fühlt.
Laetus. Nicht scharff/ wenn schon der Leib nicht ohn den
Schnidt zu heilen.
Bassian. Der schneidet viel zu tieff/ der selbst den Stamm wil
theilen
25.
Laetus. Der selbst zwey-stämmig wuchs/ auß zweyer Mütter
Leib.
Bassian. Auß eines Vatern Blut! auß eines Fürsten Weib!
Laetus. Wo nicht ein Mutter-Hertz/ sind weit gesinnte Sinnen.
Bassian. Man kan auch frembd' und Feind durch Lieb und
Gunst gewinnen.
Laetus. Viel leichter frembd' und Feind als Stiff-geschwi-
stert Blut.
30.
Bassian. Auch dieses/ wenn die Art und Sinn und Seele gut.
Laetus. Wer kennt nicht Iuliens hochmütigste Gedancken?
Bassian. Die nur auff Schönheit gehn/ und fern von diesen
Schrancken.
Laetus. Was mehr denn Schönheit gibt jhr diese Sinnen ein.
Bassian. Ein prächtig Antlitz kan nicht ohn Einbildung seyn.
35.
Laetus. Hat jhr Geburts-Stern nicht jhr Kron und Thron
versprochen?
Bassian. Was jhr der Vater gab/ hat jhr sein Tod zerbrochen.
Laetus. Weil noch das Leben blüht würckt der Gestirne
Macht. (Nacht.
Bassian. Diß ist deß Himmels Lauff/ der Sonnen folgt die
Laetus. Und doch muß nach der Nacht die Morgenröth auff-
gehen.
40.
Bassian. Kont Agrippine sich/ wie Drusus starb/ erhöhen?
Laetus.
Sterbender
Lætus. Kan Jugend diß; was wird das Alter unterſtehn!
Basſian. Hiran ſind Schuld die jhm an ſeiner Seiten gehn.
Lætus. Dafern der Haͤuptmann weg: Halt ich das Heer
geſchlagen.
20.
Basſian. Solt ich ein ſolches Stuͤck an meinem Bruder wagẽ!
Lætus. Man ſiht nicht Bruͤder an wenn man umb Kronen
ſpielt.
Basſian. Der Artzt iſt ſcharff der nicht die Wunden ſelber
fuͤhlt.
Lætus. Nicht ſcharff/ wenn ſchon der Leib nicht ohn den
Schnidt zu heilen.
Basſian. Der ſchneidet viel zu tieff/ der ſelbſt den Stam̃ wil
theilen
25.
Lætus. Der ſelbſt zwey-ſtaͤmmig wuchs/ auß zweyer Muͤtter
Leib.
Basſian. Auß eines Vatern Blut! auß eines Fuͤrſten Weib!
Lætus. Wo nicht ein Mutter-Hertz/ ſind weit geſinnte Sinnẽ.
Basſian. Man kan auch frembd’ und Feind durch Lieb und
Gunſt gewinnen.
Lætus. Viel leichter frembd’ und Feind als Stiff-geſchwi-
ſtert Blut.
30.
Basſian. Auch dieſes/ wenn die Art und Sinn und Seele gut.
Lætus. Wer kennt nicht Iuliens hochmuͤtigſte Gedancken?
Basſian. Die nur auff Schoͤnheit gehn/ und fern von dieſen
Schrancken.
Lætus. Was mehr denn Schoͤnheit gibt jhr dieſe Sinnen ein.
Basſian. Ein praͤchtig Antlitz kan nicht ohn Einbildung ſeyn.
35.
Lætus. Hat jhr Geburts-Stern nicht jhr Kron und Thron
verſprochen?
Basſian. Was jhr der Vater gab/ hat jhr ſein Tod zerbrochẽ.
Lætus. Weil noch das Leben bluͤht wuͤrckt der Geſtirne
Macht. (Nacht.
Basſian. Diß iſt deß Himmels Lauff/ der Sonnen folgt die
Lætus. Und doch muß nach der Nacht die Morgenroͤth auff-
gehen.
40.
Basſian. Kont Agrippine ſich/ wie Druſus ſtarb/ erhoͤhen?
Lætus.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0044"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sterbender</hi> </fw><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Kan Jugend diß; was wird das Alter unter&#x017F;tehn!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Hiran &#x017F;ind Schuld die jhm an &#x017F;einer Seiten gehn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Dafern der Ha&#x0364;uptmann weg: Halt ich das Heer<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;chlagen.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">20.</note>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Solt ich ein &#x017F;olches Stu&#x0364;ck an meinem Bruder wage&#x0303;!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Man &#x017F;iht nicht Bru&#x0364;der an wenn man umb Kronen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;pielt.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Der Artzt i&#x017F;t &#x017F;charff der nicht die Wunden &#x017F;elber<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;hlt.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Nicht &#x017F;charff/ wenn &#x017F;chon der Leib nicht ohn den<lb/><hi rendition="#et">Schnidt zu heilen.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Der &#x017F;chneidet viel zu tieff/ der &#x017F;elb&#x017F;t den Stam&#x0303; wil<lb/><hi rendition="#et">theilen</hi></p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">25.</note>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Der &#x017F;elb&#x017F;t zwey-&#x017F;ta&#x0364;mmig wuchs/ auß zweyer Mu&#x0364;tter<lb/><hi rendition="#et">Leib.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Auß eines Vatern Blut! auß eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten Weib!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Wo nicht ein Mutter-Hertz/ &#x017F;ind weit ge&#x017F;innte Sinne&#x0303;.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Man kan auch frembd&#x2019; und Feind durch Lieb und<lb/><hi rendition="#et">Gun&#x017F;t gewinnen.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Viel leichter frembd&#x2019; und Feind als Stiff-ge&#x017F;chwi-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tert Blut.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">30.</note>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Auch die&#x017F;es/ wenn die Art und Sinn und Seele gut.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Wer kennt nicht <hi rendition="#aq">Iuliens</hi> hochmu&#x0364;tig&#x017F;te Gedancken?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Die nur auff Scho&#x0364;nheit gehn/ und fern von die&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">Schrancken.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Was mehr denn Scho&#x0364;nheit gibt jhr die&#x017F;e Sinnen ein.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Ein pra&#x0364;chtig Antlitz kan nicht ohn Einbildung &#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">35.</note>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Hat jhr Geburts-Stern nicht jhr Kron und Thron<lb/><hi rendition="#et">ver&#x017F;prochen?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Was jhr der Vater gab/ hat jhr &#x017F;ein Tod zerbroche&#x0303;.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Weil noch das Leben blu&#x0364;ht wu&#x0364;rckt der Ge&#x017F;tirne<lb/><hi rendition="#et">Macht. (Nacht.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Diß i&#x017F;t deß Himmels Lauff/ der Sonnen folgt die</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p><hi rendition="#fr">U</hi>nd doch muß nach der Nacht die Morgenro&#x0364;th auff-<lb/><hi rendition="#et">gehen.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">40.</note>
          <sp who="#ABC">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> </speaker>
            <p>Kont <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Agrippine</hi></hi> &#x017F;ich/ wie <hi rendition="#aq">Dru&#x017F;us</hi> &#x017F;tarb/ erho&#x0364;hen?</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0044] Sterbender Lætus. Kan Jugend diß; was wird das Alter unterſtehn! Basſian. Hiran ſind Schuld die jhm an ſeiner Seiten gehn. Lætus. Dafern der Haͤuptmann weg: Halt ich das Heer geſchlagen. Basſian. Solt ich ein ſolches Stuͤck an meinem Bruder wagẽ! Lætus. Man ſiht nicht Bruͤder an wenn man umb Kronen ſpielt. Basſian. Der Artzt iſt ſcharff der nicht die Wunden ſelber fuͤhlt. Lætus. Nicht ſcharff/ wenn ſchon der Leib nicht ohn den Schnidt zu heilen. Basſian. Der ſchneidet viel zu tieff/ der ſelbſt den Stam̃ wil theilen Lætus. Der ſelbſt zwey-ſtaͤmmig wuchs/ auß zweyer Muͤtter Leib. Basſian. Auß eines Vatern Blut! auß eines Fuͤrſten Weib! Lætus. Wo nicht ein Mutter-Hertz/ ſind weit geſinnte Sinnẽ. Basſian. Man kan auch frembd’ und Feind durch Lieb und Gunſt gewinnen. Lætus. Viel leichter frembd’ und Feind als Stiff-geſchwi- ſtert Blut. Basſian. Auch dieſes/ wenn die Art und Sinn und Seele gut. Lætus. Wer kennt nicht Iuliens hochmuͤtigſte Gedancken? Basſian. Die nur auff Schoͤnheit gehn/ und fern von dieſen Schrancken. Lætus. Was mehr denn Schoͤnheit gibt jhr dieſe Sinnen ein. Basſian. Ein praͤchtig Antlitz kan nicht ohn Einbildung ſeyn. Lætus. Hat jhr Geburts-Stern nicht jhr Kron und Thron verſprochen? Basſian. Was jhr der Vater gab/ hat jhr ſein Tod zerbrochẽ. Lætus. Weil noch das Leben bluͤht wuͤrckt der Geſtirne Macht. (Nacht. Basſian. Diß iſt deß Himmels Lauff/ der Sonnen folgt die Lætus. Und doch muß nach der Nacht die Morgenroͤth auff- gehen. Basſian. Kont Agrippine ſich/ wie Druſus ſtarb/ erhoͤhen? Lætus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/44
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/44>, abgerufen am 23.11.2024.