Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite
PAPINIANUS.
Verrathen Wohn-Haus ein!
Iulia. Begehrst du denn den
Tod?
Laetus. Das Ende meiner Pein und hart-gespannten Noth.
Iulia. Der Mörder sucht numehr den Tod als ein Ge-
schencke. (kräncke:
Laetus. Er sucht/ doch nicht von dir! Jch weiß dein wütten
575.Daß mich der Menschen Recht nur einmal sterben läst/
Iulia. Den einfach-kurtzen Tod hält lange Marter fest.
Laetus. Was hält dich denn zurück? Erfülle dein Beginnen!
Iulia. Was soll man auff die Schuld vor eine Straff er-
sinnen?
Laetus. Ersinnen? Geh allein birauff mit dir zu Rath.
580.Wie strafft dein Vaterland Leib-eigner Missethat?
Iulia. Für solche Knecht' in Rom sind Creutzer zu geringe.
Und glüend Blech/ und Hartz und Brand die Pest der Dinge.
Laetus. Diß alles fühlt wer dich un Röm'sche Sclavin siht.
Iulia. Du sihst uns nur zu lang' indem die Freyheit blüht.
585.
Laetus. O daß Sever dich nie/ Rom nimmermehr gesehen!
Iulia. Rom siht uns stets! du jtzt! bald wird es nicht ge-
schehen!
Laetus. Wol Augen fast zu letzt ein schrecklich Ebenbild
Deß grimmsten Weibes ein; wie blickert Sie so wild/
Auff dis' auff jene Seit'? Als wenn die Blutt-Cometen
590.Mit überhäufftem ach und Jammer/ Mord und tödten/
Bedräuen Land und See/ das Wang' jtzt blaß/ jtzt roth/
Entdeckt deß Hertzens Gifft/ daß ungeheure Noth/
Durch alle Glider prest/ schaut wie die Lippe zitter!
Wie sich die Grausamkeit auff jedem Haar erschütter!
595.Wie Arm und Hand erbeb! und Knie und Fuß sich reg!
Wie hitzig sich die Brust auff kurtze Lufft beweg!
Erzörnte Iulie! versöhne dein Gemütte!
Das Opffer ist schon hir! komm! komm Princeß! ich bitte
Geuß mein begehrtes Blutt auff deiner Seelen Brand!
600.Du göldnes Licht ade! reiß nun mit strenger Hand
Die starrend Augen auß/ die nichts zu sehn entschlossen/
Biß du dein Trauer-Kleid mit meinem Blutt begossen.
Iulia.
D jv
PAPINIANUS.
Verrathen Wohn-Haus ein!
Iulia. Begehrſt du denn den
Tod?
Lætus. Das Ende meiner Pein und hart-geſpannten Noth.
Iulia. Der Moͤrder ſucht numehr den Tod als ein Ge-
ſchencke. (kraͤncke:
Lætus. Er ſucht/ doch nicht von dir! Jch weiß dein wuͤtten
575.Daß mich der Menſchen Recht nur einmal ſterben laͤſt/
Iulia. Den einfach-kurtzen Tod haͤlt lange Marter feſt.
Lætus. Was haͤlt dich denn zuruͤck? Erfuͤlle dein Beginnen!
Iulia. Was ſoll man auff die Schuld vor eine Straff er-
ſinnen?
Lætus. Erſinnen? Geh allein birauff mit dir zu Rath.
580.Wie ſtrafft dein Vaterland Leib-eigner Miſſethat?
Iulia. Fuͤr ſolche Knecht’ in Rom ſind Creutzer zu geringe.
Und gluͤend Blech/ und Hartz und Brand die Peſt der Dinge.
Lætus. Diß alles fuͤhlt wer dich un Roͤm’ſche Sclavin ſiht.
Iulia. Du ſihſt uns nur zu lang’ indem die Freyheit bluͤht.
585.
Lætus. O daß Sever dich nie/ Rom nimmermehr geſehen!
Iulia. Rom ſiht uns ſtets! du jtzt! bald wird es nicht ge-
ſchehen!
Lætus. Wol Augen faſt zu letzt ein ſchrecklich Ebenbild
Deß grim̃ſten Weibes ein; wie blickert Sie ſo wild/
Auff diſ’ auff jene Seit’? Als wenn die Blutt-Cometen
590.Mit uͤberhaͤufftem ach und Jammer/ Mord und toͤdten/
Bedraͤuen Land und See/ das Wang’ jtzt blaß/ jtzt roth/
Entdeckt deß Hertzens Gifft/ daß ungeheure Noth/
Durch alle Glider preſt/ ſchaut wie die Lippe zitter!
Wie ſich die Grauſamkeit auff jedem Haar erſchuͤtter!
595.Wie Arm und Hand erbeb! und Knie und Fuß ſich reg!
Wie hitzig ſich die Bruſt auff kurtze Lufft beweg!
Erzoͤrnte Iulie! verſoͤhne dein Gemuͤtte!
Das Opffer iſt ſchon hir! kom̃! kom̃ Princeß! ich bitte
Geuß mein begehrtes Blutt auff deiner Seelen Brand!
600.Du goͤldnes Licht ade! reiß nun mit ſtrenger Hand
Die ſtarrend Augen auß/ die nichts zu ſehn entſchloſſen/
Biß du dein Trauer-Kleid mit meinem Blutt begoſſen.
Iulia.
D jv
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#LET">
            <p><pb facs="#f0083"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">PAPINIANUS.</hi></hi></fw><lb/>
Verrathen Wohn-Haus ein!</p>
          </sp>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Begehr&#x017F;t du denn den<lb/><hi rendition="#et">Tod?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Das Ende meiner Pein und hart-ge&#x017F;pannten Noth.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Der Mo&#x0364;rder &#x017F;ucht numehr den Tod als ein Ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chencke. (kra&#x0364;ncke:</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Er &#x017F;ucht/ doch nicht von dir! Jch weiß dein wu&#x0364;tten<lb/><note place="left">575.</note>Daß mich der Men&#x017F;chen Recht nur einmal &#x017F;terben la&#x0364;&#x017F;t/</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Den     einfach-kurtzen Tod ha&#x0364;lt lange Marter fe&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Was ha&#x0364;lt dich denn zuru&#x0364;ck? Erfu&#x0364;lle dein Beginnen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Was &#x017F;oll man auff die Schuld vor eine Straff er-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;innen?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Er&#x017F;innen? Geh allein birauff mit dir zu Rath.<lb/><note place="left">580.</note>Wie &#x017F;trafft dein Vaterland Leib-eigner Mi&#x017F;&#x017F;ethat?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Fu&#x0364;r &#x017F;olche Knecht&#x2019; in Rom &#x017F;ind Creutzer zu geringe.<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd glu&#x0364;end Blech/ und Hartz und Brand die Pe&#x017F;t der Dinge.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Diß alles fu&#x0364;hlt wer dich un Ro&#x0364;m&#x2019;&#x017F;che Sclavin &#x017F;iht.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Du &#x017F;ih&#x017F;t uns nur zu lang&#x2019; indem die Freyheit blu&#x0364;ht.</p>
          </sp><lb/>
          <note place="left">585.</note>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>O daß <hi rendition="#aq">Sever</hi> dich nie/ Rom nimmermehr ge&#x017F;ehen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </speaker>
            <p>Rom &#x017F;iht <choice><sic>nns</sic><corr>uns</corr></choice> &#x017F;tets! du jtzt! bald wird es nicht ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chehen!</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#LET">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Lætus.</hi> </speaker>
            <p>Wol Augen fa&#x017F;t zu letzt ein &#x017F;chrecklich Ebenbild<lb/>
Deß grim&#x0303;&#x017F;ten Weibes ein; wie blickert Sie &#x017F;o wild/<lb/>
Auff di&#x017F;&#x2019; auff jene Seit&#x2019;? Als wenn die Blutt-Cometen<lb/><note place="left">590.</note>Mit u&#x0364;berha&#x0364;ufftem ach und Jammer/ Mord und to&#x0364;dten/<lb/>
Bedra&#x0364;uen Land und See/ das Wang&#x2019; jtzt blaß/ jtzt roth/<lb/>
Entdeckt deß Hertzens Gifft/ daß ungeheure Noth/<lb/>
Durch alle Glider pre&#x017F;t/ &#x017F;chaut wie die Lippe zitter!<lb/>
Wie &#x017F;ich die Grau&#x017F;amkeit auff jedem Haar er&#x017F;chu&#x0364;tter!<lb/><note place="left">595.</note>Wie Arm und Hand erbeb! und Knie und Fuß &#x017F;ich reg!<lb/>
Wie hitzig &#x017F;ich die Bru&#x017F;t auff kurtze Lufft beweg!<lb/>
Erzo&#x0364;rnte <hi rendition="#aq">Iulie!</hi> ver&#x017F;o&#x0364;hne dein Gemu&#x0364;tte!<lb/>
Das Opffer i&#x017F;t &#x017F;chon hir! kom&#x0303;! kom&#x0303; Princeß! ich bitte<lb/>
Geuß mein begehrtes Blutt auff deiner Seelen Brand!<lb/><note place="left">600.</note>Du go&#x0364;ldnes Licht ade! reiß nun mit &#x017F;trenger Hand<lb/>
Die &#x017F;tarrend Augen auß/ die nichts zu &#x017F;ehn ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
Biß du dein Trauer-Kleid mit meinem Blutt bego&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">D jv</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Iulia.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0083] PAPINIANUS. Verrathen Wohn-Haus ein! Iulia. Begehrſt du denn den Tod? Lætus. Das Ende meiner Pein und hart-geſpannten Noth. Iulia. Der Moͤrder ſucht numehr den Tod als ein Ge- ſchencke. (kraͤncke: Lætus. Er ſucht/ doch nicht von dir! Jch weiß dein wuͤtten Daß mich der Menſchen Recht nur einmal ſterben laͤſt/ Iulia. Den einfach-kurtzen Tod haͤlt lange Marter feſt. Lætus. Was haͤlt dich denn zuruͤck? Erfuͤlle dein Beginnen! Iulia. Was ſoll man auff die Schuld vor eine Straff er- ſinnen? Lætus. Erſinnen? Geh allein birauff mit dir zu Rath. Wie ſtrafft dein Vaterland Leib-eigner Miſſethat? Iulia. Fuͤr ſolche Knecht’ in Rom ſind Creutzer zu geringe. Und gluͤend Blech/ und Hartz und Brand die Peſt der Dinge. Lætus. Diß alles fuͤhlt wer dich un Roͤm’ſche Sclavin ſiht. Iulia. Du ſihſt uns nur zu lang’ indem die Freyheit bluͤht. Lætus. O daß Sever dich nie/ Rom nimmermehr geſehen! Iulia. Rom ſiht uns ſtets! du jtzt! bald wird es nicht ge- ſchehen! Lætus. Wol Augen faſt zu letzt ein ſchrecklich Ebenbild Deß grim̃ſten Weibes ein; wie blickert Sie ſo wild/ Auff diſ’ auff jene Seit’? Als wenn die Blutt-Cometen Mit uͤberhaͤufftem ach und Jammer/ Mord und toͤdten/ Bedraͤuen Land und See/ das Wang’ jtzt blaß/ jtzt roth/ Entdeckt deß Hertzens Gifft/ daß ungeheure Noth/ Durch alle Glider preſt/ ſchaut wie die Lippe zitter! Wie ſich die Grauſamkeit auff jedem Haar erſchuͤtter! Wie Arm und Hand erbeb! und Knie und Fuß ſich reg! Wie hitzig ſich die Bruſt auff kurtze Lufft beweg! Erzoͤrnte Iulie! verſoͤhne dein Gemuͤtte! Das Opffer iſt ſchon hir! kom̃! kom̃ Princeß! ich bitte Geuß mein begehrtes Blutt auff deiner Seelen Brand! Du goͤldnes Licht ade! reiß nun mit ſtrenger Hand Die ſtarrend Augen auß/ die nichts zu ſehn entſchloſſen/ Biß du dein Trauer-Kleid mit meinem Blutt begoſſen. Iulia. D jv

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/83
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/83>, abgerufen am 27.11.2024.