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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von den souverainen Staaten überhaupt,

Portugal ward, als es 1640 der Spanischen
Herschaft sich entzog, noch vor dem Frieden von 1668,
von Frankreich, England, Holland und Schweden für
unabhängig erkant, daher man auch dessen Gesandte
annahm.

Als die vereinigten Staaten von Nordameri-
ka
durch die Akte vom 4. Jul. 1776 ihrem Mutterlande
den Gehorsam aufkündigten und sich für unabhängig er-
klärten, suchten anfangs die mehresten Staaten von Eu-
ropa die Anerkennung deren angemaßten Souverainetät
auf irgend eine Art zu vermeiden. Nur Frankreich
schloß unterm 6. Februar 1778 zu Paris einen förmli-
chen Freundschafts- und Allianztractat c] mit ihnen, und
versprach, die Freiheit, Souverainetät und absolute un-
begränzte Unabhängigkeit der dreizehn Nordamerikani-
schen Staaten, sowohl in Regierungs-, als Handlungs-
sachen aufrecht zu erhalten, Art. 2. Wenn deshalb
Krieg zwischen Frankreich und England entstehen solte,
nicht eher Friede zu machen, bis sie von England dafür
anerkant worden, Art. 8. und diese Unabhängigkeit ge-
gen alle Beeinträchtigungen zu garantiren. Art. 11.

Hiervon gab Frankreich in einer Declaration vom
13. März 1778 dem Londner Hofe Nachricht, der die-
sen Tractat für eine der heftigsten Beleidigungen und
für eine offenbare Kriegserklärung ansah. Ich will
die Hauptgründe beider Theile aus den gewechselten
Staatsschriften kürzlich anführen, die für das Völker-
recht gewis nicht unwichtig sind.

England behauptete: La premiere decouverte, la
poßession non interrompue de deux cent ans et le con-
sentement de toutes les nations suffisent pour constater
les droits de la Grande-Bretagne aux terres de l' Ame-
rique septentrionale et sa souverainete sur le peuple,
qui y avoit forme des etablißemens avec la permission
et sous le gouvernement des predeceßeurs du Roi. Si

ce
Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,

Portugal ward, als es 1640 der Spaniſchen
Herſchaft ſich entzog, noch vor dem Frieden von 1668,
von Frankreich, England, Holland und Schweden fuͤr
unabhaͤngig erkant, daher man auch deſſen Geſandte
annahm.

Als die vereinigten Staaten von Nordameri-
ka
durch die Akte vom 4. Jul. 1776 ihrem Mutterlande
den Gehorſam aufkuͤndigten und ſich fuͤr unabhaͤngig er-
klaͤrten, ſuchten anfangs die mehreſten Staaten von Eu-
ropa die Anerkennung deren angemaßten Souverainetaͤt
auf irgend eine Art zu vermeiden. Nur Frankreich
ſchloß unterm 6. Februar 1778 zu Paris einen foͤrmli-
chen Freundſchafts- und Allianztractat c] mit ihnen, und
verſprach, die Freiheit, Souverainetaͤt und abſolute un-
begraͤnzte Unabhaͤngigkeit der dreizehn Nordamerikani-
ſchen Staaten, ſowohl in Regierungs-, als Handlungs-
ſachen aufrecht zu erhalten, Art. 2. Wenn deshalb
Krieg zwiſchen Frankreich und England entſtehen ſolte,
nicht eher Friede zu machen, bis ſie von England dafuͤr
anerkant worden, Art. 8. und dieſe Unabhaͤngigkeit ge-
gen alle Beeintraͤchtigungen zu garantiren. Art. 11.

Hiervon gab Frankreich in einer Declaration vom
13. Maͤrz 1778 dem Londner Hofe Nachricht, der die-
ſen Tractat fuͤr eine der heftigſten Beleidigungen und
fuͤr eine offenbare Kriegserklaͤrung anſah. Ich will
die Hauptgruͤnde beider Theile aus den gewechſelten
Staatsſchriften kuͤrzlich anfuͤhren, die fuͤr das Voͤlker-
recht gewis nicht unwichtig ſind.

England behauptete: La première decouverte, la
poßeſſion non interrompuë de deux cent ans et le con-
ſentement de toutes les nations ſuffiſent pour conſtater
les droits de la Grande-Bretagne aux terres de l’ Ame-
rique ſeptentrionale et ſa ſouveraineté ſur le peuple,
qui y avoit formé des etablißemens avec la permiſſion
et ſous le gouvernement des prédéceßeurs du Roi. Si

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[80/0106] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, Portugal ward, als es 1640 der Spaniſchen Herſchaft ſich entzog, noch vor dem Frieden von 1668, von Frankreich, England, Holland und Schweden fuͤr unabhaͤngig erkant, daher man auch deſſen Geſandte annahm. Als die vereinigten Staaten von Nordameri- ka durch die Akte vom 4. Jul. 1776 ihrem Mutterlande den Gehorſam aufkuͤndigten und ſich fuͤr unabhaͤngig er- klaͤrten, ſuchten anfangs die mehreſten Staaten von Eu- ropa die Anerkennung deren angemaßten Souverainetaͤt auf irgend eine Art zu vermeiden. Nur Frankreich ſchloß unterm 6. Februar 1778 zu Paris einen foͤrmli- chen Freundſchafts- und Allianztractat c] mit ihnen, und verſprach, die Freiheit, Souverainetaͤt und abſolute un- begraͤnzte Unabhaͤngigkeit der dreizehn Nordamerikani- ſchen Staaten, ſowohl in Regierungs-, als Handlungs- ſachen aufrecht zu erhalten, Art. 2. Wenn deshalb Krieg zwiſchen Frankreich und England entſtehen ſolte, nicht eher Friede zu machen, bis ſie von England dafuͤr anerkant worden, Art. 8. und dieſe Unabhaͤngigkeit ge- gen alle Beeintraͤchtigungen zu garantiren. Art. 11. Hiervon gab Frankreich in einer Declaration vom 13. Maͤrz 1778 dem Londner Hofe Nachricht, der die- ſen Tractat fuͤr eine der heftigſten Beleidigungen und fuͤr eine offenbare Kriegserklaͤrung anſah. Ich will die Hauptgruͤnde beider Theile aus den gewechſelten Staatsſchriften kuͤrzlich anfuͤhren, die fuͤr das Voͤlker- recht gewis nicht unwichtig ſind. England behauptete: La première decouverte, la poßeſſion non interrompuë de deux cent ans et le con- ſentement de toutes les nations ſuffiſent pour conſtater les droits de la Grande-Bretagne aux terres de l’ Ame- rique ſeptentrionale et ſa ſouveraineté ſur le peuple, qui y avoit formé des etablißemens avec la permiſſion et ſous le gouvernement des prédéceßeurs du Roi. Si ce

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/106>, abgerufen am 21.11.2024.