Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.und den europäischen insbesondere. ansehnliche Städte Galliens, kamen nach und nach andie Römer, Longobarden, Franken und endlich an das teutsche Reich. Im mitlern Zeitalter aber suchten sie sich loszureissen, und erkanten bald diesen bald ienen Herrn. Am meisten behaupteten die Päpste die Hoheit darüber. Paul III. belehnte 1545 seinen natürlichen Sohn, Peter Aloysius Farnese damit, und erhob, wiewohl mit gros- sen Widerspruch Kaiser Karls V. diese beiden Städte sogar zu Herzogthümern. Doch gab Karl in der Folge einigermaaßen nach, als Herzog Oetavius, des vorigen Sohn, sich mit des Kaisers natürlichen Tochter Marga- rethe, Grosherzog Alexanders zu Florenz Witwe ver- mählte. In der Quadrupelallianz Art 5. wurden diese beiden Herzogthümer für unstreitige Reichslehen erklärt, und die Erbfolge darinn, nach Absterben des damals regierenden Hauses, dem spanischen Infanten Don Car- los, wegen der Ansprüche seiner Mutter, als nächsten Anverwandtin, darauf bedungen. Zwar protestirte der Papst 1723 dagegen, und es entstanden, als 1731 die- ser Fall mit dem Tode Herzog Anton Farnese eintrat, weitläuftige Irrungen deshalb zwischen dem kaiserlichen und päpstlichen Hofe: doch siegte der erstere, und Don Carlos wurde mit Parma und Piacenza würklich belie- hen. Gleichwohl versuchte eben dieser Don Carlos nicht lange darnach diesen Landen auf alle mögliche Art eine Unabhängigkeit beizulegen. Als derselbe aber durch den Wiener Frieden zu den Besitz beider Sicilien gelangte, erhielt das Haus Oesterreich dagegen, mehrgedachte Her- zogthümer [des beym Grosherzogthum Toscana erwähn- ten Reichsgutachtens von 1722 und kaiserlichen Com- missions-Decrets von 1736, ungeachtet] avec le plein droit de propriete. [Wien. Friede 1738 Art. 7.] End- lich kamen sie im Aachner Frieden 1748 Art. 4. ohne weitere Erwähnung ihrer Eigenschaft, an den spanischen Infanten Don Philip, Bruder des Königs beider Si- cilien. H 3
und den europaͤiſchen insbeſondere. anſehnliche Staͤdte Galliens, kamen nach und nach andie Roͤmer, Longobarden, Franken und endlich an das teutſche Reich. Im mitlern Zeitalter aber ſuchten ſie ſich loszureiſſen, und erkanten bald dieſen bald ienen Herrn. Am meiſten behaupteten die Paͤpſte die Hoheit daruͤber. Paul III. belehnte 1545 ſeinen natuͤrlichen Sohn, Peter Aloyſius Farneſe damit, und erhob, wiewohl mit groſ- ſen Widerſpruch Kaiſer Karls V. dieſe beiden Staͤdte ſogar zu Herzogthuͤmern. Doch gab Karl in der Folge einigermaaßen nach, als Herzog Oetavius, des vorigen Sohn, ſich mit des Kaiſers natuͤrlichen Tochter Marga- rethe, Grosherzog Alexanders zu Florenz Witwe ver- maͤhlte. In der Quadrupelallianz Art 5. wurden dieſe beiden Herzogthuͤmer fuͤr unſtreitige Reichslehen erklaͤrt, und die Erbfolge darinn, nach Abſterben des damals regierenden Hauſes, dem ſpaniſchen Infanten Don Car- los, wegen der Anſpruͤche ſeiner Mutter, als naͤchſten Anverwandtin, darauf bedungen. Zwar proteſtirte der Papſt 1723 dagegen, und es entſtanden, als 1731 die- ſer Fall mit dem Tode Herzog Anton Farneſe eintrat, weitlaͤuftige Irrungen deshalb zwiſchen dem kaiſerlichen und paͤpſtlichen Hofe: doch ſiegte der erſtere, und Don Carlos wurde mit Parma und Piacenza wuͤrklich belie- hen. Gleichwohl verſuchte eben dieſer Don Carlos nicht lange darnach dieſen Landen auf alle moͤgliche Art eine Unabhaͤngigkeit beizulegen. Als derſelbe aber durch den Wiener Frieden zu den Beſitz beider Sicilien gelangte, erhielt das Haus Oeſterreich dagegen, mehrgedachte Her- zogthuͤmer [des beym Grosherzogthum Toſcana erwaͤhn- ten Reichsgutachtens von 1722 und kaiſerlichen Com- miſſions-Decrets von 1736, ungeachtet] avec le plein droit de proprieté. [Wien. Friede 1738 Art. 7.] End- lich kamen ſie im Aachner Frieden 1748 Art. 4. ohne weitere Erwaͤhnung ihrer Eigenſchaft, an den ſpaniſchen Infanten Don Philip, Bruder des Koͤnigs beider Si- cilien. H 3
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ſich loszureiſſen, und erkanten bald dieſen bald ienen Herrn.
Am meiſten behaupteten die Paͤpſte die Hoheit daruͤber.
Paul III. belehnte 1545 ſeinen natuͤrlichen Sohn, Peter
Aloyſius Farneſe damit, und erhob, wiewohl mit groſ-
ſen Widerſpruch Kaiſer Karls V. dieſe beiden Staͤdte
ſogar zu Herzogthuͤmern. Doch gab Karl in der Folge
einigermaaßen nach, als Herzog Oetavius, des vorigen
Sohn, ſich mit des Kaiſers natuͤrlichen Tochter Marga-
rethe, Grosherzog Alexanders zu Florenz Witwe ver-
maͤhlte. In der Quadrupelallianz Art 5. wurden dieſe
beiden Herzogthuͤmer fuͤr unſtreitige Reichslehen erklaͤrt,
und die Erbfolge darinn, nach Abſterben des damals
regierenden Hauſes, dem ſpaniſchen Infanten Don Car-
los, wegen der Anſpruͤche ſeiner Mutter, als naͤchſten
Anverwandtin, darauf bedungen. Zwar proteſtirte der
Papſt 1723 dagegen, und es entſtanden, als 1731 die-
ſer Fall mit dem Tode Herzog Anton Farneſe eintrat,
weitlaͤuftige Irrungen deshalb zwiſchen dem kaiſerlichen
und paͤpſtlichen Hofe: doch ſiegte der erſtere, und Don
Carlos wurde mit Parma und Piacenza wuͤrklich belie-
hen. Gleichwohl verſuchte eben dieſer Don Carlos nicht
lange darnach dieſen Landen auf alle moͤgliche Art eine
Unabhaͤngigkeit beizulegen. Als derſelbe aber durch den
Wiener Frieden zu den Beſitz beider Sicilien gelangte,
erhielt das Haus Oeſterreich dagegen, mehrgedachte Her-
zogthuͤmer [des beym Grosherzogthum Toſcana erwaͤhn-
ten Reichsgutachtens von 1722 und kaiſerlichen Com-
miſſions-Decrets von 1736, ungeachtet] avec le plein
droit de proprieté. [Wien. Friede 1738 Art. 7.] End-
lich kamen ſie im Aachner Frieden 1748 Art. 4. ohne
weitere Erwaͤhnung ihrer Eigenſchaft, an den ſpaniſchen
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