Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.der Nazionen. der nicht wohl anders, als ausdrücklich festgesetzt werdenkönne. Dies liesse sich allenfals von Geselschaften be- haupten, die einen besondern Zweck zur Absicht hätten, den man aus blossen Handlungen nicht errathen könnte. Wenn aber bey dem iedem einzelnen Menschen und gan- zen Völkern natürlichen Triebe nach Vervolkomnung, diese in mehrern vorfallenden Bedürfnissen Hülfe bey einander suchen und solche wechselseitig einander leisten, solte man da wohl noch zweifeln, daß sie, auch ohne ausdrückliche Erklärung, zu Beförderung des gemein- schaftlichen Wohls sich vereinigt haben? Und wenn nun ein ander Volk an den Vortheilen dieser geselschaftlichen Verbindung Theil nimt und gleiche Wilfährigkeit bezeigt, so ist dessen Beitritt daraus billig zu folgern. Schwerlich aber kan man mit Grunde voraussetzen, Wer einmal in die Geselschaft getreten ist, muß sich lich K 5
der Nazionen. der nicht wohl anders, als ausdruͤcklich feſtgeſetzt werdenkoͤnne. Dies lieſſe ſich allenfals von Geſelſchaften be- haupten, die einen beſondern Zweck zur Abſicht haͤtten, den man aus bloſſen Handlungen nicht errathen koͤnnte. Wenn aber bey dem iedem einzelnen Menſchen und gan- zen Voͤlkern natuͤrlichen Triebe nach Vervolkomnung, dieſe in mehrern vorfallenden Beduͤrfniſſen Huͤlfe bey einander ſuchen und ſolche wechſelſeitig einander leiſten, ſolte man da wohl noch zweifeln, daß ſie, auch ohne ausdruͤckliche Erklaͤrung, zu Befoͤrderung des gemein- ſchaftlichen Wohls ſich vereinigt haben? Und wenn nun ein ander Volk an den Vortheilen dieſer geſelſchaftlichen Verbindung Theil nimt und gleiche Wilfaͤhrigkeit bezeigt, ſo iſt deſſen Beitritt daraus billig zu folgern. Schwerlich aber kan man mit Grunde vorausſetzen, Wer einmal in die Geſelſchaft getreten iſt, muß ſich lich K 5
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der Nazionen.
der nicht wohl anders, als ausdruͤcklich feſtgeſetzt werden
koͤnne. Dies lieſſe ſich allenfals von Geſelſchaften be-
haupten, die einen beſondern Zweck zur Abſicht haͤtten,
den man aus bloſſen Handlungen nicht errathen koͤnnte.
Wenn aber bey dem iedem einzelnen Menſchen und gan-
zen Voͤlkern natuͤrlichen Triebe nach Vervolkomnung,
dieſe in mehrern vorfallenden Beduͤrfniſſen Huͤlfe bey
einander ſuchen und ſolche wechſelſeitig einander leiſten,
ſolte man da wohl noch zweifeln, daß ſie, auch ohne
ausdruͤckliche Erklaͤrung, zu Befoͤrderung des gemein-
ſchaftlichen Wohls ſich vereinigt haben? Und wenn nun
ein ander Volk an den Vortheilen dieſer geſelſchaftlichen
Verbindung Theil nimt und gleiche Wilfaͤhrigkeit bezeigt,
ſo iſt deſſen Beitritt daraus billig zu folgern.
Schwerlich aber kan man mit Grunde vorausſetzen,
daß ein Volk, welches zuerſt, in freundſchaftlichen oder
feindlichen Verhaͤltniſſen, mit andern etwas zu ſchaffen
bekomt, geſelſchaftlich leben wolle, weil ſein eigner Nu-
tzen es erfordert. Gleichwohl gruͤnden verſchiedene Voͤl-
kerrechtslehrer das geſelſchaftliche Benehmen der Voͤlker
auf eine ſogenante praͤſumtive Einwilligung a]. Achen-
wall hingegen erinnert gar wohl: quoniam ſocietas quae
pacto duntaxat praeſumto nititur, jus et obligationem
ſocialem producere nequit, ideoque non eſt ſocietas in-
trinſece et per ſe ſpectata b]. —
Wer einmal in die Geſelſchaft getreten iſt, muß ſich
uͤbrigens ihren Geſetzen unterwerfen, und kan ſich, ohne
Einwilligung ſaͤmtlicher Glieder, davon nicht trennen.
Zu Vernichtung der ſtilſchweigenden Geſelſchaftserrich-
tung behaupten daher die Gegner, daß diejenigen, wel-
che nur ſtilſchweigend auf einerley Zweck arbeiteten, wil-
kuͤhrlich ſich trennen koͤnnten, weil ſie durch nichts zur
Geſelſchaft ſich verbindlich gemacht. Allein zween oder
mehrere, die zufaͤlligerweiſe zuſammenkommen, und blos
ieder fuͤr ſich auf einerley Zweck arbeiten, machen frei-
lich
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