Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.der Nazionen. der französische Gesandte zu Rom, Herzog von Creqvi1662 erduldet hatte. Der Papst muste, nach langem Weigern, endlich 1664 zur Abbitte durch eine solenne Gesandschaft, den Kardinal Chigi sich verstehn, und in Rom öffentlich eine Piramide aufrichten lassen, worauf die Genugthuungsartickel befindlich waren. Zu gleicher Zeit 1663 gab die Sorbonne ihre Erklärung über die Gewalt der Päpste dahin: I] Facultatis doctrinam non eße, quod summus Pontifex aliquam in temporalia regis Christianissimi autoritatem habeat. II] Doctrinam facul- tatis eße, quod rex Christianissimus, nullum omnino agnoscat, nec habeat, in temporalibus superiorem, praeter Deum etc. Diese ward zur künftigen Richtschnur allen Kollegien und Kirchspielen zugefertigt, und durch ein königliches Edikt 1682 noch mehr bestättigt. Noch in die- sem Jahrhundert ließ Klemens XI. es sich einfallen, der von Friedrich I. angenommenen königlichen Würde von Preussen zu widersprechen, weil es ohne seine Bewilligung geschehen. Er sandte deshalb Brevia an alle catholische Könige und ermahnte sie, den neuen König dafür nicht zu erkennen. Aber Erstere achteten wenig darauf und Letz- terer gar nicht. Der Kanzler Ludewig zeigte die Unüber- legtheit des päpstlichen Benehmens in einer Schrift: Nae- niae pontificales etc. oder teutsch: Päpstlicher Unfug Cle- mentis XI. etc. Halle 1701. Eben dieser Papst wolte sogar den Kaiser Joseph I. wegen Behauptung dessen Gerechtsa- me über Parma und Placenz in den Ban thun; aber die kaiserliche Macht bewog ihn bald zum Nachgeben. In dem Edikt vom 26. Jun. 1708 wider die erschienenen päpstlichen Bullen bezeigt der Kaiser seine Verwunder- ung: Daß die Ministri des Römischen Hofes sich so weit vergangen, daß sie sich unterstanden, zum Erstaunen der ganzen Welt und algemeinen Aergernis der sämtlichen Christenheit, wider die weltlichen Geschäfte die geistlichen Waffen zu gebrauchen, und nachstehende Schrift in die der Nazionen. der franzoͤſiſche Geſandte zu Rom, Herzog von Creqvi1662 erduldet hatte. Der Papſt muſte, nach langem Weigern, endlich 1664 zur Abbitte durch eine ſolenne Geſandſchaft, den Kardinal Chigi ſich verſtehn, und in Rom oͤffentlich eine Piramide aufrichten laſſen, worauf die Genugthuungsartickel befindlich waren. Zu gleicher Zeit 1663 gab die Sorbonne ihre Erklaͤrung uͤber die Gewalt der Paͤpſte dahin: I] Facultatis doctrinam non eße, quod ſummus Pontifex aliquam in temporalia regis Chriſtianiſſimi autoritatem habeat. II] Doctrinam facul- tatis eße, quod rex Chriſtianiſſimus, nullum omnino agnoſcat, nec habeat, in temporalibus ſuperiorem, praeter Deum etc. Dieſe ward zur kuͤnftigen Richtſchnur allen Kollegien und Kirchſpielen zugefertigt, und durch ein koͤnigliches Edikt 1682 noch mehr beſtaͤttigt. Noch in die- ſem Jahrhundert ließ Klemens XI. es ſich einfallen, der von Friedrich I. angenommenen koͤniglichen Wuͤrde von Preuſſen zu widerſprechen, weil es ohne ſeine Bewilligung geſchehen. Er ſandte deshalb Brevia an alle catholiſche Koͤnige und ermahnte ſie, den neuen Koͤnig dafuͤr nicht zu erkennen. Aber Erſtere achteten wenig darauf und Letz- terer gar nicht. Der Kanzler Ludewig zeigte die Unuͤber- legtheit des paͤpſtlichen Benehmens in einer Schrift: Nae- niae pontificales etc. oder teutſch: Paͤpſtlicher Unfug Cle- mentis XI. ꝛc. Halle 1701. Eben dieſer Papſt wolte ſogar den Kaiſer Joſeph I. wegen Behauptung deſſen Gerechtſa- me uͤber Parma und Placenz in den Ban thun; aber die kaiſerliche Macht bewog ihn bald zum Nachgeben. In dem Edikt vom 26. Jun. 1708 wider die erſchienenen paͤpſtlichen Bullen bezeigt der Kaiſer ſeine Verwunder- ung: Daß die Miniſtri des Roͤmiſchen Hofes ſich ſo weit vergangen, daß ſie ſich unterſtanden, zum Erſtaunen der ganzen Welt und algemeinen Aergernis der ſaͤmtlichen Chriſtenheit, wider die weltlichen Geſchaͤfte die geiſtlichen Waffen zu gebrauchen, und nachſtehende Schrift in die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note place="end" n="r]"><pb facs="#f0199" n="173"/><fw place="top" type="header">der Nazionen.</fw><lb/> der franzoͤſiſche Geſandte zu Rom, Herzog von Creqvi<lb/> 1662 erduldet hatte. 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Rom oͤffentlich eine Piramide aufrichten laſſen, worauf
die Genugthuungsartickel befindlich waren. Zu gleicher
Zeit 1663 gab die Sorbonne ihre Erklaͤrung uͤber die Gewalt
der Paͤpſte dahin: I] Facultatis doctrinam non eße,
quod ſummus Pontifex aliquam in temporalia regis
Chriſtianiſſimi autoritatem habeat. II] Doctrinam facul-
tatis eße, quod rex Chriſtianiſſimus, nullum omnino
agnoſcat, nec habeat, in temporalibus ſuperiorem,
praeter Deum etc. Dieſe ward zur kuͤnftigen Richtſchnur
allen Kollegien und Kirchſpielen zugefertigt, und durch ein
koͤnigliches Edikt 1682 noch mehr beſtaͤttigt. Noch in die-
ſem Jahrhundert ließ Klemens XI. es ſich einfallen, der
von Friedrich I. angenommenen koͤniglichen Wuͤrde von
Preuſſen zu widerſprechen, weil es ohne ſeine Bewilligung
geſchehen. Er ſandte deshalb Brevia an alle catholiſche
Koͤnige und ermahnte ſie, den neuen Koͤnig dafuͤr nicht
zu erkennen. Aber Erſtere achteten wenig darauf und Letz-
terer gar nicht. Der Kanzler Ludewig zeigte die Unuͤber-
legtheit des paͤpſtlichen Benehmens in einer Schrift: Nae-
niae pontificales etc. oder teutſch: Paͤpſtlicher Unfug Cle-
mentis XI. ꝛc. Halle 1701. Eben dieſer Papſt wolte ſogar
den Kaiſer Joſeph I. wegen Behauptung deſſen Gerechtſa-
me uͤber Parma und Placenz in den Ban thun; aber die
kaiſerliche Macht bewog ihn bald zum Nachgeben. In
dem Edikt vom 26. Jun. 1708 wider die erſchienenen
paͤpſtlichen Bullen bezeigt der Kaiſer ſeine Verwunder-
ung: Daß die Miniſtri des Roͤmiſchen Hofes ſich ſo weit
vergangen, daß ſie ſich unterſtanden, zum Erſtaunen der
ganzen Welt und algemeinen Aergernis der ſaͤmtlichen
Chriſtenheit, wider die weltlichen Geſchaͤfte die geiſtlichen
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