Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.der Nazionen. i] Ein sehr richtiges Urteil findet sich hierüber in einem Gut- achten, welches über die kaiserliche Advocatie bey Gele- genheit der Bulle: Vnigenitus 1722. abgefaßt worden in Lunigii Script. select. illustr. p. 117. "Nachdemmalen auch die Römisch-Catholische Religion, heißt es daselbst, welche zu Zeiten Caroli M. sich fast innerhalb der Grenzen der fränkischen Monarchie endigte, sich ausserhalb dieses Reichs ausbreitete, und die Päpste, durch welche diese Religion eben fortgepflanzt wurde, ihr Ansehen und geist- liche Oberherschaft auch in andere Reiche erstreckten, ist die kaiserliche Auctorität immer mit nebenher gewandert, und eo ipso in andere Reiche introducirt worden, massen den Kaisern, als Schutzherrn, Vöigten und Patriciis allerdings Sorge zu tragen oblag, daß die römische Kirche nicht nur innerhalb des Kaiserthums, in Ruhe verbleibe, sondern auch in auswärtigen Landen, oder durch auswär- tige Streitigkeiten keinen Schaden leide. Wie dann auch die Päpste die Kaiser gar fleissig um Beistand und Vermit- telung angesprochen und ihnen ihr kaiserlich Amt der Ober- Voigtey oder advocatiae ecclesiae Romanae vorzuhalten gewust, wenn ihr Ansehen in den auswärtigen Reichen zu Grunde gehen und allerhand Mishelligkeit unter den Kir- chen entstehen wollen. k] Vom Kaiser Ludewig dem Baier erzählt man gleichwohl, daß er, nach dem Beispiel der Päpste, vom Könige Edu- ard III. in England, bey ihrer Zusammenkunft zu Köln 1338, verlangt habe, er solle ihm die Füsse küssen; wel- cher sich aber hauptsächlich damit entschuldigt, daß er ein gesalbtes Haupt sey, und sich nicht wie ein anderer unge- salbter König erniedrigen könte. l] Otto Morena apud Murator. T. IV. p. 1018. erzählt diese Geschichte also: Quum dominus imperator semel equita- ret, super quodam suo palafreno in medio DD. Bulgari et Martini, exquisivit ab eis: vtrum de jure eßet do- minus mundi? et dictus dominus Bulgarus respondit, M 3
der Nazionen. i] Ein ſehr richtiges Urteil findet ſich hieruͤber in einem Gut- achten, welches uͤber die kaiſerliche Advocatie bey Gele- genheit der Bulle: Vnigenitus 1722. abgefaßt worden in Lunigii Script. ſelect. illuſtr. p. 117. “Nachdemmalen auch die Roͤmiſch-Catholiſche Religion, heißt es daſelbſt, welche zu Zeiten Caroli M. ſich faſt innerhalb der Grenzen der fraͤnkiſchen Monarchie endigte, ſich auſſerhalb dieſes Reichs ausbreitete, und die Paͤpſte, durch welche dieſe Religion eben fortgepflanzt wurde, ihr Anſehen und geiſt- liche Oberherſchaft auch in andere Reiche erſtreckten, iſt die kaiſerliche Auctoritaͤt immer mit nebenher gewandert, und eo ipſo in andere Reiche introducirt worden, maſſen den Kaiſern, als Schutzherrn, Voͤigten und Patriciis allerdings Sorge zu tragen oblag, daß die roͤmiſche Kirche nicht nur innerhalb des Kaiſerthums, in Ruhe verbleibe, ſondern auch in auswaͤrtigen Landen, oder durch auswaͤr- tige Streitigkeiten keinen Schaden leide. Wie dann auch die Paͤpſte die Kaiſer gar fleiſſig um Beiſtand und Vermit- telung angeſprochen und ihnen ihr kaiſerlich Amt der Ober- Voigtey oder advocatiae eccleſiae Romanae vorzuhalten gewuſt, wenn ihr Anſehen in den auswaͤrtigen Reichen zu Grunde gehen und allerhand Mishelligkeit unter den Kir- chen entſtehen wollen. k] Vom Kaiſer Ludewig dem Baier erzaͤhlt man gleichwohl, daß er, nach dem Beiſpiel der Paͤpſte, vom Koͤnige Edu- ard III. in England, bey ihrer Zuſammenkunft zu Koͤln 1338, verlangt habe, er ſolle ihm die Fuͤſſe kuͤſſen; wel- cher ſich aber hauptſaͤchlich damit entſchuldigt, daß er ein geſalbtes Haupt ſey, und ſich nicht wie ein anderer unge- ſalbter Koͤnig erniedrigen koͤnte. l] Otto Morena apud Murator. T. IV. p. 1018. erzaͤhlt dieſe Geſchichte alſo: Quum dominus imperator ſemel equita- ret, ſuper quodam ſuo palafreno in medio DD. Bulgari et Martini, exquiſivit ab eis: vtrum de jure eßet do- minus mundi? et dictus dominus Bulgarus reſpondit, M 3
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genheit der Bulle: Vnigenitus 1722. abgefaßt worden in
Lunigii Script. ſelect. illuſtr. p. 117. “Nachdemmalen
auch die Roͤmiſch-Catholiſche Religion, heißt es daſelbſt,
welche zu Zeiten Caroli M. ſich faſt innerhalb der Grenzen
der fraͤnkiſchen Monarchie endigte, ſich auſſerhalb dieſes
Reichs ausbreitete, und die Paͤpſte, durch welche dieſe
Religion eben fortgepflanzt wurde, ihr Anſehen und geiſt-
liche Oberherſchaft auch in andere Reiche erſtreckten, iſt
die kaiſerliche Auctoritaͤt immer mit nebenher gewandert,
und eo ipſo in andere Reiche introducirt worden, maſſen
den Kaiſern, als Schutzherrn, Voͤigten und Patriciis
allerdings Sorge zu tragen oblag, daß die roͤmiſche Kirche
nicht nur innerhalb des Kaiſerthums, in Ruhe verbleibe,
ſondern auch in auswaͤrtigen Landen, oder durch auswaͤr-
tige Streitigkeiten keinen Schaden leide. Wie dann auch
die Paͤpſte die Kaiſer gar fleiſſig um Beiſtand und Vermit-
telung angeſprochen und ihnen ihr kaiſerlich Amt der Ober-
Voigtey oder advocatiae eccleſiae Romanae vorzuhalten
gewuſt, wenn ihr Anſehen in den auswaͤrtigen Reichen zu
Grunde gehen und allerhand Mishelligkeit unter den Kir-
chen entſtehen wollen.
k] Vom Kaiſer Ludewig dem Baier erzaͤhlt man gleichwohl,
daß er, nach dem Beiſpiel der Paͤpſte, vom Koͤnige Edu-
ard III. in England, bey ihrer Zuſammenkunft zu Koͤln
1338, verlangt habe, er ſolle ihm die Fuͤſſe kuͤſſen; wel-
cher ſich aber hauptſaͤchlich damit entſchuldigt, daß er ein
geſalbtes Haupt ſey, und ſich nicht wie ein anderer unge-
ſalbter Koͤnig erniedrigen koͤnte.
l] Otto Morena apud Murator. T. IV. p. 1018. erzaͤhlt dieſe
Geſchichte alſo: Quum dominus imperator ſemel equita-
ret, ſuper quodam ſuo palafreno in medio DD. Bulgari
et Martini, exquiſivit ab eis: vtrum de jure eßet do-
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